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Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)

Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)

Titel: Deiner Seele Grab: Kommissar Dühnforts sechster Fall (Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi) (German Edition)
Autoren: Inge Löhnig
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aus. Außerdem kümmert er sich doch sonst nicht um ihn. Vermutlich will er nur die Kontrolle über das Geld.«
    Natürlich musste Franzi wieder auf Achim herumhacken. Die alte Rivalität. Wobei seit jeher sie, als das Nesthäkchen, die Siegerin gewesen war. Und natürlich hatte Clara sofort wieder das Bedürfnis, Achim zu verteidigen. »Du irrst dich. Er besucht Paps, wenn er in München Termine hat. Neulich war er mit ihm am Starnberger See essen. Das tut ihm gut. Danach ist er präsenter und vergnügt. Und ich hab auch mal ein paar Stunden für mich.«
    Erstaunt zog Franzi die Brauen hoch. »Es geschehen noch Zeichen und Wunder.«
    Clara sorgte sich eher, wie schnell die Krankheit voranschritt. Im Frühling hatten sich die Auffälligkeiten plötzlich zu häufen begonnen. Paps erinnerte sich nicht mehr an ein fünf Minuten zuvor geführtes Gespräch und erzählte von merkwürdigen Anrufen. Als Clara die Anruferliste des Telefons durchsah, war darin jedoch seit Tagen kein neuer Eintrag verzeichnet. Und eines Morgens hatte er von einem nächtlichen Besucher berichtet. Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung sei zur Volkszählung gekommen. Gegen die Volkszählung hatte Paps damals in den Achtzigern demonstriert. Als er nun schilderte, wie er dem Beamten nachts willig Auskunft gegeben hatte, waren bei Clara die Alarmanlagen losgegangen. Ihr Vater schien keinen Zweifel an der Existenz des Besuchers zu haben und es obendrein völlig normal zu finden, dass Umfragen nachts durchgeführt wurden.
    Sie hatte Franzi und Achim informiert und gefragt, was sie tun sollte. Achim war skeptisch gewesen, als Clara eine neurologische Untersuchung vorschlug, da sie eine Demenz befürchtete. »Er ist über achtzig und wird senil. Das ist doch fast normal. Und falls er wirklich Alzheimer bekommt, kann man das sowieso nicht stoppen. Wozu also der Stress?«, hatte er gemeint. Doch seither kam er regelmäßig vorbei und sah nach dem Rechten. Auch er machte sich Sorgen um ihren Vater, selbst wenn Franzi das nicht wahrhaben wollte.
    Franzi leerte das Glas Latte macchiato und sah auf die Uhr. »Wie gesagt, wenn du Unterstützung brauchst, ruf an. Jetzt muss ich aber langsam los.«

6
    Als Clara zwanzig Minuten später den Durchgang zum Hinterhaus in der Sedanstraße passierte, war es dunkel geworden. Nur eine Lampe spendete spärlich Licht. Vom Ahorn in der Hofmitte riss der Wind die ersten rot gefärbten Blätter und fegte sie in einer Ecke zusammen. Für ein paar Minuten setzte sie sich auf die Bank und genoss den Wind, der mit den Haaren spielte. Schon als Kind hatte sie das gemocht.
    Die Drachen fielen ihr ein, die Paps mit ihnen gebastelt hatte. Sonntags waren sie damit aufs Land gefahren. Eine Thermoskanne mit Kakao und Mutters Marmorkuchen im Gepäck. Auf den Stoppelfeldern hatten sie die Drachen steigen lassen. Der Wind zauste die Haare. Paps erzählte Geschichten. Wie lange war das her?
    Über vierzig Jahre. Wo war die Zeit geblieben? Zu schnell vergangen. Zu viel versäumt. Wer würde sich einmal um sie kümmern?
    Einst war sie das Kind gewesen, um das er sich gesorgt, das er erzogen und das er beschützt hatte. Und nun, da seine Fähigkeiten, sich im Leben zurechtzufinden, erodierten wie abgeerntete Felder im Wind, verkehrten sich diese Rollen ins Gegenteil. Sie musste jetzt die Verantwortung für ihn übernehmen. Würde sie alles richtig machen, in seinem Sinn handeln? Würde es ihr gelingen, die Jahre, die ihm noch blieben, für ihn lebenswert zu machen, trotz dieser schrecklichen Erkrankung?
    Sie würde es versuchen. Das war sie ihm nicht nur schuldig, sie tat es gerne. Das Bild von Waagschalen im Gleichgewicht stand ihr plötzlich vor Augen. Lächelnd stand sie auf. Harmoniesüchtig, wie sie nun einmal war, war es sicher passend.
    Die Sprossenfenster der ehemaligen Schusterwerkstatt, die nun ihre Wohnung und ihren Arbeitsplatz beherbergte, schimmerten weiß im Zwielicht. Clara zog den Schlüssel aus der Manteltasche und schob ihn ins Schloss. Dabei sprang die Tür auf. Wieso war sie nur angelehnt? Sie hatte doch abgesperrt. Oder etwa nicht? Ihr Herz begann schneller zu schlagen, die feinen Härchen im Nacken richteten sich auf. Ihre Hand tastete nach dem Schalter.
    Der Orleansplatz mit seinen Junkies, Pennern und Säufern war nicht weit entfernt. Sie machte sich darauf gefasst, gleich in ein Chaos zu blicken. Durchwühlte Schrankfächer, herausgerissene Schubladen, umgestürzte Stühle. Flammend ging die Deckenlampe an.
    Ihr kleines
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