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Deine Spuren im Sand

Deine Spuren im Sand

Titel: Deine Spuren im Sand
Autoren: Gisa Pauly
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»Aber das kennt man ja, dass Kinder den Kopf hinhalten müssen, wenn die Eltern sich zoffen.«
    »Das kenne ich auch«, lenkte ich ab und dachte an die Fragen, die ich immer wieder gestellt und niemals beantwortet bekommen hatte. »Dafür müssen sich die Eltern nicht mal scheiden lassen.«
    Julia bestand darauf, dass sie mein Leben aus erster Hand erzählt bekam. Wenn Maik auch versuchte, die Sache abzukürzen oder zu verallgemeinern, als sein Part an die Reihe kam, Julia wollte alles ganz genau wissen. Und am Ende stellte sie fest: »Das hört sich ganz anders an, als es in den Zeitungen steht.«
    Es stellte sich heraus, dass Julia die einschlägige Presse in den letzten Jahren genau studiert hatte. Sie wusste viel von mir, sogar mehr, als mir lieb war.
    »Wie konntest du auf diesen Manager reinfallen, der dich ausgenommen hat wie eine Weihnachtsgans?«
    Diese Frage hatte ich mir auch schon oft gestellt, leider erst, als es zu spät war.
    »Und dass dieser reiche Pinkel dich nur haben wollte, um mit dir anzugeben, habe ich auf den ersten Blick gesehen.«
    Ich wollte, ich hätte damals ein vernünftiges Mädchen wie Julia Wanner an meiner Seite gehabt! Einige Fehler wären mir dann vielleicht erspart geblieben.
    »Und was war mit diesem Fotografen?«, fragte Julia.
    »Schluss, Julchen!«, sagte Maik streng. »Du kannst Emily doch nicht so ausfragen. Du bist ja schlimmer als diese Schreiberlinge!«
    Aber ich winkte ab. »Lass nur! Mir scheint, von deiner Tochter kann ich eine Menge lernen.«
    Julia und ich grinsten uns an, als könnten wir Freundinnen werden. Daran glaubte ich zwar nicht, da nicht nur der Altersunterschied, sondern auch meine Liebe zu ihrem Vater zwischen uns stand, aber zur Komplizin hätte ich Julia sehr gern gehabt. Deswegen erzählte ich ihr ausführlicher, als es Maik lieb war, was ich mit Berno erlebt hatte.
    »Ich dachte wirklich, er ist der Mann fürs Leben. Und Menschen, die für eine Zeitung arbeiten, misstraue ich grundsätzlich, das kannst du mir glauben! Aber Berno … ich war mir sicher, dass ich mich nicht in ihm täuschte.«
    »Aber du hast dich getäuscht?«
    »Gründlich! Das habe ich aber erst geschnallt, als ich unsere ganz privaten Fotos in der Close up gesehen habe. Es war schrecklich!«
    »Hat er wenigstens zugegeben, dass er dich nur haben wollte, um dich auszunutzen?«
    »Nein, er hat alles abgestritten.« Ich zerbröselte nachdenklich mein Brötchen, während Maik sich entschloss, im Vorratsschrank nach einer Packung Cornflakes zu suchen, die keiner wollte. »Er hatte die Fotos auf seinem PC in der Redaktion gespeichert. Und zu seiner Festplatte hat nur Zutritt, wer das Passwort kennt. Also nur Berno! Er wollte mir trotzdem weismachen, jemand hätte ihm die Fotos gestohlen.«
    Julia schwieg plötzlich sehr ausdrucksvoll. Ich konnte sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. Schließlich meinte sie: »Roby sagt immer, die Leute haben erschreckend wenig Phantasie, wenn es um Passwörter geht.«
    »Wer ist Roby?«
    »Mein Freund. Er arbeitet in der Computer-Branche. Und er sagt, die meisten Leute hätten Angst, ihr Passwort zu vergessen. Deswegen nehmen sie eins aus dem ganz persönlichen Bereich. Er sagt sogar, die meisten Passwörter finden sich auf dem Schreibtisch.«
    Ich starrte sie an. »Du meinst, ein Foto des Kindes steht auf dem Schreibtisch und …«
    »… und der Name des Kindes ist das Passwort.« Julia nickte. »So ähnlich.«
    Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass die Kälte der Schuld in mein Herz zog. »Nachdem wir uns kennengelernt hatten, hat Berno sein Passwort geändert. ›Miss you!‹«
    »Dein größter Erfolg!«
    Ich konnte kaum nicken, so schwer war mein Kopf plötzlich. »Das Cover hing an seiner Pinnwand.«
    Als Maik an den Tisch zurückkam, blickte er erschrocken in unser Schweigen. »Ist was?«
    Wir schüttelten beide die Köpfe. Julia war es, der es gelang, unser Schweigen vergessen zu lassen. »Warum ist dir gestern Abend eigentlich Dr. Traum gefolgt, als du nach Westerland zurückgefahren bist?«
    Ich fragte mich, ob ich urplötzlich an Demenz erkrankt und mein Kurzzeitgedächtnis bereits ruiniert war. »Alex Traum hat einen Doktortitel?«, fragte ich, obwohl ich ahnte, dass es um etwas anderes ging.
    Julia schüttelte den Kopf. »Ich meine seinen Vater.«
    Anscheinend hatte meine Gedächtnisschwäche bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht. »Ich kenne seinen Vater nicht«, wagte ich zu sagen, obwohl ich fürchtete, im nächsten
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