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Deine Spuren im Sand

Deine Spuren im Sand

Titel: Deine Spuren im Sand
Autoren: Gisa Pauly
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Schreiben eines Anwalts einstellen, der ihm mit Klage drohen würde.
    Er nickte zu allem, was Julia sagte, weil er in meiner Gegenwart wohl keine Diskussion über die Ansprüche ihrer Mutter führen wollte. Ich betrachtete sein Gesicht, die feinen Linien darin, die es früher nicht gegeben hatte, die borstigen Haare, die damals nicht aus seinen Ohrmuscheln geguckt hatten, seine Wangen, die runder, und seine Augen, die größer gewesen waren.
    Eine Welle der Zärtlichkeit schwappte über mich hinweg. Ich hätte prusten, mich schütteln, jeden einzelnen Tropfen wegwischen können, aber ich ließ sie einfach an mir abperlen. Es war schön, meine Gefühle für Maik auf der Haut zu spüren und sie an meinem Körper herunterrinnen zu lassen.
    Seiner Idee hatte ich sofort zugestimmt. Dieser Dr. Traum schien ein merkwürdiges Interesse an mir zu haben, und es sah so aus, als hätte es nichts mit meiner Popularität zu tun. Ich musste wissen, warum er mich beobachtete und sogar verfolgte.
    »Er praktiziert zwar nicht mehr«, hatte Maik gesagt, »aber er wird trotzdem noch oft um Rat gebeten.«
    Und dann hatte er in den Telefonhörer gelogen, dass es einer Bekannten, die bei ihm zu Besuch sei, nicht gut ginge und Dr. Traum kommen möge, um ihr zu helfen.
    Dr. Traum besaß eine kräftige Stimme. Ich hatte hören können, wie er sagte: »Ich komme sofort!«
    Und nun saßen wir hier und warteten auf ihn. Es würde nicht lange dauern. Von seinem Haus zur Wattrose waren es nur wenige hundert Meter.
    Als es an der Tür klingelte, bekam ich feuchte Hände, und als Maik Dr. Traum hereinführte, ahnte ich, dass ich aus einem Grunde von diesem Mann beobachtet und verfolgt worden war, der mir nicht gefallen würde. Er sah mich derart erschrocken an, dass ich auf das Schlimmste gefasst war.
    »Sie? Hier?«
    Das war kein Fan, der es nicht fassen konnte, plötzlich seinem Star gegenüberzustehen. Nein, hinter Dr. Traums Bestürzung steckte etwas anderes. Aber was?
    Maik erklärte mit wenigen Worten, dass er Dr. Traum unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ins Haus gelockt hatte, und entschuldigte sich dafür. »Aber wir hatten Sorge, dass Sie sonst nicht kommen würden.«
    Ich hatte erwartet, in Dr. Traums Gesicht Verärgerung zu sehen, Unwille, Ungeduld oder zumindest Staunen. Aber nichts von dem fand ich in seiner undurchdringlichen Miene. Er hatte sich schnell wieder gefangen und sah mich mit einem Ernst an, der mir imponierte und mich gleichzeitig verunsicherte. Die schwache Hoffnung, dass es eine einleuchtende Erklärung für sein Verhalten geben konnte, die nichts mit mir zu tun hatte, fiel in sich zusammen. Ich rechnete damit, in den nächsten Augenblicken zu erfahren, dass Dr. Traum für meine Situation verantwortlich war. Anscheinend hatte er etwas damit zu tun, dass mir die Presse, die Anwälte Konrad Kipps und die des Prinzen von und zu Salenburg auf den Fersen waren. Vermutlich gehörte er sogar zu einer der drei Gruppen.
    »Warum beobachten und verfolgen Sie mich?«, fragte ich, ohne mich mit höflicher Vorrede aufzuhalten.
    Ich hatte mit Abwehr gerechnet, mit der Gegenfrage, wie ich auf eine derart absurde Unterstellung käme, mit Ausflüchten und Halbwahrheiten. Aber Dr. Traum sah mich nur lange nachdenklich an, dann antwortete er: »Ich verfolge und beobachte Ihr Leben und Ihre Karriere schon lange. Ich glaube, ich weiß alles über Sie.«
    Also doch ein Fan, der die Grenze zwischen Neugier und Belästigung überschritten hatte?
    »Als ich Sie am Grab Ihrer Eltern sah, habe ich Sie sofort erkannt. Trotz der Perücke.« Ein winziges Lächeln huschte über sein Gesicht, das damit sofort seinen tiefen Ernst verlor. Aber Sekunden später sah er wieder so aus, als wäre jedes Lächeln unangebracht. »Ich wollte wissen, wo Sie wohnen, wollte mich möglichst oft in Ihrer Nähe aufhalten, solange Sie auf Sylt sind.«
    »Warum?«, fuhr ich auf.
    Wie ich sie hasste, diese Menschen, die mich nicht in Ruhe ließen! Die mir keine Privatsphäre zubilligten! Die mich für etwas hielten, das jedem gehörte! Wie leid ich das war! Ich wollte endlich ein ganz normales Leben führen.
    »Warum?«, wiederholte ich, und meine Stimme war noch schärfer geworden.
    Dr. Traum nahm den Blick aus meinem Gesicht und sah auf seine Hände. »Das ist eine lange Geschichte …«

Epilog
    E in paar Wochen später fegte ein Sturm über Sylt hinweg. Er pustete die Insel leer, die Touristen aufs Festland, die Sylter in ihre Häuser, wo sie alles verriegelten und
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