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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
Autoren: Tim Curran
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es spürte, wenn mit seinem Körper etwas nicht stimmte. Wie ein sechster Sinn, den man entwickelte, wenn man die See und sein Schiff kannte und wusste, wie es sich anfühlte und auf Wind und Dünung reagierte.
    Nein, mit dem Schiff war alles in Ordnung.
    Auch mit der Besatzung.
    Was dann?
    Rauchend stand er da und streckte seine Fühler in alle Richtungen aus.
    Es ergab keinen Sinn. Und doch fuhr er lange genug zur See, um zu wissen, dass er seinen Instinkten vertrauen konnte. Es schien etwas jenseits aller Erfahrung zu sein, jenseits allen Verständnisses, etwas Ungreifbares und Unbekanntes – eine fast körperliche Bedrohung.
    Er spürte Probleme.
    Er spürte Gefahr ... aber wo? Wie?
    Goslings Haut war klamm geworden, und seine Hände zitterten. Etwas fühlte sich ungut an, aber er fand keine Erklärung dafür. Er zwängte sich zwischen der Ladung hindurch, die auf dem Spardeck festgezurrt war, und trat an die Reling. Die See lag still da. Glatt wie Glas. Wie Wasser in einem Planschbecken hinterm Haus. Das war nicht normal. Er befuhr seit Jahren den Atlantik und hatte das Wasser noch nie so unerklärlich ruhig erlebt. Vor allem nicht so weit auf offener See. Und gerade der März war als besonders üble Zeit auf diesem Teil des Meeres verschrien. Stürme kamen und gingen wie flüchtige Gedanken. Aber niemals, niemals wirkte die See dermaßen tot.
    Okay, dachte er, okay – warten wir ab, was passiert.
    Er betrat das Ruderhaus, schloss die Tür hinter sich und stand da, die Hände in die Hüften gestemmt.
    »Wie sieht’s aus?«, fragte er.
    Iverson, der Steuermann, saß am Kartentisch, auf dem eine Reihe von Computermonitoren leuchtete. Er balancierte eine Hustler- Ausgabe auf den Knien und zuckte die Schultern. »Geht gut voran, Mr. Gosling. Ziemlich ruhig draußen heute Nacht.«
    Gosling nickte, seufzte und wurde die Gewissheit nicht los, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte oder jeden Moment furchtbar in die Hose ging. Es war um ihn, in ihm, ein fast körperliches Gefühl der Erwartung und der Angst.
    Das rechteckige Ruderhaus mit Fenstern nach allen Seiten sah von innen wie der Tower eines Flughafens aus. Ein ansprechender Raum, komplett in Eiche und Messing gehalten, die Einrichtung original aus den 50ern. Das Originalruder befand sich noch an Ort und Stelle, direkt neben dem Kompasshaus und dem Tochterkompass, der mit dem Kreiselkompass unten im Schiff verbunden war. Natürlich bemannte heute niemand mehr das Steuerruder. Die Mara Corday wurde ausschließlich per GPS navigiert, das vom Computer überwacht und dessen Daten in den Autopiloten eingespeist wurden. Um von A nach B zu kommen, musste man nur noch die betreffenden Koordinaten eingeben. Gosling überprüfte die Monitore und war nur geringfügig beruhigt. Entlang der Vorderseite des Ruderhauses reihten sich ganze Kolonnen von Anzeigen und Instrumenten aneinander – Radargeräte, Bugstrahlruderkontrollen, Peilgeräte und Navtex-Empfänger.
    »Haben Sie das Wetter?«
    »Ja, vor einer halben Stunde reingekommen. Der Nationale Wetterdienst meldet klaren Himmel bis morgen Nacht.«
    Gosling checkte die Satellitenaufnahmen auf dem Monitor, der das Schiff kontinuierlich mit Atmosphärendaten versorgte. Er las die Wettervorhersage auf dem Faxempfänger ab. Ja, wie Iverson sagte: Es gab nichts, um das sie sich Sorgen machen mussten. Nichts, rein gar nichts.
    Trotzdem wirkte Gosling noch nicht zufrieden. Das Schiff hatte zwei Kelvin-Radaranlagen, Inmarsat-B- und C-Satellitennavigation und elektronische Kartennavigation. Er überprüfte alles. Sie befanden sich auf Kurs. Aber was zur Hölle war es dann? Je weniger er hier den Fehler, den Geist in der Maschine, finden konnte, desto mehr nagte das Gefühl an ihm.
    »Ruhig heute Nacht, hm?«, meinte Iverson und blätterte um.
    Die Ruhe vor dem Sturm, dachte Gosling verdrießlich.
    Iverson legte seine Zeitschrift weg. Er sah Gosling nervös an und nahm sie wieder in die Hand. »Haben Sie schon mal so eine Ruhe erlebt, Mr. Gosling?«
    Gosling ignorierte ihn. Er ging die Kommunikationssysteme durch. Das Schiff nutzte die üblichen Radiotelefon-, UKW-, ESB-, MF/HF-Verbindungen. Es konnte Sprechfunk, Daten, Fax und Telex via Inmarsat Satcom empfangen. Gosling überprüfte alle Kanäle. Alles. Handel, Marine, Luftfahrt, sogar die Notruffrequenzen. Er bekam nichts als Störgeräusche und ein schrilles weißes Rauschen herein, das er noch nie gehört hatte.
    »Gab es vorher Empfang?«, fragte er.
    Iverson nickte.
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