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Dead Man's Song

Dead Man's Song

Titel: Dead Man's Song
Autoren: Troll Trollson
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ihm die Schuhe und Socken ausgezogen und eine Decke über ihn gebreitet hat. Dann erst hat sie die Polizei angerufen.«
    »Zu welchem Zweck?« fragte Alexander.
    »Warum fragen Sie sie nicht? Ich weiß nur, daß die Behinderung regierungsamtlicher Stellen bei Ausübung ihrer Aufgaben ein Verstoß gegen Paragraph 195 Absatz 5 des Strafrechts ist. Und die Manipulation von Beweismitteln ist ein Verstoß gegen Paragraph 215 Absatz 40. Behinderung ist nur ein geringes…«
    »Sie haben keinen Beweis für eins der Vergehen!« sagte Alexander.
    »Ich weiß, daß die Leiche bewegt wurde!« widersprach Carella. »Und das ist Manipulation. Und allein dafür kann sie vier Jahre ins Gefängnis wandern!«
    Cynthia Keating brach plötzlich in Tränen aus.
     
    Ihr zufolge…
    »Cyntha, ich glaube, ich sollte dich warnen«, unterbricht ihr Anwalt sie immer wieder, aber sie will es loswerden, so wie sie alle es sich - früher oder später - von der Seele reden wollen.
    »Folgendes ist geschehen«, sagt sie, und jetzt sind da drei Detectives, die ihr zuhören, Carella und Meyer, die dem Notruf gefolgt waren, sowie Lieutenant Byrnes, denn plötzlich ist die Sache interessant genug, um ihn aus seinem Eckbüro heraus und ins Verhörzimmer zu locken. Byrnes trägt einen braunen Anzug, ein weizengelbes Hemd mit Button-down-Kragen und dazu eine ebenfalls braune, aber im Ton deutlich dunklere Krawatte mit einem perfekten Windsorknoten. Sogar in diesem formellen Outfit vermittelt er noch den Eindruck eines eisenharten Iren, der gerade aus dem Moor kommt, wo er Torf gestochen hat. Vielleicht liegt es an seinem Haarschnitt. Sein graues Haar sieht wie vom Wind zerzaust aus, obgleich sich in dem fensterlosen Raum nicht das geringste Lüftchen regt. Seine Augen sind von einem geradezu gefährlichen Blau. Er mag es gar nicht, daß jemand, sei er männlich oder weiblich, am Gesetz herumpfuscht.
    »Ich bin zu ihm gegangen«, erzählt Cynthia, »weil er sich in den letzten Tagen nicht sehr gut gefühlt hat und ich mir Sorgen um ihn gemacht habe. Ich hatte am Abend vorher mit ihm gesprochen …«
    »Um wieviel Uhr?« will Carella wissen.
    »Gegen neun.«
    Alle drei Detectives denken, daß er am Vorabend um neun noch am Leben war. Was immer ihm zugestoßen ist, es ist irgendwann nach neun Uhr abends geschehen.
    Die Wohnung ihres Vaters ist mit der U-Bahn vierzig Minuten von Calm’s Point auf der anderen Seite des Flusses entfernt, wo sie wohnt. Ihr Mann macht sich jeden Morgen um halb acht auf den Weg zur Arbeit. Gewöhnlich frühstücken sie gemeinsam in ihrem Apartment mit Blick auf den Fluß. Nachdem er sich verabschiedet hat, macht sie sich für den Tag fertig. Sie haben keine Kinder, aber sie geht auch nicht arbeiten, vielleicht, weil sie nie eine Ausbildung absolviert hat, und um halb acht gibt es nichts Produktives, was sie tun könnte. Außer…
    Sie hat sich niemals einer anderen Menschenseele gegenüber geäußert, aber sie erzählt es jetzt in der bedrückenden Enge des Verhörzimmers in Anwesenheit von drei Detectives, die aufmerksam mit steinernen Mienen an einer Tischseite sitzen, und ihres Mannes und ihres Anwalts, die genauso distanziert dreinschauend die andere Seite des Tisches besetzen. Sie hat keine Ahnung, weshalb sie es jetzt und vor diesen Männern einräumt, hier in diesem Beichtstuhl zu diesem Zeitpunkt, aber sie erzählt ihnen, ohne zu zögern, daß sie sich selbst nie als besonders intelligent betrachtet hat. Sie ist lediglich in jeder Hinsicht ein einfaches Mädchen (sie benutzt sogar das Wort »Mädchen«), nicht besonders hübsch, nicht besonders gescheit, sondern nur … nun… Cynthia. Und sie zuckt mit den Achseln.
    Cynthia ist keine von den Ladys, die allmittäglich in geschwätziger Gemeinschaft zu speisen pflegen, aber auch sie sucht sich im Laufe des Tages geistlose Beschäftigungen wie Einkaufen, Besuche in Galerien oder Museen, manchmal auch ein Kinofilm am Nachmittag. Im Grunde tut sie nichts anderes, als die Zeit totzuschlagen zwischen halb acht Uhr morgens, wenn ihr Mann zur Arbeit fährt, und halb acht Uhr abends, wenn er wieder nach Hause zurückkehrt. »Er ist Syndikus einer Firma«, sagt sie, als erkläre das seinen Zwölfstundentag. Sie ist dankbar für die Gelegenheit, ihren Vater zu besuchen. Sie hat etwas zu tun.
    Ehrlich gesagt ist ihr die Gesellschaft ihres Vaters nicht sehr angenehm. Auch das gesteht sie vor der Zufallsjury von fünf Männern, die mit unverbindlichen Mienen an dem langen Tisch
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