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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir
Autoren: Y Woon
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an. Ein hohes Eisentor, dessen Stäbe wie Geäst verwoben waren, schmiegte sich in den Wald. GOTTFRIED-INSTITUT stand eingraviert auf einem Messingschild in der Mitte, darunter ein Wappenbild mit der Inschrift VOX SAPIENTIAE CLAMANS EX INFERNO. Ein kleiner Mann in Wachmannuniform näherte sich der Fahrerseite.
    Dustin ließ sein Fenster runter. »Mr Brownell Winters«, sagte er würdevoll.
    Erstaunt machte der Wachmann einen Schritt zurück und nahm eine militärische Haltung an. »Sir«, sagte er mit einem steifen Nicken Richtung Auto und rannte, um uns das Tor zu öffnen. Als wir hindurchfuhren, lugte er neugierig in den Wagen, sah dann aber rasch weg.
    Innen war das Schulgelände ganz anders als die schroffeWildnis, die es umgab. Das Gelände war eben und grün mit weitläufigen Flächen aus Gras und Bäumen. Die wuchtigen Gebäude aus dunklem Klinker, die den Campus einschlossen, waren durch die Witterung verblasst und fleckig. Efeu wand sich die Mauern hoch und es schien mir, als wären die Gebäude selbst aus der Erde gewachsen und nicht erbaut worden.
    Wir parkten am Fuß eines atemberaubend riesigen Gebäudes, über dessen Eingang HAUS ARCHEBALD graviert war. Bei laufendem Motor lud Dustin mein Gepäck aus dem Kofferraum.
    »Das kann ich doch machen«, sagte ich, aber er lehnte ab. Mit einer Verbeugung trug er alles in die Eingangshalle. Nur mein Rucksack blieb vor meinen Füßen liegen.
    »Hier trennen sich unsere Wege«, verkündete mein Großvater.
    »Du verschwindest wieder?« Auf einmal fühlte ich mich sehr allein.
    »Hättest du gerne, dass ich bleibe?« Er betrachtete mich nachdenklich. »Edith Lumbar. Sie ist eine der Lehrerinnen und eine alte Kollegin von mir. Solltest du dich jemals in Gefahr wähnen, dann gehe zu ihr. Sie ist eine sehr fähige Person.«
    Ich nickte und zupfte am Saum meiner Strickjacke.
    »Und du hast meine Telefonnummer. Hab keine falsche Scheu, sie zu wählen.«
    »Okay.«
    »Du erinnerst mich an deine Mutter, als sie in deinem Alter war. Ich wäre glücklich, wenn du dich genauso entwickeln würdest wie sie.«
    Er umarmte mich steif – ein vergeblicher Versuch, mich zu beruhigen. Dann stieg ich die Stufen zum Haus Archebald hinauf, dem einzigen Ort, wo ich noch hingehen konnte.
    In einem riesigen Flur mit hohen Gewölbedecken und mahagonigetäfelten Wänden, die mich an das Innere einer Kirche erinnerten, fand ich mich wieder. Ich trottete den Flur entlang, bis ich auf der rechten Seite eine geöffnete Tür fand. Ich spähte hinein.
    »Herein«, sagte eine freundliche Stimme.
    Aufgeschreckt trat ich ein. Hinter einem Schreibtisch saß eine junge Frau mit Lippenstift und Bleistiftrock, die sich durch einen Stapel Akten arbeitete. Sie war zugleich schlicht und glamourös, wie ein Filmstar aus den Fünfzigern. Fast wartete ich darauf, dass sie von ihrer Schreibmaschine hochblickte und eine lange Zigarette hervorzog. Sie lächelte, als sie mich näher kommen sah.
    »Hallo«, sagte ich. »Ich … Ich bin eine neue Schülerin.«
    Sie nickte. »Wie heißen Sie?«
    »Renée Winters.«
    Mit einem langen, schlanken Finger ging sie durch die Akten und reichte mir einen Umschlag. Ich wendete ihn in der Hand, ohne genau zu wissen, was ich damit anfangen sollte. Sie schien zu ahnen, was los war.
    »Da drin ist Ihr Stundenplan.« Sie wies auf den Umschlag. »Alles, was Sie brauchen, finden Sie auf Ihrem Zimmer, auch Ihre Koffer – die werden gerade dorthin gebracht. Sie sind in 12E, im Mädchenwohnheim. Gehen Sie geradeaus durch die Türen dort und dann nach rechts. Folgen Sie demFußweg am Park vorbei. Wenn Sie zum See kommen, sehen Sie es schon auf der linken Seite.«
    Ich faltete den Umschlag und steckte ihn rasch in meine Tasche. »Danke.«
    Ein Kopfsteinpflasterweg, gesäumt von Eichen, Ahornbäumen und kleinen Büschen, führte mich über den Campus. Es wimmelte von Schülern. Mädchen in Faltenröcken und Schnürschuhen, Jungen in Hemd und gelockerten Krawatten. Ich sah an meiner Strickjacke und meiner Bluse hinunter, die ich aus dem Kleiderschrank meiner Mutter zusammengewürfelt hatte. Ich hatte gehofft, dass mein Großvater nicht bemerken würde, dass ich dazu meine abgeschnittenen Jeans trug. Es war das letzte Mal, dass ich sie anziehen durfte, und zu meiner Erleichterung hatte er nichts dazu gesagt. Aber jetzt fühlte ich mich damit fehl am Platz. Ich ging schneller, um endlich allein in meinem Zimmer zu sein.
    Als der Pfad schmaler wurde, kam ich an einer großen, von Bäumen
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