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Das Wunder von Bajkonur

Das Wunder von Bajkonur

Titel: Das Wunder von Bajkonur
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mohammedanische Gebetsnische nach Mekka.
    »Du hier?« keuchte er und kam auf Iwin zu. »Du stehst am Seil und läßt die Glocke läuten, du elender Wallach?«
    »Wo ist deine milde Gabe, mein Sohn?« fragte der Schielende ungerührt.
    »Dreh dich um, damit ich dich in den Arsch treten kann!« knirschte Bisti. »Das ist das Mildeste für dich!«
    »Wer unter die Glocke tritt, muß opfern …« Der Schielende drehte den Kopf weg – jetzt sah er Bisti also voll an – und erklärte: »Einmal kitzeln mit deinem Elektrostab kostet ebenfalls fünf Rubel.«
    »Einmal schlagen sie dir den Schädel ein«, knurrte Bisti. »Die Glocke ist also ein Wunder?«
    »Muß wohl …«
    »Seit wann verkauft Igor Iljitsch Mischura in Karaganda Wunder in seinem Eisengeschäft? Das ist eine gewöhnliche Messingglocke! Ich habe die gleiche … von Mischura gekauft!«
    »Wo läutet sie bei dir, Jefim Jefimowitsch?«
    Bisti schwieg verbissen. Die Glocke war einer seiner Tricks. Er hatte den Klöppel mit Leder umwickelt, was einen dumpfen, hallenden Ton abgab. Die Glocke hing unter dem Untersuchungsbett. Bisti konnte sie mit den Fußspitzen in Schwingungen versetzen, und das tat er immer, wenn er einen seiner Patienten auf dem Zentrifugalstuhl bearbeitet und seine Säfte ›getrennt‹ hatte; nun wollte er ihm auf dem Bett zeigen, wie die Säfte sich verlagert hatten. Dabei schüttelte er den armen Menschen – und jedesmal erklang, wie aus dem Körper heraus, der dumpfe Ton. »Das war die Leber …« sagte Bisti dann feierlich.
    Man muß zugeben: Es war sehr eindrucksvoll. Seine Patienten glaubten an ihn und an seine Wunderkräfte.
    Was wußte der Schielende davon? Seine Frage eben hatte provokatorisch geklungen.
    »Wir sollten uns arrangieren«, sagte Bisti deshalb vorsichtig; er schien versöhnlicher gestimmt. »Ihr laßt die Glocke läuten … und ich behandle im Hinterzimmer die Kranken mit den kosmischen Strahlen.«
    »Nein«, sagte Iwin kurz.
    »Das Wunder ist groß genug für zwei …«
    »Wunder sind nicht teilbar …«
    »Mein lieber Oleg Gregorijewitsch! Ihr habt eine Glocke erscheinen lassen als Folge des feurigen Wunders. Das ist ein ganz anderer Schuh. Die Möglichkeiten des eigentlichen Wunders, eben der strahlenden Kugel, habt ihr gar nicht ausgeschöpft, ja nicht einmal angekratzt. Was kann man daraus machen, ihr Lieben! Ihr wundert am Wunder vorbei … welche Vergeudung! Als euer Partner werde ich euch zeigen, was man alles mit Strahlen machen kann. Das ist die große, noch nicht erforschte Zukunft. Da liegen goldene Berge. Alles, was strahlt, fasziniert. Es gibt keinen Menschen, der nicht sofort butterweich wird, wenn man zu ihm sagt: Ha, ich spüre Ihre Ausstrahlung! Grandios! Überwältigend! Hinreißend! …!« Bisti verschluckte sich vor Erregung und mußte krampfhaft husten. »Wir werden in Rubeln baden können. Natürlich nur freiwillige Spenden …« Bisti grinste breit. »An einem Wunder verdient man ja nicht …«
    »Das wäre zu überlegen«, sagte der Schielende nachdenklich. »Aber das ändert nichts daran, daß die Glocke von selbst an den Balken kam.«
    »Gekauft bei Mischura in Karaganda!« Bisti zeigte nach oben. »Am Klöppel ist die Firma eingraviert. Laß uns nachsehen.«
    »Die Wege der Wunder sind verworren«, erklärte Iwin bedächtig. »Warum sollen sie nicht über Karaganda führen? Geheimnisvoll, wie auch die Körpersäfte fließen …«
    »Reden wir nicht mehr davon!« unterbrach ihn Bisti schnell. Der Lump weiß etwas, dachte er betroffen. Aber ich weiß nun auch genug von ihm – das gleicht sich aus. Es ist schon eine nervenfressende Sache, mit Wundern zu arbeiten. »Wenn wir uns einig sind, falle ich vor dem ganzen Volk auf die Knie und bete die Glocke an. Das wird eine Wirkung haben.«
    »Auch für deine komischen Strahlen, Jefim Jefimowitsch.«
    »Man muß eben verdeutlichen, was nicht allgemein begreiflich ist«, meinte Bisti bescheiden. »Wie stehen wir nun da, Oleg Gregorijewitsch?«
    »Ich muß mit meinen Partnern reden. Aber ich ahne, daß wir uns annähern können.«
    Zufrieden verließ Bisti den Laden und schlug dabei, für alle Wartenden sichtbar, das Kreuz. Ein Raunen ging durch die Menge: Jefim Jefimowitsch bekreuzigte sich, auch ihn hat das Wunder überwältigt!
    »Was machen wir nun?« fragte Iwin in einer kleinen Pause, die Gubenko einlegte. »Überlassen wir Bisti die Strahlungen?«
    »Nur, wenn er auf 25 % Beteiligung eingeht!« Gubenko rauchte seine Papyrossa und blickte
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