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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman
Autoren: Adam J Dalton
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du uns wirklich liebst, dann lässt du es dabei bewenden. Als wir hergekommen sind, hast du mir versprochen, keinen Ärger mehr zu machen, damit wir unseren Sohn in einem gewissen Maß von Frieden und Sicherheit großziehen können. Du hast es mir versprochen, Jedadiah, und ich fordere von dir, dass du dieses Versprechen auch hältst!«
    Sein Vater grummelte zur Antwort etwas, aber Jillan konnte es nicht verstehen.
    » Nein!«, meldete sich mit schriller Stimme erneut seine Mutter zu Wort. » Das ist in Neu-Heiligtum gestorben, zusammen mit vielen guten Menschen. Wenn du wieder damit anfängst, dann– die Erlöser seien meine Zeugen!– kannst du es ohne Jillan und mich tun. Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie du diese Familie in Gefahr bringst.«
    Jillan blinzelte und versuchte, seine Schlüsse aus dem zu ziehen, was er gerade belauscht hatte. Was meinte seine Mutter mit als wir hergekommen sind? Hatten seine Eltern irgendwann vor seiner Geburt in einem anderen Teil von Gottesgabe gelebt? Und wie kam es, dass sie Leute aus Neu-Heiligtum gekannt hatten, einem Ort, der so für Schande und Blasphemie stand, dass man seinen Namen allenfalls flüsterte?
    Soweit Jillan wusste, war das einzige Zuhause, das er je gehabt hatte, ihre kleine Hütte, die eng an die Stadtmauer von Gottesgabe gebaut war. Die Familien, die sich als erste in der Stadt niedergelassen hatten, bewohnten natürlich die größeren Häuser, die auch über Vorgärten und Hinterhöfe verfügten, in der Nähe des Versammlungsplatzes lagen und gewöhnlich einen Sitz im Rat hatten. Als aber die Bevölkerung gewachsen war, hatten für die neueren Familien nur eilig gebaute, beengte Behausungen zur Verfügung gestanden. Jillan und seine Eltern lebten direkt an der Südmauer, hinter der die Abfallgruben und der Friedhof lagen. Jenseits davon begann die eigentliche Wildnis.
    Die Menschen mieden die Südmauer. Sogar das Südtor wurde lediglich von einem einzigen Helden bewacht, weil es ausschließlich für die seltenen Begräbnisse genutzt wurde. Gemeinhin lebten nur die allerneuesten Familien im ungeordneten Gassengewirr der Südstadt, aber während die meisten Familien von dort fortzogen, sobald sie konnten, waren Jillan und seine Eltern sogar dann noch in ihrem Zuhause geblieben, als die Häuser ringsum verlassen worden und verfallen waren. Infolgedessen hatte Jillan seine Eltern nie für Neuankömmlinge gehalten, sondern immer geglaubt, dass sie nun einmal lebten, wo sie lebten, weil sie Zurückgezogenheit schätzten. Die Einmischung anderer Leute mit all ihren Regeln und ihrer Geringschätzung brachte einem schließlich nichts als Ärger ein. Und Jillan machte der Geruch der Unratgruben, über den so viele Menschen die Nase rümpften, wirklich nichts aus – er war damit groß geworden und fand die feuchte Erdigkeit irgendwie tröstlich.
    Blinzelnd wurde ihm bewusst, dass er das Labyrinth, in dem er lebte, schon fast verlassen hatte und in der Nähe der belebteren Stadtviertel war. Er ging langsamer, weil er den Moment seines Eintreffens an der Schule so lange wie möglich hinauszögern wollte. Er beobachtete, wie ein Vogel hoch am Himmel flog, und ertappte sich dabei, ihm am Boden zu folgen. Der Vogel führte ihn zurück zur Mauer, und Jillan stieg die lange Treppe hinauf und ging hinüber zu dem Helden, der einsam am Südtor Wache hielt.
    Der alte Held Samnir nickte Jillan zum Gruß zu und richtete die grauen Augen dann wieder auf die Wildnis.
    » Rührt sich irgendetwas?«, fragte Jillan, wie er es immer tat, und setzte sich auf seinen gewohnten Platz zwischen zwei Zinnen.
    Samnir ließ den Blick weiter über die Landschaft schweifen. Nach ein oder zwei Sekunden antwortete er bärbeißig: » Ich glaube, ich habe vorhin gesehen, wie einer der Berge nach links gerückt ist.«
    Jillan lächelte. » Ist er nicht!«
    Der Held sah Jillan finster an. » Du weißt ja auch so gut Bescheid über Berge, nicht wahr? Hast du je auf einem gestanden? Nein? Das habe ich mir gedacht. Und wer bist du, dass du es wagst, einem mächtigen Helden des Reichs zu widersprechen? Ich sollte dich auspeitschen, durch die Straßen schleifen und dann vor aller Augen aufhängen lassen, damit du all jenen als Warnung dienst, die es den Heiden gestatten, ihre Gedanken zu verderben.«
    Jillans Lächeln wurde breiter. » Die Fältchen in deinen Augenwinkeln vertiefen sich immer, wenn du es nicht ernst meinst.«
    » Fluch über mein verräterisches Gesicht!« Samnir seufzte. » Es kennt
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