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Das Wirken der Unendlichkeit

Das Wirken der Unendlichkeit

Titel: Das Wirken der Unendlichkeit
Autoren: Carlos Castaneda
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gelegenen Veteran’s Hospital. Der Mann schien geistig labil zu sein. Ich sah ihn oft bei Ship’s bei einer Tasse Kaffee. Er saß stets am selben Ende der Theke. Es war mir auch aufgefallen, wie er draußen vor dem Fenster darauf wartete, daß sein Lieblingsplatz frei wurde, wenn ein anderer Gast dort saß.
    Als der Mann das Restaurant betrat, setzte er sich auf seinen üblichen Platz. Unsere Blicke begegneten sich. Dann hörte ich, wie er einen lauten Schrei ausstieß, der mir und den Gästen durch Mark und Bein ging. Alle starrten mich mit großen Augen an. Ein paar Leuten blieb der Mund beim Kauen offen stehen. Offensichtlich glaubten sie, ich hätte geschrieen. Als ich mit der Hand auf die Theke schlug und dann laut lachte, hatte ich die Voraussetzungen für eine solche Vermutung geliefert. Der Mann sprang von seinem Barhocker und rannte aus dem Restaurant. Dabei drehte er sich um und starrte mich an, wobei er heftig mit den Händen über dem Kopf fuchtelte.
    Ich gab dem impulsiven Drang nach und folgte ihm. Ich wollte von dem Mann wissen, was er an mir gesehen hatte, um laut zu schreien. Ich holte ihn auf dem Parkplatz ein und fragte ihn, warum er so geschrieen habe. Er schlug die Hände vor das Gesicht und schrie noch lauter. Er war wie ein Kind, das einen Alptraum hat. Er schrie aus Leibeskräften. Ich ließ ihn stehen und ging in das Restaurant zurück.
    »Was war denn mit Ihnen los?« fragte die Kellnerin und sah mich besorgt an. »Ich dachte schon, Sie wären davongelaufen, ohne zu bezahlen.«
    »Ich wollte nur einen Freund sprechen«, erwiderte ich. Die Kellnerin sah mich mit gespielter Überraschung und Mißbilligung an. »Ist das Ihr Freund?« fragte sie.
    »Er ist der einzige Freund, den ich auf der Welt habe«, antwortete ich. Und das war die Wahrheit, wenn ich unter >Freund< jemanden verstehe, der durch die Maske hindurchsieht, die man trägt, und der weiß, woher man wirklich kommt.

Danksagung des Autors
      
    Ich widme dieses Buch den beiden Männern, die mir den Anstoß und das Werkzeug zu anthropologischer Feldarbeit gegeben haben: Professor Clement Meighan und Professor Harold Garfinkel. Auf ihren Rat hin habe ich mich in eine Feldsituation begeben, aus der ich nie wieder aufgetaucht bin. Wenn es mir nicht gelungen ist, den Geist ihrer Lehre zu verwirklichen, läßt sich das nicht ändern. Ich konnte nicht anders. Eine stärkere Kraft, die Schamanen Unendlichkeit nennen, hat mich verschlungen, bevor ich klar umrissene sozialwissenschaftliche Theoreme
    formulieren konnte.

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