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Das Wirken der Unendlichkeit

Das Wirken der Unendlichkeit

Titel: Das Wirken der Unendlichkeit
Autoren: Carlos Castaneda
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Fakten verlangt,
    die einzig bestehende Logik?
    Das ist die eigentliche Frage.
    Es gibt mehr als eine Logik.
    Es gibt zum Beispiel eine, die verlangt, daß man eine
    Vielfalt von Intensitäten als Fakten anerkennen muss.
    Nach dieser Logik beginnt nichts und endet nichts.
    So gesehen, ist die Geburt kein klares, eindeutiges Ereignis,
    sondern eine besondere Art der Intensität.
    Das gilt auch für das Heranreifen und für den Tod.
    Ein Mann mit dieser Logik stellt fest, wenn er
    seine Gleichungen betrachtet,
    daß er genug unterschiedliche Intensitäten berechnet hat,
    um glaubwürdig sagen zu können,
    das Universum hatte keinen Anfang,
    und es wird niemals enden,
    aber es durchlief, es durchläuft und wird in Zukunft
    endlose Veränderungen der Intensität durchlaufen.
    Dieser Mann könnte sehr wohl zu dem Schluß kommen und sagen:
    Das Universum ist das Vehikel der Intensität.
    Man kann es benutzen,
    um sich endlos lange durch Veränderungen zu begeben.
    All das und noch viel mehr wird er erkennen, ohne vielleicht jemals zu begreifen,
    daß er bloß die Logik seiner Muttersprache bekräftigt.

 
Einleitung
    Dieses Buch ist eine Sammlung der denkwürdigen Ereignisse in meinem Leben. Ich folge mit dieser Zusammenstellung dem Rat von Don Juan Matus, einem Yaqui- Indianer und Schamanen aus Mexiko, der sich dreizehn Jahre lang darum bemüht hat, mir die Erkenntnisse der Schamanen zugänglich zu machen, die in alter Zeit in Mexiko gelebt haben. Don Juan Matus machte mir den Vorschlag zu dieser Sammlung denkwürdiger Ereignisse beiläufig, als sei ihm die Idee dazu gerade erst gekommen. Das war Don Juans Art zu unterrichten. Er verschleierte die Bedeutung bestimmter Pläne mit dem Gewohnten. Auf diese Weise verdeckte er den Schmerz des Endgültigen und stellte es in den Zusammenhang mit den Belangen des Alltags.
    Don Juan machte mir im Laufe der Zeit klar, daß die Schamanen im alten Mexiko diese Sammlung denkwürdiger Ereignisse für ein zuverlässiges Mittel hielten, um Energievorräte in Bewegung zu setzen, die im Ich vorhanden sind. Sie erklärten, es handle sich dabei um Energie, die zum Körper gehört, die aber durch den Alltag verschoben und unserem Zugriff entzogen wird. So gesehen, war die Sammlung denkwürdiger Ereignisse für Don Juan und die Schamanen seiner Tradition das Mittel, um ihre ungenutzte Energie neu zu verteilen.
    Die Voraussetzung für diese Sammlung war der ehrliche und alle Kräfte beanspruchende Vorgang, Gefühle und Erkenntnisse zusammenzustellen, ohne etwas auszusparen. Wie Don Juan erklärte, waren die Schamanen seiner Tradition davon überzeugt, daß die Sammlung denkwürdiger Ereignisse das für die energetische und emotionale Anpassung notwendige Mittel sei, um wahrnehmungsmäßig in das Unbekannte vorzustoßen. Don Juan sagte, das eigentliche Ziel des schamanistischen Wissens, mit dem er sich beschäftigte, sei die Vorbereitung zu der letzten Wanderung - eine Wanderung, die jeder Mensch am Ende seines Lebens antreten muss. Er sagte, die Schamanen seien durch ihre Disziplin und Entschlossenheit in der Lage, ihr individuelles Bewusstsein und die Aufgabe, die sie sich gestellt haben, nach dem Tod zu bewahren. Für sie war der vage, idealistische Zustand, den der moderne Mensch >das Leben nach dem Tod< nennt, ein konkreter Bereich, der voll ausgefüllt ist mit praktischen Dingen einer anderen Ordnung, die sich von den praktischen Dingen des Alltags unterscheiden, jedoch eine ähnlich funktionale Möglichkeit der Anwendung besitzen. Don Juan vertrat die Ansicht, das Zusammenstellen der denkwürdigen Ereignisse eines Lebens sei für die Schamanen die Vorbereitung ihres Eintritts in jenen konkreten Bereich, den sie das Wirken der Unendlichkeit nennen.
    Eines Tages unterhielt sich Don Juan mit mir unter dem Vordach seines Hauses, das aus dünnen Pfosten und Bambus bestand. Es war wie eine überdachte Veranda, die zum Teil Schutz vor der Sonne bot, aber nicht vor Regen. Ein paar kleine, stabile Frachtkisten dienten als Sitze. Die Firmennamen waren verblaßt und wirkten eigentlich wie Verzierungen und nicht wie Kennzeichnungen. Ich saß auf einer dieser Kisten und lehnte mit dem Rücken an der Vorderseite des Hauses. Don Juan saß auf einer anderen Kiste und lehnte mit dem Rücken an einem Pfosten des Vordachs. Ich war erst vor ein paar Minuten in meinem Wagen angekommen und hatte eine Tagesfahrt bei feuchtheißem Wetter hinter mir. Ich war nervös, gereizt und verschwitzt.
    Don Juan begann die
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