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Das Wesen. Psychothriller

Das Wesen. Psychothriller

Titel: Das Wesen. Psychothriller
Autoren: Arno Strobel
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umkrempeln und DNA -Material sicherstellen. Ich brauch was von dem Mädchen. Danach tu mir den –«
    Er wurde durch ein zweimaliges, trockenes Klacken schräg hinter ihm unterbrochen und fuhr herum. Die vergammelte Tür der Nachbarwohnung wurde geöffnet, eine schlanke, stark geschminkte Frau mit roten, struppigen Haaren tauchte auf. Sie mochte Mitte dreißig sein und wirkte ungepflegt. Als sie unsere Waffen sah, stieß sie einen spitzen Schrei aus und erstarrte. »Polizei!«, schnauzte Menkhoff sie an. »Verschwinden Sie.«
    Hastig schlüpfte sie wieder in ihre Wohnung und schlug die Tür hinter sich zu.
    »Mensch, Bernd …«, sagte ich und ging an Menkhoff vorbei zu der Tür gegenüber.
    »Was?«
    »Wart mal kurz.«
    Keine fünf Sekunden nach meinem Anklopfen öffnete die Rothaarige die Tür, sie musste direkt dahinter gestanden haben. Zwischen den Fingerspitzen ihrer rechten Hand qualmte eine gerade angesteckte Zigarette. Missbilligend musterte sie mich und sah dann an mir vorbei auf Menkhoff, der noch immer mit gesenkter Waffe vor dem Psychiater stand.
    »Guten Tag«, sagte ich und zog damit ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. »Kriminalhauptkommissar Alexander Seifert, ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.«
    »Was is’n mit dem?« Sie sah zu Dr. Lichner herüber. »Hat der was angestellt?«
    »Das wissen wir noch nicht. Sagen Sie mir bitte Ihren Namen?«
    »Ullrich. Beate Ullrich. Wieso?«
    »Wohnen Sie hier?« Sie sah mich an, als hätte ich sie gefragt, ob sie eine Frau ist. »Was denn sonst? Hab doch aufgemacht.«
    »Wie gut kennen Sie Ihren Nachbarn, Dr. Lichner?«
    »Den?« Wieder der Blick in Richtung des Psychiaters. »Gar nicht. Wieso?«
    Beim nächsten
Wieso
würde ich möglicherweise die Geduld verlieren. »Aber Sie wissen schon, dass er hier wohnt, Frau Ullrich?«
    Sie tat einen langen Zug an der Kippe und sagte: »Ja, logo, weiß ich.« Der blauweiße Rauch quoll ihr dabei zwischen den Worten aus dem Mund. Normalerweise reagieren die Leute leicht nervös, wenn wir vor der Tür stehen, selbst wenn nicht gerade im Hintergrund eine Waffe auf den Nachbarn gerichtet ist. Diese Frau war entweder abgebrüht im Umgang mit der Polizei, oder sie konnte sich gut verstellen. »Wohnt Dr. Lichner alleine hier?«
    »Wieso fragen Sie nich ihn?«
    »Hören Sie gefälligst auf, Gegenfragen zu stellen, und antworten Sie meinem Kollegen«, fuhr Menkhoff sie an. »Oder sollen wir Sie aufs Präsidium mitnehmen?«
    Das wirkte. Sichtlich eingeschüchtert, stammelte sie: »Ähm … ja, glaub schon. Also … ich mein’ … ohne Frau. Nur er und das Mädel.«
    Stille, zwei, drei Sekunden lang, dann stöhnte Lichner auf und ließ die Schultern hängen. Menkhoff starrte den Psychiater an, doch der blickte an ihm vorbei gegen die Wand und sagte: »Sie lügt.«
    »Wer lügt hier, Sie …«, maulte die Rothaarige zu Lichner herüber.
    »Frau Ullrich, wie alt ist dieses Mädchen? Und wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Weiß nich. Vielleicht zwei oder drei oder so. Gesehen … ähm, das letzte Mal vor ein paar Tagen, glaub ich.«
    »Glauben Sie. Und wie würden Sie das Verhältnis von Dr. Lichner zu seinem Kind beschreiben?«
    »Wieso Verhältnis? Wie meinen Sie’n das?«
    »Wie hat er sich dem Kind gegenüber verhalten? War er nett? Hat er geschimpft, geschrien?«
    Sie dachte nach und sah dabei mit heruntergezogenen Mundwinkeln kaugummikauend zur Decke. »Hm … weiß ich nich. Die haben nicht geredet.«
    »Sie lügt.« Es kam so leise, dass ich es fast nicht verstehen konnte.
    Menkhoff machte einen schnellen Schritt auf Lichner zu. »Ach ja? Sie lügt? Und ganz zufälligerweise errät sie beim Lügen das Alter Ihrer Tochter, oder wie? Und dass sie verschwunden ist, errät sie wohl zufälligerweise auch?«
    Eine Zornesfalte stand wie ein Ausrufezeichen in der Mitte seiner Stirn. »Schaff mir diesen Kerl aus den Augen, Alex. Und Sie, junge Frau, halten sich bitte zu unserer Verfügung. Falls es wider Erwarten doch etwas gibt, was Sie wissen, rufen Sie mich an.«
    Sie nahm Menkhoffs Visitenkarte und steckte sie in die Gesäßtasche ihrer Jeans. Ich zog mein Handy aus der Tasche und forderte die Spurensicherung an.
     
    Auf dem Weg zum Präsidium führte Menkhoff erst ein kurzes Telefonat mit der Leiterin des KK 11, Kriminaloberrätin Ute Biermann, die er wohl zu Hause angerufen hatte, und dann mit unserer Dienststelle. Sonst sagte während der Fahrt niemand etwas, und ich
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