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Das Wesen aller Kriege (Die Ratte des Warlords IX-A) (German Edition)

Das Wesen aller Kriege (Die Ratte des Warlords IX-A) (German Edition)

Titel: Das Wesen aller Kriege (Die Ratte des Warlords IX-A) (German Edition)
Autoren: Johann Löwen , Eduard Dyck
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Genausowenig, wie sie dem abgehackten Laut, der der Kehle des Menschen entfuhr, einen Sinn geben konnten.

4 1. Sie sah zur Brandung. Der Mann, der fast so zierlich war wie sie selbst, stand neben ihrem Sohn, bewegte wie immer ständig sein Gesicht und die Arme und aus seinem Mund kamen unentwegt Geräusche, weil sich unentwegt mitteilen wollte. Aber ihr Sohn sah in diesem Moment zu dem anderen Mann, der neben ihm stand. Dieser zog den Mund auseinander, sodass seine Zähne sichtbar wurden, bewegte den Kopf aber hin und her.
    Dieser große Mann mit dem durch Feuer entstellten Gesicht wachte über ihren Jungen. Wie schon immer. Niemand sonst mochte ihr Kind, weil es so anders aussah. Der Mann mit dem entstellten Gesicht kümmerte sich trotzdem um das Kind. Und um sie auch, die anderen Frauen ignorierte er fast vollständig.
    Zu überlegen, ob sie ihr en Sohn von diesem Mann hatte, bereitete ihr physische Schmerzen, ihr Kopf fing an zu dröhnen. Aber sie hatte auch Freude daran, über Dinge nachzudenken, die sie weder sah noch anfassen konnte.
    Sie war eine erwachsene Frau, sie muss lange vor der Reise gelebt haben. Sie versuchte sich zu erinnern was gewesen war, bevor sie zu dieser Reise aufgebrochen war. Sie erinnerte sich – beinahe. Genauso, wie ihr fast Laute aus dem Mund kamen. In ihrem Kopf war etwas, das hinaus wollte, aber sie konnte es nicht freilassen. Nur die Erinnerung an die Reise war nicht verschwommen.
    Viele Male war es dunkel geworden und das blasse Ding, das seine Form ä nderte, war über ihren Köpfen gewesen. Und dann kam jedes Mal das andere Ding, das immer rund war und das nicht lange angesehen werden konnte.
    Und immer hatte sich der große Mann mit dem verbrannten Gesicht um sie gekümmert. Und auch um die anderen schwangeren Frauen.
    V iele von ihnen waren auf der Reise einfach liegengeblieben, als ihre Kinder geboren wurden. Der Mann mit dem entstellten Gesicht hatte dann jedes Mal den Kopf gehoben und das blasse oder das helle Ding oben angebrüllt. Er hatte sehr lange gebrüllt, als das letzte Neugeborene sich nicht mehr bewegt hatte.
    Nur ihr Sohn war am Leben geblieben. Jetzt lebten sie schon solange hier, dass auch andere Frauen Kinder bekommen hatten. Aber um die kümmerte der große Mann mit dem entstellten Gesicht sich nicht, nur um ihren Sohn. Und das obwohl der Junge schon längst für sich selbst sorgen konnte. Vor kurzem hatte er sogar eine Pflanze an einen Ast gebunden und jetzt zog es damit viele glänzende Essdinger aus der blauen Weite, über die man nicht gehen konnte.
    Sie vergaß ihre Gedanken . Ihr Junge lief zu ihr, begleitet von dem großen Mann mit dem seltsamen Gesicht. Das Kind kniete vor ihr, nahm ihre Hand und wollte das Essding in sie hineinlegen.
    A ber wie immer blieb sein Blick an ihrem Haar haften. Solches hatte keine andere Frau. Es sah fast so aus wie das Ding am Himmel, das so grell leuchtete, nur etwas dunkler. Ein wenig wie Blut.
    Ihr Sohn berührte es ehrfürchtig, sah ihr in die Augen und lächelte breit. Er freute sich immer, wenn er sie anblickte. Weil er sah, wie sehr sie ihn liebte.
    Und sie – sie schaute in die Augen, wie sie niemand sonst hatte, und verlor sich in seiner Liebe, die dort in unvergleichlichem Blau leuchtete.

4 2. Für Europäer und Amerikaner war das Klima in der Nähe der sudanesischen Hauptstadt kaum zu ertragen. Auch jetzt, nachdem es Nacht geworden war, betrug die Hitze immer noch fast vierzig Grad.
    Der Leiter der Expedition streckte sich mit einem erleichterten Seufzer im Li egestuhl aus und nahm hörbar genüsslich einen Schluck. Wie auch immer der junge Doktorand es geschafft hatte, die Flasche über den Tag hinweg kühl zu halten, der Leiter entschied, dass das ein paar Pluspunkte wert war.
    Während sie die ersten Schlucke tranken, sah der Doktorand sich um.
    "Seltsame Gegend hier." Der junge Forscher konnte es nicht lassen, auch mi tten in der Nacht über die Arbeit zu reden. "Diese verschüttete Mine, in der wir das Artefakt gefunden haben, ist seltsam, und das Artefakt selbst auch. Und dieses bizarre Bayuda-Basaltfeld im Norden mit den neunzig Vulkanen..."
    Sich m it dem eifrigen Doktoranden über die Arbeit zu unterhalten, das konnte Stunden dauern. Der Leiter hatte keine Lust dazu. Er sah in den Himmel.
    Die Sterne dort oben hatten schon seit Ewigkeiten geleuchtet, sie hatten gesehen, was hier alles passiert war. Der Expeditionsleiter sah zu dem hellen Fleck mitten in einer Sternenansammlung. Das war der
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