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Das weiße Amulett

Das weiße Amulett

Titel: Das weiße Amulett
Autoren: Kathinka Wantula
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kamen zutage, und als Karen sie umdrehte, erschien ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht. Es waren ein ParisBaedeker von 1907 und ein Buch über die Weltausstellung von 1900.
    Karen schien es eine Ewigkeit her zu sein, dass sie diese Bücher auf dem Flohmarkt in Paris gefunden und sie dort gelassen hatte. Und trotzdem lagen sie jetzt in ihrer Hand.
    Michael war unglaublich. Hatte er sie an jenem Tag heimlich gekauft oder später, wenn er nachmittags das Hotel verlassen hatte und sie nicht wusste, wohin er ging?
    Wie auch immer, überglücklich nahm sie Rilkes Buch über Ägypten noch dazu und stellte die drei Bände auf einen Ehrenplatz in ihrer Bücherwand. Zufrieden betrachtete sie die goldenen Lettern der alten Lederbände, als plötzlich das Handy klingelte. Ein bekannter Name erschien im Display.
    »Hallo, Kay. Na, was gibt’s?«
    Ihr Bruder wusste nicht, dass sie schon wieder in Hamburg war, und fragte zuerst, wie es ihr gesundheitlich gehe, aber als sie ihm sagte, dass sie sich schon wieder besser fühle, kam er ohne Umschweife auf den Grund seines Anrufs zu sprechen.
    »Du sagtest doch, dass dein Pharao hundertvierzig Jahre alt wurde, nicht wahr? Allmählich beginne ich das zu glauben.«
    »Wieso?«
    »Jeder Mensch hat das Prinzip der Unsterblichkeit in seinen Chromosomen. Es gibt in unserem Körper Zellen, die sich immer wieder erneuern. Aber leider ist das ziemlich ungesund. Krebszellen zum Beispiel oder Warzengewebe. Das Altern ist in gewissem Sinne eine Art Schutzmechanismus. Unsere Zellen haben an ihren Enden kleine Kappen, die Telomere, und bei jeder Zellteilung wird ein Teil dieser Kappe verbraucht. Das schützt die Zelle eine gewisse Zeit lang, aber wenn die Telomere alle weg sind, stirbt die Zelle ab.«
    »Wir werden also von Zelle zu Zelle älter?«
    »Richtig. Deswegen sind wir nicht von heute auf morgen grau und faltig, sondern es dauert, weil einige Zellen eine längere Lebensdauer haben als andere.«
    »Und was hat das mit dem …l zu tun?«
    »Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für dich. Welche willst du zuerst hören?«
    »Die schlechte.«
    »Okay. Wir konnten bisher nur siebzig Prozent des …ls identifizieren. Wir haben schon alles Mögliche versucht, aber ich glaube nicht, dass wir die restlichen dreißig Prozent herausfinden. Bei einigen wissen wir, dass es sich um pflanzliche Stoffe handeln muss, aber wir können sie nicht genau zuordnen. Ich vermute, dass es sich um Pflanzen handelt, die in den letzten dreitausend Jahren ausgestorben sind.«
    In Karen stieg eine traurige Ahnung hoch. »Heißt das, dass du das …l nicht reproduzieren kannst?«
    Kay hörte die Enttäuschung in ihrer Stimme. »Tut mir Leid, Schwesterherz. Der Traum von Unsterblichkeit wird noch ein wenig warten müssen. Aber jetzt kommt die gute Nachricht, wir müssen noch mehrere Versuchsreihen durchführen, doch die bisherigen Ergebnisse haben gezeigt, dass die Zusammensetzung des …ls einen positiven Effekt auf den menschlichen Stoffwechsel hat.«
    »Das heißt?«
    »Dass wir dein antikes Serum zwar nicht vollständig, aber teilweise reproduzieren können und dass dieses Mittel Menschen mit Stoffwechselkrankheiten ein längeres Leben geben könnte. Vielleicht ist es sogar so gut, dass es diese Krankheiten heilt. Wer weiß? Das müssen wir noch erforschen, und es wird einige Jahre dauern. Auf jeden Fall handelt es sich um einen sehr interessanten und viel versprechenden Ansatz.«
    Diese Nachricht zauberte ein Lächeln in Karens Gesicht.
    Sie hatte es geschafft.
    Ihre Stimme klang ruhig und zufrieden. »Du bereust also nicht, Universitätsressourcen für eine archäologische Untersuchung genutzt zu haben?«
    »Bist du verrückt? Mit diesem Medikament bekomme ich in zehn Jahren den Nobelpreis«, flachste Kay.
    Sie musste lachen. »Na, dann forsch mal schön weiter. Und wenn du Post aus Stockholm bekommst, sag mir bitte Bescheid.«
    »Klar. Du bist die Erste, die davon erfährt.«
    Sie redeten noch kurz über Marion und Johanna, dann beendeten sie das Gespräch.
    Karen griff unbewusst nach ihrer Maat-Kette und war mit ihren Gedanken in Ägypten, in Luxor. Sie saß am Nil mit dem Blick nach Westen und betrachtete das blaue Wasser des Flusses, das grüne Ufer und den rötlichbraunen Steinfelsen im Hintergrund. Sie spürte die trockene Hitze Nordafrikas auf ihrer Haut. Doch dann hörte sie ein lautes Grummeln und Donnern, das ein nahes Gewitter aus Südwesten ankündigte. Das dunkle Donnern brachte sie wieder
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