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Das War Ich Nicht

Das War Ich Nicht

Titel: Das War Ich Nicht
Autoren: Kristof Magnusson
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Urbanski gab immer noch Vollgas, doch ich hatte das Gefühl, dass wir kaum voran kamen, so sehr sie sich auch nach vorne lehnte, als könnte sie das Auto zusätzlich beschleunigen, indem sie mit beiden Händen auf das Lenkrad drückte.
    Da saß ich nun auf einer dreisitzigen Vorderbank, Meike Urbanski links,Jasper rechts. Sie zündete sich eine Zigarette an und gab auch Jasper eine, an mir vorbei, mit einer Geste, die größer und schnörkelhafter war, als die Handlung es erfordert hätte.
    »Geschafft«, sagte sie »Sie haben uns nicht geschnappt.« »Noch mal Glück gehabt«, sagte Jasper. »Da wimmelt es doch von Polizisten!«
    Ich hatte in den ganzen Stunden am Flughafen keinen einzigen Polizisten gesehen, sagte aber nichts, während wir auf die Autobahn fuhren, alle drei auf die Straße starrend, wie Handwerker auf dem alltäglichen Weg zu einer Baustelle. Der Business-Boy und ich, Schulter an Schulter im Auto dieser verrückten Urbanski, der ich auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und sagte:
    »Herr Lüdemann, ich habe Sie gewarnt.«
    »Sie kennen Jasper?«, sagte die Urbanski.
    »Er ist mein Bankberater.«
    »Bankberater? Ich hoffe, er hat Sie besser beraten als seine eigene Bank.«
    »Das hat er nicht. Ich bin ruiniert. Finanziell. Und künstlerisch bin ich auch am Ende, ich werde nie wieder schreiben. Keine einzige Zeile.«
    »Sie wollten ja unbedingt, dass ich Sie berate«, sagte Jasper. »Ja, ich wollte das«, sagte ich. »Ich wollte Sie, weil Sie mir professionell erschienen. Und sympathisch auch, ich gebe es zu. Ich konnte ja nicht wissen, dass Sie zu unseren Verabredungen nicht erscheinen.«
    »Was für Verabredungen?«, fragte Meike. »Rein beruflich«, sagte ich.
    »Ich hatte eben zu tun«, sagte Jasper.
    »Ach, halten Sie Ihre Arbeitsbesprechungen jetzt im Palmenhaus im Lincoln Park ab? Mit irgendwelchen Frauen, die aus den Farnen kommen?«
    »Sind Sie mir hinterher gelaufen?«
    »Natürlich bin ich das. Ich wollte ja was von Ihnen. Mit Ihnen. Über Geldanlage sprechen.«
    »Das im Palmenhaus war wichtiger«, sagte Jasper. »Das im Palmenhaus war eine Frechheit!«, sagte ich.
    »Was stellen Sie sich eigentlich so an, Sie haben mich doch auch versetzt«, sagte die Urbanski.
    So ging das nicht. Ich konnte Jasper nicht zur Rede stellen, wenn sie sich dauernd einmischte. Ich überlegte, ob die Urbanski Jasper absichtlich eingeladen hatte, um mich zu demütigen. Ich wusste zwar nicht, wie sie das hätte hinbekommen sollen, aber eine meisterhafte Rache wäre es gewesen.
    »Sie sind doch auch nicht zu unserer Verabredung im Caribau gekommen«, sagte sie.
    »Na ja«, sagte ich, und die Urbanski beugte sich nach vorne, sodass sie an mir vorbei Jasper ansehen konnte:
    »Und dann hat Mr. LaMarck mich aus seinem Hotelzimmer geschmissen. «
    »Rausgeschmissen? Ich habe die nicht einmal hereingelassen«, sagte ich, nun auch Jasper zugewandt. »Und wollen Sie wissen, warum? Weil die meine Romane auseinanderrupft und nach Fehlern durchsucht.«
    »Muss sie das nicht? Sie ist doch ihre Übersetzerin«, sagte Jasper.
    »Was ... was machen Sie überhaupt hier?«, fragte ich. »Meike versteckt mich.«
    »Wir haben u ns kennengelernt«, sagte Meike.
    »Einfach so?«
    »Durch Sie, um genau zu sein. Jasper ist ein Fan von Ihnen, und ich ... «
    »Sie müssen mich auch verstecken. Nur ein paar Wochen. Dann erscheint das Taschenbuch von Windeseile, und ich habe wieder Geld, aber bis dahin müssen Sie mich ... muss ich Sie leider darum bitten, bei Ihnen wohnen zu dürfen.« Ich war heilfroh, dass ich die Kurve vom Befehl zur höflichen Bitte noch gekriegt hatte, schließlich war ich auf diese Menschen angewiesen. Was galt ich denn noch, jetzt, wo ich herausposaunt hatte, dass ich pleite war und nie wieder schreiben würde?
    Meike und Jasper rauchten schweigend weiter. Gelegentlich segelte ein Ascheflöckchen auf mein Knie, weil der Aschenbecher, den sie beide benutzten, direkt vor mir war. Meike Urbanski war die Frau aus den Farnen. Natürlich. Sie hatten sich getroffen, meine Übersetzerin und mein Bankberater. Auf der Graham-Santos-Bank, wie ein kleiner Fanclub.
    »Da hinten«, sagte Meike. Jasper fuhr herum, genau wie ich. Blaulicht.
    »Keine Panik«, sagte Meike. »Scheißkarre.«
    »Sobald sie uns anhalten, kurz bevor wir zum Stehen kommen, springe ich raus«, sagte Jasper. »Sie lenken die Polizei ab, bitte«, sagte er und fasst mir an die Schulter. »Ihnen fällt doch sicher
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