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Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Titel: Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte
Autoren: Tommy Krappweis
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unruhigen Schlaf. In meinem Traum befahl ich meinem Vater, mit dem Bus dem Verlauf eines Flusses zu folgen und dann kalkuliert einen Wasserfall hinabzustürzen, um die Bucht dort unten zu erreichen, und gab schließlich meiner gesamten Familie Anweisungen, wie das Zelt aufzubauen war. Dann fuhr ich mit dem Fahrrad davon, um ein Bergzeitfahren zum Mond zu gewinnen. Ohne Sauerstoffflasche …
    Ich erwachte von einem dumpfen Stöhnen. Irgendwer raschelte sich stolpernd an der Wand des Zeltes vorbei und brabbelte dabei wirres Zeug vor sich hin. Als ich meinen Kopf hob, drehte sich alles. Trotzdem schob ich meine Rübe halbwegs unfallfrei aus dem Innenzelt. Da ratschte auch schon der Reißverschluss, und Torsten kam ins Zelt gestolpert. Oder zumindest sah er Torsten recht ähnlich, so von der Statur her und von der Haarfarbe. Der Rest war einfach nur rot.
    Schon ließ er sich wie in Zeitlupe vor meinem trüben Blick auf die Luftmatratze fallen, und sein erleichtertes Stöhnen ob der zu erwartenden weichen Landung hallte in meinem Brummschädel wider, als hätte er in eine Kathedrale gehustet. Bevor ich so etwas wie »Nein, warte, da ist keine Luft drin, und du wirst dir sehr weh tun, wenn du jetzt gleich aufschlägst, aber du sollst vorher wissen, dass ich alles Mögliche versucht habe, und ich wünschte mir nun doch, ich hätte einen Stöpsel geschnitzt, au weia, ich prognostiziere große Schmerzen in Rücken, Ellbogen und Hinterkopf!« sagen konnte, war Torsten auch schon aufgeschlagen.
    Hilflos starrte ich auf meinen Freund, der sich im Halbdunkeln des sommerlichen Abends schmerzhaft auf dem Zeltboden krümmte. »… ah … aua! … Warum?«, stammelte er und rang nach der Luft, die ihm der unerwartet harte Aufprall genommen hatte.
    Ich nahm alle meine Sinne zusammen, entschuldigte mich wortreich bei ihm, erklärte ihm, so gut ich vermochte, was genau passiert war, dass es mir leidtat, dass ich wirklich gesucht hatte, wo ich genau gesucht hatte, was ich unternommen hatte und …
    Nun, zumindest dachte ich, dass ich das erklärte. Als ich schließlich aufhörte, zusammenhanglose Wortfetzen zu brummeln, während mir unkontrollierter Speichel aus dem Mundwinkel rann, hätte Torsten klarwerden können, dass es mir nicht sonderlich gutging. Allerdings hätte das vorausgesetzt, dass es ihm auch nur einen Deut bessergegangen wäre. Und das war nicht der Fall. Ich glaube, ihm ging es sogar noch einen ganzen Doppeldeut schlechter.

    Der Fall war nämlich wie folgt: Dieser Tag, an dem Torsten seine Tour zu Ralf gemacht hatte und ich stundenlang schuldbewusst durchs Gras getippelt war … dieser Tag war der heißeste, wolkenloseste Tag seit mehreren Jahren. Im Ernst. Die besondere Hitze dieses Tages war den Fernsehnachrichten eine Erwähnung jenseits der Wetterkarte wert, und das zu der Zeit, bevor die n-TVs und Euronewses dieser Welt jede Pfütze filmten, um daraus die nächste Flutkatastrophe hervorzuberichten. Und just diese Jahrzehnt-Sonne hatte ungehindert heruntergebrannt auf die zwei Grottenolme aus dem Bandproberaum.
    Folglich knickte auch Torsten trotz Prellungen an Steiß, Kopf und Ellbogen einfach zur Seite und schlief einen tiefen Schlaf. Ich lag neben ihm mit dem Kopf halb aus der Koje und war schon vor ihm wieder weggetreten.
    Filmriss.

Tottis Tag
    A ls ich erwachte, hatte ich einen Abdruck vom Reißverschluss am Hals wie das Mal des Gehenkten, und ich war über und über von Mückenstichen zerbombt. Geschah mir nur recht, sag ich jetzt einmal, obwohl ich mir da gar nicht so sicher bin. Aber es macht mich vielleicht ein wenig sympathischer – als wäre das jetzt kurz vor Ende des Buches noch einen Versuch wert.
    Torsten und ich hatten uns also beide einen dermaßen umfassenden Sonnenstich eingefahren, dass wir kaum in der Lage waren, die hundert Meter zum Klo unfallfrei zu bewältigen. Für die anderen Camper muss es so ausgesehen haben, als seien wir am dritten Tag unseres Urlaubs schon blauer als der bayrische Himmel. Aber das kann ich nur mutmaßen, denn wir waren beide zu sehr damit beschäftigt, in die richtige der beiden Türen zu treten, um uns dann für die richtigen Kloschüsseln zu entscheiden und nicht etwa für ihre geisterhaften Zwillinge direkt daneben, was aus vielerlei Gründen fatal gewesen wäre. Vielleicht haben wir aber auch danebengedonnert, ich weiß es einfach nicht mehr, und das ist sicher gut so.
    Als wir schließlich wieder in unserem Zelt angelangt waren und sogar den Eingang
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