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Das Vortex Fiasko

Das Vortex Fiasko

Titel: Das Vortex Fiasko
Autoren: Jon Land
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letzten der dort eingeschlossenen Kinder auftauchte, ohne auch nur einmal zu zögern oder über die Risiken nachzudenken.
    Der Fotograf einer Presseagentur schoß während der Rettungsaktion einen ganzen Film von Fotos, manche davon Nahaufnahmen, die den seltsam ruhigen Ausdruck von Banes Gesicht zeigten, wie er in das Gebäude hineinlief und wieder herauskam. Das, so bemerkte der Reporter in einer Fotounterschrift, war das Werk eines wahren Helden. Es wären vielleicht die dramatischsten Bilder des Krieges geworden, wenn man ihre Veröffentlichung genehmigt hätte. Der Geheimdienst der Armee und das Pentagon konnten nicht dulden, daß das Gesicht ihrer persönlichen Mordmaschine die Titelseiten einer jeden Tageszeitung der Vereinigten Staaten schmückte. Zufälligerweise erwies sich der Film als fehlerhaft; die Bilder wurden zu formlosen Flecken entwickelt. Der Fotograf konnte nur die Achseln zucken. Der Mann im Fotolabor lächelte und schickte sich noch einmal an, den Stapel Geldnoten zu zählen, den sein ungewöhnlicher Auftrag ihm eingebracht hatte.
    Der Wintermann blieb in den Schatten.
    Und nun fuhr Joshua Bane an einem verblichenen, sich allmählich auflösenden Schild vorbei, das über einer gleichermaßen abgeblätterten Gebäudefassade ruhte: King Congs Sporthalle. Er bot auf der Suche nach einem Parkplatz von der 140. Straße ab. Zu dieser Abendstunde waren Parkplätze in Harlem rar, doch Bane kannte eine Gegend, wo man immer ein paar finden konnte. Die Autos, die Kings Kunden gehörten, wurden niemals beschädigt, und Bane war schon oft und lange genug von verborgenen Blicken gemustert worden, um zu wissen, daß dies auch für das seine galt.
    Er parkte seinen schmucklosen und praktischen Cressida vor einer getäfelten Ladenfront zwei Blocks von der Sporthalle entfernt. Der Gedanke, in völliger Dunkelheit durch einen nicht so freundlichen Teil Harlems gehen zu müssen, ließ ihn nicht im geringsten zögern oder nachdenken. Er war schon aus dem Wagen und ein paar Meter gegangen, bevor die offene Feindseligkeit der Gegend auf ihn einstürmte.
    Fünfzehn Meter und ein ausgebranntes Gebäude weiter bemerkte er, daß er verfolgt wurde. Bane beschleunigte seine Schritte nicht, sondern verlangsamte sie, während er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufrichteten. Immer das Unerwartete, das war der Schlüssel, alles, um das Timing der gegnerischen Seite durcheinanderzubringen. Daß er seine Schritte verlangsamte, erhöhte seine Möglichkeiten, während es die des Verfolgers minderte.
    Immer langsamer schritt er über die schmutzigen Risse im Bürgersteig, doch sein Schatten blieb hinter ihm und hielt die Entfernung zwischen ihnen konstant auf zwölf, vielleicht fünfzehn Meter. Bane schwang sich schnell und gebückt herum, stellte fest, daß sich niemand hinter ihm befand und wandte sich wieder um. Sein Verfolger war gut, sehr gut. Nun waren die Vorteile auf seiner Seite. Bane hatte sich verraten, sein Überraschungselement aufgegeben und, was noch schlimmer war, die genaue Position seines Verfolgers verloren. Seine Ohren achteten auf jedes Geräusch in seiner Umgebung. Er vertraute seinen Augen nicht. Wenn man etwas sah, war es normalerweise schon zu spät, um noch etwas dagegen zu unternehmen.
    Bane verlangsamte seine Schritte zu einem Schleichen.
    Es war kein Amateur, der ihn verfolgte, kein Harlem-Schläger, keine Straßenratte. So einen hätte Bane in einem Augenblick ausfindig gemacht und ihn heulend zu Mama zurückgeschickt. Nein, das war ein echter Profi, jemand im Spiel und darüber hinaus ein verdammt guter Spieler. Zum ersten Mal bedauerte Bane, daß er keine Waffe trug. Sein Vertrauen in seine Hände war absolut, doch es gab Gelegenheiten, bei denen sich eins von Bannisters Wurfmessern oder eine kühle Browning sehr gut anfühlten.
    Sein Verfolger hatte fast zu ihm aufgeschlossen. Bane spürte ihn hinter sich, hatte aber keine Ahnung, wo genau sich der Mann befand. Banes Finger schlossen sich zur Faust, bereit, sich sofort wieder zu öffnen. Er glitt in die Schatten neben dem Lichtkegel einer Straßenlampe, sah das mitgenommene Schild von King Congs Sporthalle unmittelbar vor sich und entspannte sich einen kurzen Augenblick lang.
    Zu lang.
    Die gewaltige Gestalt erhob sich vor ihm aus der Dunkelheit und Luft und verharrte gerade lange genug, daß Bane erkannte, daß sie wieder verschwunden war. Dann schnellte ein muskulöser Arm zu seiner Kehle und hielt erst inne, als Bane gerade rechtzeitig den
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