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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht
Autoren: Ake Edwardson
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aber während er die Nummer wählte, hörte er schon die Sirenen von den Kollegen und von einem Krankenwagen.
    Daran dachte er jetzt, als sie zum zweiten Mal am Park-Hotel vorbeikamen. Hinter den Fenstern glitzerte es festlich, in der Bar, im Restaurant, Frauen bewegten sich im Licht. Bartram drehte den Kopf nach links.
    »Pass auf, dass du keine Genickstarre kriegst.«
    »Haha.«
    »Vielleicht ist es das wert.«
    »Man kann es ja ausgleichen, indem man zur anderen Seite guckt.«
    Morelius schaute in die andere Richtung, über die Avenyn. Vom Götaplatsen näherte sich eine Gruppe Jugendlicher. Eine von circa fünfzig, die freitags abends durchs Zentrum zogen. Auf der Avenyn bewegte sich eine eigentümliche Mischung aus eleganten Menschen fortgeschrittenen Alters, unzufriedenen Dreißigjährigen, denen die Midlifecrisis ins Gesicht geschrieben stand und verzweifelt wirkenden Heranwachsenden.
    Die, die am betrunkensten waren, suchten Kontakt, provozierten. Die Gruppe schickte immer den Kleinsten vor, wartete, ging dann zum Angriff über.
    Bartram sah jetzt nach rechts.
    »Guck mal, das blonde Mädchen in der Clique dahinten. Das ist doch die Tochter von der Pastorin.«
    »Ja. Maria Östergaard.«
    »Die hat sich aber schnell wieder erholt.«
    »Es ist doch schon eine Woche her. Ich hab ja gleich gesagt, dass es nicht so schlimm war.«
    »Aber dass sie sich schon wieder in der Stadt rumtreibt. Was sagt denn unsere Pastorin dazu?«
    »Du kannst sie ja selber fragen. Da kommt sie.«
    Und so war es. Hanne Östergaard kam schnell näher, sie lief fast, überquerte die Avenyn vom Theater her, und die beiden Polizeibeamten sahen sie bei der Gruppe Jugendlicher ankommen. Sie packte ihre Tochter am Arm. Morelius konnte ihre Stimmen hören, aber nicht verstehen, was sie sagten.
    »Jetzt kommst du mit mir nach Hause!«
    »Du hast nicht über mich zu bestimmen.«
    »Ich hab dich gebeten, heute Abend zu Hause zu bleiben.«
    »Du willst bloß, dass ich dauernd zu Hause sitze.« Das Mädchen zog seinen Arm zurück. »Lass mich los!« Sie sah die anderen an, die um sie herum standen.
    »Nur heute Abend!«, sagte Hanne Östergaard. Sie hatte den Jackenärmel ihrer Tochter losgelassen. »Ich habe solche Angst. Stell dir vor, es pass... wenn es wieder passiert.«
    »Es passiert nichts«, sagte das Mädchen. »Ich hab noch nicht mal ein Bier getrunken.« Sie atmete der Mutter ins Gesicht. »Oder riechst du Bier?«
    Hanne Östergaard fing an zu weinen. »Bitte, Maria, ich möchte nur, dass du jetzt mit mir nach Hause kommst. Ich mach mir so entsetzliche Sorgen.«
    »Es gibt keinen Grund, Mama. Ich bin mit meinen Freunden zusammen. Um eins bin ich zu Hause, wie ich es versprochen habe.«
    Hanne Östergaard sah das Mädchen, die Gruppe an und schaute dann über die Straße zu den beiden Polizisten. Sie machte eine Bewegung, als wollte sie zu ihnen hinüberstürmen und verlangen, dass sie eingriffen und das Mädchen nach Hause nach Örgryte brachten.
    Bitte, lass sie nicht hierher kommen, dachte Morelius. Aber wenn es schlimmer wird, müssen wir wohl rübergehen. Er hörte den Ruf. »NEIN.« Er sah, wie das Mädchen sich jäh umdrehte und den Boulevard hinunterlief. Ihre Freunde zögerten. Ein Junge lief ihr plötzlich nach. Er sah wie der Junge aus, der in der Notaufnahme im Krankenhaus gewartet hatte, an den Wänden entlanggeschlichen war. Die Gruppe zerstreute sich, verteilte sich auf dem breiten Gehweg, entfernte sich von der Frau, die allein zurückblieb.
    »Denkst du oft daran, wie es wird, Vater zu sein?« Er fühlte sich überrumpelt, wie bei einem Verhör mit einem Verdächtigen. Überrumpelt. Keine Zeit zum Nachdenken. »Natürlich«, sagte er. »Du lügst.«
    »Warum sollte ich das? Es wird das wichtigste Ereignis in meinem Leben, mal abgesehen von meiner eigenen Geburt.« Er sah sie an. Die zurückgestrichenen Haare, der leicht gerundete Bauch. »Und von dem Tag, als ich dich getroffen habe.«
    »Das war die richtige Antwort. Aber ich glaube trotzdem, dass du schon angefangen hast, dir Sorgen zu machen, was alles schief gehen könnte.«
    »Du täuschst dich, Angela. Ich bin Optimist, das weißt du doch.«
    Sie brach in Lachen aus.
    »In diesem Fall bin ich zumindest einer«, sagte er.
    »Ich glaub, du denkst schon darüber nach, wie es wird, wenn... wenn unser Kind in die Pubertät kommt und sich mit der Clique auf der Avenyn rumtreibt.«
    »Hör doch auf!«
    »Ist es nicht so? Klar ist das so!«
    »Bis dahin gibt es keine Avenyn
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