Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
Morelius sah seinem Gesicht an, dass das Mädchen lebte.
    Ein Junge, noch ziemlich jung, tigerte nervös im Wartezimmer herum. Vielleicht war er auch dabei gewesen vorm Focus. Morelius kam er bekannt vor. Wie hatte er es so schnell hierher geschafft?
    »Alkohol in einem jungen Körper, tja... das ist keine gute Kombination«, sagte der Arzt.
    »Wie geht's ihr?«
    »Den Umständen entsprechend gut, wie man so sagt. Sie muss aber über Nacht hier bleiben.« »Dann war der Alkohol also... in Ordnung?«, fragte Bartram. Der Arzt warf ihm einen merkwürdigen Blick zu. »Sie meinen, es war Selbstgebrannter? Ist so was jemals in Ordnung?«
    »Sie werden ja verdammt noch mal verstehen, wie ich das gemeint hab?!«
    Der Arzt sah ihn an.
    »Es gibt keinen Grund, so aufzubrausen«, sagte er. Er strich über seinen Kittel, als ob er Bartrams Fluch wegwischen wollte. »Nicht den geringsten.«
    »Entschuldigung«, sagte Bartram. »Wir nehmen eben Anteil an diesem Mädchen. Manche Polizisten sind so.«
    »Wir möchten nur wissen, ob es noch... andere Folgen gibt... als die üblichen... falls der Schnaps doch gefährlicher war als er normalerweise ist«, sagte Morelius.
    Der Arzt sah sie zweifelnd an, als glaubte er, sie wollten ihn auf den Arm nehmen.
    »Im Augenblick scheint alles normal zu sein«, sagte er. »Aber hier überlassen wir nichts dem Zufall. Sind übrigens die Angehörigen benachrichtigt?«
    »Ja«, sagte Morelius. »Die Mutter muss jeden Augenblick kommen.«
    »Jaa... na dann«, sagte der Arzt und wollte gehen. »Vielen Dank, Doktor«, sagte Bartram. Sie sahen ihn durch die Schwingtüren verschwinden.
    »Arroganter Kerl«, brummte Bartram.
    »Er scheint dasselbe von dir zu denken.«
    Bartram murmelte etwas Unverständliches und sah seinen Kollegen an. Es war kurz nach elf, und Morelius' Gesicht war fleckig von dem grellen Licht im Wartezimmer.
    »Es ist also die Tochter von der Pastorin. Bist du da sicher? Hanne Östergaard? Die unsere gemarterten Seelen heilt?«
    »Das ist kein Grund, so ironisch zu werden.« Morelius hielt die Brieftasche des Mädchens in der Hand. Er hatte ihren Ausweis studiert. »Maria Östergaard. Eine Straße in Örgryte. Unsere Polizeipastorin heißt Hanne Östergaard, wohnt in Örgryte, und sie hat eine Tochter mit Namen Maria.«
    »Woher weißt du das eigentlich alles?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Nein, nein.«
    »Ganz sicher bin ich übrigens nicht.« In dem Moment kam eine Frau zur Tür hereingestürzt. »Oder doch«, sagte Morelius und ging auf Hanne Östergaard zu.
    »Wo ist Maria?«, sagte sie. »Wo ist sie, Simon?« »Immer noch im Untersuchungsraum oder wie das heißt«, sagte Morelius. »Aber es scheint alles in Ordnung zu sein.«
    »In Ordnung? Alles scheint in Ordnung zu sein?« Hanne Östergaard sah aus, als würde sie gleich anfangen zu lachen. »Kann mir einer zeigen, wo sie ist?«
    Eine Krankenschwester war durch die Schwingtüren gekommen, und Hanne Östergaard folgte ihr ins Untersuchungszimmer.
    Der Junge, der im Hintergrund auf und ab gegangen war, ging ihr hinterher. Er sah sich noch einmal um und verschwand im Korridor.
    »Na, so was«, sagte Bartram. »Und sie kannte sogar deinen Namen.« Morelius antwortete nicht.
    »Nicht mal Pastoren bleiben verschont«, sagte Bartram.
    »Von was?«
    »Davon, dass nahe und liebe Angehörige in aufrüttelnde Erlebnisse verwickelt werden. Aber du hast wohl keine Kinder?«
    »Die Antwort ist nein. Aber diese Geschichte scheint ja ein glückliches Ende zu nehmen.« »Und das haben sie uns zu verdanken.«
    »Och. Nur ein Gör, das zu viel getrunken hat und kotzen musste. Vermutlich wäre sie nach einer Weile von selbst wieder zur Besinnung gekommen, und jemand aus ihrer Clique hätte sie nach Hause gebracht. Happens all the time. Ist dir das noch nie passiert?«
    »Mir? Soweit ich mich erinnern kann, nicht.« »Das hat vielleicht nicht viel zu sagen.« »Wollen wir fahren?«, fragte Bartram.
    Sie fuhren in Richtung Zentrum, an Chalmers und dem Vasa-Krankenhaus vorbei. Der Regen war stärker geworden. Das Licht der Straßenbeleuchtung wirkte jetzt schwächer, wie in Nacht gehüllt. Bartram hielt bei Rot. Zwei Frauen gingen über die Straße, aber diesmal drehte sich keine der beiden nach ihnen um und lächelte. Morelius stellte die Frequenz neu ein. Sie lauschten den wenigen Funkrufen. Ein verwirrter alter Mann, vor ein paar Stunden in Änggarden verschwunden, war wieder aufgetaucht. Eine lautstarke Auseinandersetzung in einer Wohnung
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher