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Das vertauschte Gesicht

Das vertauschte Gesicht

Titel: Das vertauschte Gesicht
Autoren: Ake Edwardson
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waren aus Ziegel, vielleicht rot. Drei oder vier Stockwerke.
    »Er wohnt im zweiten Stock«, sagte Ringmar.
    Die Haustür war offen, mit einer Kette an der Wand befestigt. Als sie das Haus betraten, kam ein Mann mit einer Kiste aus dem Keller. Er nickte ihnen zu und löste die Kette von der Wand.
    Niemand öffnete, als sie auf die Klingel neben Morelius' Tür drückten. Der Name stand in weißen Buchstaben auf schwarzem Filz auf der Briefeinwurfklappe. Winter klingelte wieder und hörte die Signale drinnen widerhallen, aber er hörte keine Schritte, keine Stimmen. Er rief durch die Tür, lauschte. Er zog seine Waffe und schoss in die Tür in Höhe des Schlosses.

56
    Winter griff durch das Loch nach der Klinke. Es gab keinen Riegel.
    Er schob die Tür auf. Sein Gehirn war jetzt wie losgelöst von seinen Bewegungen, alles war Instinkt, wie bei einem Tier. Kordit brannte in seiner Nase. Er bereute nichts.
    Auf dem Fußboden lag Post, ein Kuvert, eine Zeitung.
    Die Wohnung wurde von den Lichtern der Schnellstraße und den Straßenlaternen des Wohnviertels erhellt. Es war still. Keine Gitarren, kein Schlagzeug, kein Fauchen.
    Keine Angela. Sie gingen von Zimmer zu Zimmer. Alles war aufgeräumt, sehr ordentlich. Die Spüle war sauber und glänzte im Licht vom Küchenfenster. Nichts auf dem Tisch.
    Im Schlafzimmer lagen zwei Sexmagazine auf dem Nachttisch, daneben ein Wecker. Aktuell Rapport. Im Wohnzimmer war ein Regal voller Taschenbücher, ein Sofa aus imitiertem Leder, zwei Sessel, die einem großen Fernseher zugewandt waren. Ordentlich. Alles unter Kontrolle.
    »Tja«, sagte Ringmar und sah sich zerknirscht um. Dann sah er Winter an.
    Winter spürte, wie es in seinem Gesicht zu zucken begann, wie die Anspannung und der Schock an ihm zerrten. Ringmars zerknirschtes Gesicht. Die leere Wohnung. Der Schuss. Das Gefühl von Verwirrung, Enttäuschung und unendlicher Erleichterung. Unendlicher Erleichterung. In ihm zuckte es, er zitterte, in ihm stieg etwas auf, wollte heraus, es konnte Weinen oder Lachen sein, das Lachen kam zuerst, wahnsinnig und laut: Du solltest dein Gesicht sehen, Bertil. Er sah, wie Bertil einen Schritt auf ihn zumachte, wie ein Pfleger, und er bekam noch einen Anfall, und dann war es vorbei, er hob die Hand, die nicht die Waffe hielt, und sagte »Lass uns fahren, Bertil« und ging hinaus durch den Flur. Winter gab den beiden Polizisten aus Frölunda Instruktionen, es waren ein Mann und eine Frau.
    »Wie geht es dir, Erik?«, fragte Bertil, als sie wieder im Wagen saßen.
    »Besser«, sagte er und nahm die Abfahrt Järnbrott.
    »Wohin fahren wir?«
    »Zu Elfvegrens.«
    »Es ist bald zwölf.«
    Winter gab keine Antwort, er suchte in den kleinen Straßen nach dem richtigen Haus. Die kleinen Villen sahen alle gleich aus. Es war, als führen sie durch eine andere Zeit, die fünfziger Jahre. Kleine Villen, große Gärten.
    Elfvegrens Haus war dunkel. Winter klingelte. Bertil stand hinter ihm, abwartend, als hätte er Angst, Winter würde wieder die Schusswaffe ziehen.
    Die Tür wurde nicht geöffnet, es wurde kein Licht gemacht. Winter hämmerte gegen die Tür, drehte sich dann um und ging die Treppe halb hinunter.
    »Hier ist sie jedenfalls nicht«, sagte er, und Ringmar verstand, wen er meinte.
    Sie fuhren am Radiotorget vorbei. Winters Handy klingelte. »Ja?«
    »Sie haben nach Morelius gesucht... in Lorensberg...« Die Verbindung wurde schwächer, drohte abzureißen und war dann wieder da.
    »Ich höre«, sagte Winter, »habt ihr ihn gefunden?«
    »Er ist hier im Revier«, sagte der Dienststellenleiter in Lorensberg, mit dem Winter vorher schon gesprochen hatte. »Er ist mit Ivarsson gekommen, der hat ihn in der Stadt getroffen. Er ist ja nicht im Die... «
    »Sorgen Sie dafür, dass er dort bleibt«, sagte Winter.
    »Das ist kein Problem. Er wollte Sie sprechen, hat er gesagt.«
    Morelius saß im Fernsehzimmer und stand auf, als sie hereinkamen. Er trug Jeans, eine schwarze Lederjacke und schwarze Boots.
    »Vielleicht kann ich euch helfen«, sagte er. »Ich weiß nicht.« Er sah Winter an, als ob er sagen wollte, dir helfen. Winter gab keine Antwort. Vor einer Stunde war er bereit gewesen... Jetzt konnte er ihn packen, eine Antwort verlangen. »Ich verstehe, dass es eilig ist«, sagte Morelius und ging auf die Spüle zu.
    »Wohin willst du?«, fragte Ringmar.
    »Was ist?« Morelius sah sie an, erst Ringmar, dann Winter. In seinem Gesicht geschah etwas, er begriff. »Aber zum Teufel, ihr glaubt doch
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