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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane
Autoren: Cecilia Grant
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Viscount, der lediglich fünfzig verloren hatte. Will machte sich nicht die Mühe zu antworten.
    Miss Slaughter sah ihn an. Ausdruckslos zwar, aber ihr Blick war auf ihn gerichtet. Sie nahm Roanokes Gewinn auf und zählte einige Scheine ab, dann blickte sie wieder auf. Will brauchte nicht zu zählen. Er wusste – er spürte in Mark und Bein –, dass es genau einhundertachtzig Pfund waren.
    Den beträchtlichen Rest legte sie zu Roanokes Gewinn. Den Blick immer noch auf ihn gerichtet faltete sie seine Verluste, einmal, zweimal, und steckte sie sich seelenruhig in den Ausschnitt. Dann wandte sie sich interessanteren Dingen zu und studierte ihre neuen Karten.

2
    Edward war zum Reden aufgelegt. Zur Hölle mit ihm. Warum konnte er sich nicht umdrehen und einschlafen, wie es sich für Männer gehörte? Aber natürlich hatte er sich am Kartentisch ausgeschlafen. Wahrscheinlich hätte sie das Doppelte von seinen Gewinnen abzwacken können, ohne dass er etwas gemerkt hätte.
    »Was hältst du von einer kleinen Gesellschaft in Chiswell?« Er lag auf dem Rücken und betrachtete im Kerzenlicht seine Fingernägel.
    »Im März?« Das Bett roch nach hemmungsloser Fleischeslust. Jeder Atemzug erinnerte sie eindringlich an ihre kopflose Gier, ihre Maßlosigkeit. Vor fünf Minuten hatte sie unbändig nach ihm gehungert. Jetzt fühlte sie sich übersättigt, so als hätte sie Unmengen von Pudding auf einmal verschlungen und bereute es nun. Das nächste Mal würde sie es besser wissen, wenn sie sich an dieses ungute Gefühl erinnerte.
    Nein, das würde sie nicht. In den letzten sechs Monaten hatte sie es jedenfalls nie geschafft.
    »Nächsten Monat, dachte ich. Nach den Osterfeiertagen. Wenn das Parlament nicht mehr tagt und die Leute sich langweilen. Im April wird hoffentlich auch das Wetter besser sein. Der Winter war verdammt kalt. Und lang. Entsetzlich lang. Und kalt.«
    Wenn er doch nur schweigen würde! Wenn sie ihn ansah, seine haselnussbraunen Augen und die elegante Geometrie von Wangen und Kinn, konnte sie sich leicht vorstellen, er sei ein gebildeter Mann. Ein anregender Gesprächspartner, nachdenklich, neugierig, das Gehirn unter dem modischen Caesar-Schnitt immer am Arbeiten.
    Wenn er sprach, war er ein beschämendes, böse zugerichtetes Andenken an ihre Pudding-Orgie, und sie wünschte sich von ganzem Herzen, dass irgendein Diener kommen und aufwischen würde.
    »Das wird bestimmt ganz bezaubernd.« Lydia gähnte mit vorgehaltener Hand. Vielleicht konnte sie ihn anstecken, sodass er schneller müde wurde.
    »Ganz bestimmt.« Nachdem die eine Hand offenbar für passabel befunden worden war, betrachtete er nun die Nägel der anderen. »Nur müsste ich vermutlich für Unterhaltung im Haus sorgen, falls dieses Wetter anhält.«
    »Vermutlich. Soll ich die Kerze ausmachen?«
    »Nicht nötig, das mache ich gleich.« Keine Chance. Solange er in ihrem Bett lag, war an Schlaf nicht zu denken, und bis er endlich die Augen schloss und das Bewusstsein verlor, würde sie sich nicht einmal ausruhen können. »Was soll ich mir für die Damen einfallen lassen, was meinst du?« Er ließ die Hand sinken und sah sie an. »Zur Unterhaltung meine ich. Was ist denn gerade in Mode?«
    Woher zum Teufel soll ich das wissen? Meine letzte Gesellschaft war in einem früheren Leben.
Sie biss sich auf die Zunge. »Spiele sind immer beliebt. Bogenschießen, wenn das Wetter mitspielt. Vielleicht einige dieser Spiele mit Augenbinden und Küssen und so weiter.« Wie neu, wie aufregend ihr solche Spiele einst erschienen waren! Beim Versteckspiel hatte sie sich in der dunklen Orangerie ihres Vaters zum ersten Mal von Arthur berühren lassen. Mit jedem Atemzug hatten sie den Duft von Zitrusfrüchten und feuchter Blumenerde eingesogen, und jede behutsame Bewegung ihrer Hände und Lippen und Kleider war schweigend geschehen, damit sie sich nicht verrieten.
    Vermutlich konnte sie den Anfang ihres Falls auf genau jenen Tag datieren, falls sie sich auch nur eine Minute lang mit dem Hergang ihres Falls befassen wollte. Oder auch nur einen Gedanken an Arthur verschwenden.
    »Es kommt natürlich auf die Gäste an. Für Damen wie die, die heute Abend anwesend waren, wären solche Spiele vielleicht eine nette Kuriosität. Aber wenn du an respektablere Damen gedacht hast …«
    »Um Himmels willen, nein!« Er lachte, als hätte sie etwas sehr Abwegiges gesagt. »Ich bin sechsundzwanzig, Lydia. Ich habe noch Jahre Zeit, bis ich an respektable Damen denken
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