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Das Versprechen der Kurtisane

Das Versprechen der Kurtisane

Titel: Das Versprechen der Kurtisane
Autoren: Cecilia Grant
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Bis jetzt hatte er Miss Slaughter noch nicht einmal sprechen hören; wer sagte ihm, dass sie sich nicht als hohlköpfige Kratzbürste entpuppen würde?
    Das wäre ihm gar nicht so unlieb. Dann würde sie ihn weniger ablenken.
    Was auch immer die beiden so sehr beschäftigt hatte, dass sie das Abendessen verpasst hatten, war offenbar beendet, als das Kartenspiel weiterging. Roanoke setzte sich an den Vingt-et-un-Tisch, und diesmal setzte sich seine Geliebte auf seinen Schoß. Von der konzentrierten Haltung, die sie beim Whist an den Tag gelegt hatte, war nichts mehr zu erkennen; sie lehnte sich zurück, legte den Kopf an seine Schulter und sah dem Spiel unbeteiligt unter halb geschlossenen Lidern hervor zu. Alles an ihr erinnerte an eine Löwin, die sich soeben mit fetter Beute vollgefressen hatte und mindestens eine Woche lang nicht mehr an Nahrung oder an überhaupt irgendetwas zu denken brauchte.
    Will wandte den Blick von ihr ab. Er hatte hier etwas zu tun, eine Mission. Er hatte einen Plan, für den er dreitausend Pfund benötigte, und so, wie es um seine Konzentration bestellt war, standen die Chancen weiß Gott schlecht.
    Es wurde drei Uhr, dann vier – Cathcarts reich verzierte Taschenuhr lag zwischen ihnen, da es im Raum keine Uhren gab – und er hatte fast zweihundert Pfund eingespielt. Die Männer machten ihre Einsätze unaufmerksam, manche dösten sogar ein und mussten geweckt werden, wenn sie an der Reihe waren. Wer hier einen kühlen Kopf bewahrte, konnte mit der Zeit recht gut dastehen.
    Der Viscount stieß ihm den Ellbogen in die Rippen und nickte in die Richtung, in die Will ganz entschlossen
nicht
geblickt hatte. Roanokes Kopf war nach links gesunken. Seine Brust hob und senkte sich schläfrig. Miss Slaughter lehnte noch immer an seiner rechten Schulter. Sie hatte sich seiner Karten bemächtigt und betrachtete sie mit mildem Interesse. Er kam nicht umhin, zu bemerken, dass sie noch immer keine Handschuhe trug. Vielleicht lagen sie immer noch in der Bibliothek auf dem Boden. Bei dem Gedanken daran lief ihm eine wenig hilfreiche Gänsehaut über den Rücken.
    »Sie spielt?« Den ganzen Abend hatte sich noch keine Dame an den Spieltisch gesetzt.
    »Das habe ich auch noch nie gesehen.« Cathcart kam schon wesentlich länger hierher und musste es wissen. »Doch es sieht ganz so aus, als hätte sie die Absicht, nicht wahr?«
    Und tatsächlich machte sie keine Anstalten, Roanoke zu wecken, als die Reihe an ihn kam. Ohne auch nur das geringste Zögern nahm sie fünfzig Pfund aus seinem Vorrat, erhöhte den Einsatz und sah den Geber auffordernd an.
    Die Karte landete vor ihr und sie schielte unter eine Ecke. »Stehen«, sagte sie.
    Der Klang ihrer Stimme versetzte Wills ganzen Körper in Schwingung. Selbst einem so kurzem Wort verlieh sie Charakter. So dosiert konnte man sie genießen, diese Stimme. Eine süße Kostprobe, wie ein ganz kleines Glas Likör. Von größeren Mengen konnte man gewiss trunken werden. In einem Überfluss konnte man baden. Sie hatte bereits einen Platz in seinen Träumen reserviert; jetzt wusste er auch, dass sie dort sprechen würde. Unaufhörlich.
    Vingt-et-un würde sie jedoch nicht spielen. Leider stellte sie sich als wenig geschickt darin heraus. Sie kaute auf der Unterlippe, während sie die Karten betrachtete, spielte wechselhaft und überkaufte sich in drei von fünf Runden, bis das Schicksal endlich Mitleid mit ihr bekam und sie mit einem Ass und einer Zehn segnete, und der Bank. Sorgfältig strich sie die Karten ein und schob sie durcheinander, um die aufgedeckten Blätter schon vor dem Mischen zu trennen, als könne sie mit der akribischen Ausübung dieser neuen Pflicht wettmachen, was ihr an taktischem Geschick abging. Sie mischte, ließ ihren Nachbarn abheben, und teilte aus.
    Und Will begann zu verlieren. Er kaufte bei einer Hand von zwölf, und ein König brach ihm das Genick. Er blieb bei neunzehn stehen, und sie hatte zwanzig. Selbst als er sich klopfenden Herzens bis zur Einundzwanzig vorangetastet hatte, Acht-Sieben-Zwei-Vier, deckte sie ein Ass und zwei Fünfen auf – und gewann dank des Bankvorteils. Fünfmal hintereinander gab sie und schlug ihn jedes Mal, bis ein älterer Kerl mit zwei Karten einundzwanzig hinlegte und sie endlich ablöste.
    So schmeckte der Ruin. Wie ein Mund voll Asche, oder voller Sägespäne. In weniger als einer halben Stunde war sein Gewinn von zweihundert Pfund auf zwanzig zusammengeschrumpft. »Einfach Pech, Blackshear«, murmelte der
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