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Das Vermächtnis von Thrandor - Das Schwert aus dem Feuer

Das Vermächtnis von Thrandor - Das Schwert aus dem Feuer

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Das Schwert aus dem Feuer
Autoren: Mark Robson
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trockenen Text gekämpft hatte, der den Friedensvertrag von Kortag in scheinbar endlosen Details schilderte.
    »Glaub mir, Calvyn«, hatte Perdimonn mit einem geduldigen
Lächeln geantwortet. »Das ist ein notwendiger Teil deiner Ausbildung. Du musst erst laufen lernen, bevor du zu rennen versuchst, oder es geschieht ein Unglück.«
    Calvyn hatte schicksalsergeben geseufzt. Er war aufgestanden, zum Wagen gegangen, hatte das Buch in die dafür vorgesehene Kiste gepackt und war in Gedanken versunken zum Lagerfeuer zurückgekehrt. Perdimonn hatte ihm zugesehen und sich im Stillen über den Unwillen des Jungen amüsiert. Er konnte sich an eine Zeit erinnern, als er selbst vor Unruhe zergangen war, weil seine Ausbildung scheinbar im Schneckentempo voranschritt. Im Nachhinein wusste er natürlich, warum all dies notwendig gewesen war.
    Der unvorbereitete Verstand hätte niemals die Klarheit des Blicks, die Reinheit des Gedankens und die Schärfe der Konzentration erreichen können, die schon für den einfachsten Zauberspruch erforderlich war. Dennoch musste Perdimonn zugeben, dass der Junge hochbegabt war. Er begriff rasch, erfasste immer gleich den Kern der Aufgabe und zeigte eine Hingabe und Beharrlichkeit, die ihn innerhalb kürzester Zeit erreichen ließ, wofür Perdimonn Jahre benötigt hatte.
    Am meisten überraschten Perdimonn aber Calvyns Fortschritte bei den Meditationsübungen, die schließlich ganz entscheidend für die Beschäftigung mit Magie waren. Nach etwa sechs Monaten Schreib- und Leseunterricht wurde der Junge langsam wirklich lästig mit seinem ständigen Drängen, er wolle sich nun endlich der praktischen Seite der Magie zuwenden.
    »Glaub mir, Calvyn, du bist noch nicht bereit dazu«, erklärte Perdimonn, der langsam die Geduld verlor. »Es geht nicht darum, ein paar Worte auswendig zu lernen und schon kann man den ersten Zauberspruch. So funktioniert das nicht. Deine Ausbildung hat gerade erst begonnen, und
wenn du dir sicher bist, dass du auf dem Pfad der Magie wandeln möchtest, musst du noch viel, viel lernen. Tut mir leid, aber Geduld benötigt man in rauen Mengen. Dir wird schnell klar werden, dass das Lernen kein Ende hat, und du wirst das Ausmaß der vor dir liegenden Aufgabe erkennen. Aber vielleicht ist es doch langsam Zeit, dass wir etwas Abwechslung in deinen Unterricht bringen. Dann bekommst du eine Vorstellung davon,was noch vor dir liegt.«
    Perdimonn hatte einen Moment gedankenverloren in die Ferne geblickt und hielt kurz inne, bevor er sich erneut Calvyn zuwandte. Trotz seiner scheinbar einsichtigen Miene war der rebellische Funken in seinen Augen nicht zu übersehen. Der Junge hatte immer noch keine Ahnung, worauf er sich eingelassen hatte. Ein leises Lächeln breitete sich auf Perdimonns Gesicht aus.
    »Diese Übung wird dir besser gefallen, glaube ich«, sagte der alte Mann und richtete seine Aufmerksamkeit auf die tanzenden Flammen des Feuers. »Es ist eine Konzentrationsübung. Du wirst sie und noch viele andere beherrschen müssen, bevor du dich ernsthaft an einem Zauberspruch versuchst.«
    Calvyn war auf diese Erklärung hin spürbar munterer geworden und seine Augen glänzten erwartungsvoll im flackernden Feuerschein.
    »Schließ die Augen. Nicht zu fest. So ist gut«, erklärte Perdimonn und beobachtete genau, wie sein Schüler seinen Anweisungen folgte. »Und jetzt versuche, deinen Geist von allen Gedanken zu reinigen. Ich möchte, dass du nichts als Weiß siehst. Reines Weiß. Breite in deinem Geist ein reinweißes Tuch aus, das alles andere verdeckt. Wenn du das geschafft hast, sag mir Bescheid.« Daraufhin schwieg Perdimonn und sah zu, wie die Augen des Jungen unter den Lidern flackerten, während er versuchte, das Bild entstehen zu lassen.

    Calvyn hielt die Aufgabe für furchtbar einfach. Aber sosehr er sich auch auf das Weiß konzentrierte – immer traten andere Bilder und Gedanken dazwischen. Nach gut einer Stunde gab er auf und ging mit äußerst nachdenklicher Miene zu Bett.
    Während der folgenden zwei Wochen kämpfte Calvyn jeden Abend nach der Lesestunde mit der Meditationsübung. Immer wieder entstand das weiße Bild vor seinem geistigen Auge, nur um kurz darauf von einem Tupfer in Rot oder Blau oder einer anderen Farbe, der sich immer weiter ausbreitete, gestört zu werden. Anschließend fiel er erschöpft ins Bett und träumte von einer weißen Fläche, in die Armeen bunter Formen einfielen. Dann aber, nach zwei Wochen, verfestigte sich der reine weiße
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