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Das Vermächtnis des Templers

Das Vermächtnis des Templers

Titel: Das Vermächtnis des Templers
Autoren: Christoph Andreas Marx
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zurechtfinden konnte.
Die schlafenden Mönche um ihn herum waren noch immer mit der braunen Kutte bekleidet, die sie auch tagsüber trugen. Nirgendwo konnte er erkennen, dass jemand für die Nacht zusätzlich eine Decke benutzte. Es war still im Raum. Ab und zu hörte man, wie sich ein Mönch von der einen auf die andere Seite drehte. Vereinzelte Laute drangen von draußen herein, die Geräusche der Nacht, die dem Jungen wohlbekannt waren.
Er konnte nicht einschlafen. Der Tag beherrschte noch immer seine Gedanken. Seltsame Reiter waren das. Schon ihr Aussehen hatte den Jungen beeindruckt. Aber es war auch ihre Art zu sprechen und zu handeln. Mit keinem Wort und keiner Tat ähnelten sie jenen hohen Herren, die er bislang kennengelernt hatte. Einzig ein fester Wille schien sie zu leiten. Und wenn sie die Mithilfe anderer erwarteten, taten sie dies nicht aus Willkür, sondern weil sie mit großer Ernsthaftigkeit ein Ziel verfolgten, das ihnen wichtig war. Aus einer anderen Welt schienen sie gekommen zu sein. Die seltsamen weißen Gewänder, das große rote Kreuz darauf, die kunstvoll gearbeiteten Waffen und diese außergewöhnlichen Pferde – all das war dem Jungen noch nicht begegnet. Woher kamen diese Männer? Und was wollten sie in Loccum? Der Abt schien sie zu kennen. Aber was taten sie hier?
Sein Gefühl sagte dem Jungen, dass diese Männer ihr Wort halten würden. Aber dennoch. Sie hatten ihn ohne große Fragen mitgenommen. Hatten auch den Vater nicht nach seiner Einwilligung gefragt. Nun erinnerte sich der Junge, dass die beiden Reiter und der Abt wohl kurz über ihn gesprochen hatten, als der Mönch ihn fortführte. Es war nicht üblich, dass sich hohe Herren über einen einfachen Bauernjungen unterhielten. Was würde morgen geschehen? Dem Jungen blieb nur zu hoffen, dass die Reiter Wort hielten.
Von draußen erklang der Ton einer Glocke. Die Mönche im Raum ließen sich dadurch in ihrem Schlaf nicht stören. Aber draußen hörte der Junge Geräusche.
Er trat ans Fenster und sah zum ersten Mal den Innenhof des Klosters. Auf der gegenüberliegenden Seite durchquerten zwei Mönche in hellgrauen Kutten einen der Säulengänge und verschwanden im angrenzenden Gebäude. Im ersten Stock war ein großer Raum erleuchtet, in dem sich viele Mönche versammelt hatten. Dann erblickte der Junge im Kreuzgang den Abt und die beiden Reiter. Durch eine Tür verschwanden sie in der Klosterkirche. Als sein Blick wieder auf das gegenüberliegende Gebäude fiel, war der Raum im Obergeschoss noch immer erleuchtet, aber niemand mehr zu sehen. Zugleich hörte der Junge, wie in der Kirche Gesang einsetzte. Zunächst war es eine einzelne Stimme, die eine Melodie vortrug, dann waren es viele Stimmen, die im Wechsel einsetzten und einander zu antworten schienen.
Der Junge ging zurück zu seinem Bett, legte sich auf den Strohsack und warf die Decke über. Noch lange hörte er den Mönchen zu. Obwohl er die Worte nicht verstand, verspürte er in ihrem Gesang eine große Friedfertigkeit und Harmonie, die seine Gedanken zur Ruhe kommen ließen.
    Als er erwachte, schien die Sonne hell in den Schlafraum. Er blickte sich um und bemerkte, dass er allein war. Bis auf jenen Mönch, der ihn gestern Abend geleitet und ihn jetzt geweckt hatte.
    «Du musst aufwachen.»
    Der Junge sah ihn etwas ungläubig an. Erst allmählich kam die Erinnerung zurück. Die Reiter hatten ihn mitgenommen. Er war fremd hier.
    «Bringst du mich jetzt nach Hause?»
    «Du sollst zum Abt kommen. Dein Vater ist da», antwortete der Mönch.
«Mein Vater?», Der Junge blickte ihn fragend an.
«Ja. Aber vorher gibt es etwas zu essen. Komm mit.»
Er rappelte sich auf und folgte dem Mönch. Sie gingen die Treppe hinab und rechts in einen Raum, in dem sich mehrere Tische befanden, vollgestellt mit Lebensmitteln, Töpfen und Küchengerät. Der Junge durfte dort Platz nehmen, erhielt einen Teller mit Haferbrei und einen Becher Wasser. Dann ließ ihn der Mönch allein.
Während des Essens versuchte sich der Junge auszumalen, mit welchem Anliegen sein Vater nach Loccum gekommen sein mochte, aber er konnte sich keinen Reim darauf machen.
Er war mit dem Essen noch nicht fertig, als jemand in den Raum trat. Der Junge blickte überrascht zur Tür.
«Vater!», rief er und sprang auf.
Die beiden umarmten sich.
«Johann!», rief der Vater und drückte seinen Jungen ganz fest.
«Was tust du hier?», fragte der Junge.
Der Vater setzte sich auf einen der Hocker, und der Junge tat es ihm
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