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Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings
Autoren: Stefan Bauer
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Fall verlieren würdest, aber gegen Zungenspalter ist bisher noch kein einziger Drache angekommen…«
    Zungenspalter – schon der Klang des Namens jagte Bruno einen Schauder über den Rücken. Am liebsten wäre er einfach losgeflogen, die Rebhuhnpastete war ihm längst gleichgültig, und seinen Anteil Abenteuer hatte er für heute auch gehabt. Aber wenn er sich jetzt von dannen machte, würde es so aussehen, als habe er Angst, und das wollte er um jeden Preis vermeiden.
    »Rebhuhnpastete und Herzkirschentorte«, forderte er. »Und immer bedenkend, dass mein Magen so groß ist, dass ein Mensch aufrecht darin stehen kann… vorausgesetzt, ich würde ihn in einem Stück verzehren.«
    »Ich gehe schon«, sagte Jeremy. Das Zelt, in welchem die Speisen aufgebaut waren, stand gut hundert Meter entfernt. »Aber ich brauche ein paar Leute, die mir beim Tragen helfen.«
    »Nehmt mich!« Ein Dutzend Hände reckten sich nach oben, alle in der Hoffnung, der Reichweite des Drachenfeuers entkommen zu können.
    Bruno schnaubte und sagte: »Das könnte euch so passen! Davonschleichen und mit irgendwelchen dubiosen Schwertern wiederkommen. Nein, nein, du gehst alleine, Junge, und wehe, du machst irgendeinen Unsinn.« Er ließ eine feurige Wolke aus seinem Nasenloch qualmen, die die Blätter einer Birke in der Nähe in Brand setzte, und die Leute verfielen in ihre alte Schreckensstarre zurück.
    Jeremy brauchte nicht lange, nach kurzer Zeit kam er zurück, einen großen Karren vor sich herschiebend, vollgeladen mit Köstlichkeiten aus der königlichen Küche.
    »Pastete!« sagte Bruno erfreut. »Rebhuhn, Fasane, Kapaune… und Torte!«
    »Bedien dich«, sagte Jeremy Ohneland und trat so nahe vor den Drachen hin, dass Melinda zusammenzuckte.
    Bruno fuhr mit einer Kralle geschickt in eine Pastetenform und spießte sie auf. Sie verschwand zwischen seinen Zähnen und zerging auf seiner Feinschmeckerzunge, wie es sich für eine gelungene Rebhuhnpastete Jägerart gehörte.
    »Lecker«, sagte er begeistert und griff sich schon die nächste Speise. So gierig war er, dass er hier und da eine Kristallschüssel oder eine emaillierte Kuchenform mitaß, die dann zwischen seinen Zähnen zersplitterte. Es dauerte nicht lange, da hatte er den ganzen Karren leer gefuttert, und die Menschen, die ihm fasziniert und angewidert dabei zugeschaut hatten, hielten gespannt die Luft an.
    »Soll ich noch mehr holen?«, fragte Jeremy Ohneland höflich.
    »Nein danke«, erwiderte Bruno ebenso höflich. »Ich denke, ich fliege jetzt zurück nach Hause und schlafe eine Runde.«
    »Sehr vernünftig«, sagte Jeremy mit einem Seitenblick auf Guy von Gilesbury, der auf seine angekokelten Stiefelspitzen schaute und sich seit mehreren Minuten nicht mehr gerührt hatte.
    »Den… ähm Zweikampf verschieben wir«, sagte Bruno zu ihm. »Ich bin jetzt zu voll gefressen für derartige Übungen.«
    Guy sagte nichts, aber Jeremy antwortete an seiner Stelle: »Ihr habt wirklich Glück, Drache, wäre Guy nicht in Damengesellschaft, hätte er Euch sicher nicht verschont… Seht nur, wie mühsam er sich beherrscht.«
    »Hm«, Bruno warf Guy einen letzten scharfen Blick zu und versuchte, gelassen auszusehen. »Wenn ihr wüsstet, wie viele so genannte Zauberschwerter ich schon zwischen meinen Zähnen zermalmt habe!«
    Mit diesen Worten und ein paar unbeholfenen Schritten nahm er Anlauf, entfaltete seine Flügel und erhob sich in den hellen Junihimmel. Zielstrebig hielt er auf die untergehende Sonne zu, und eine halbe Minute später war er nur noch als ein dunkler Punkt am Horizont zu erkennen.
    Als die Menschen begriffen hatten, dass die Gefahr vorüber war, fingen sie alle auf einmal an zu schreien.
    »Unverschämtheit«, kreischte Adalberts Mutter, auf deren Haube sich Asche abgesetzt hatte. »Wenn das alle Drachen täten! Und ich dachte, bei euch herrscht Zucht und Ordnung, mein lieber Feodor!«
    »Wo waren die Bogenschützen?«, donnerte König Feodor und sah sich wütend nach seinen Wachen um, die vor dem Drachen in die Burg geflüchtet und ihn und seine Gäste schmählich im Stich gelassen hatten. Jetzt schlichen sie mit geduckten Köpfen wieder herbei, Diener begannen stumm, die umgestoßenen Stühle aufzurichten, der Bratscher kletterte verstohlen von seiner Buche, und im Küchenzelt bemühte man sich, die Lücken zu füllen, die Jeremy durch das Davonkarren des Drachenfutters auf der Tafel hinterlassen hatte. Sogar die Vögel in den Bäumen begannen wieder zu singen, als
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