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Das Vermächtnis der Schwerter

Titel: Das Vermächtnis der Schwerter
Autoren: Michael Rothballer
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Rednertribüne. Diese minimale Bewegungsfreiheit nutzte Kawrin, der bis jetzt zwischen einigen Kämpfenden regelrecht eingeklemmt gewesen war, um endlich zu seinem Freund Rai vorzudringen.
    »Genug herumgebalgt«, rief Kawrin mit einem schelmischen Grinsen, während er Rai aufhalf, »nichts wie raus hier.« Damit heftete er sich an die Fersen der voranschreitenden Arbeiter, die nun endlich ihre Rüstung und Bewaffnung nutzten, um sich ihren Weg durch die wogende Menge in Richtung des nächstgelegenen Ausgangs zu erkämpfen. Rai blickte sich noch einmal nach Nessalion um, konnte ihn aber in dem Chaos nicht mehr ausmachen. Er hielt sich aber nicht allzu lange damit auf, Warsons Vater zu finden, sondern versuchte eilig, Kawrin und den anderen nach draußen zu folgen. Zwei Schritte neben sich konnte er Barat und Erbukas erkennen, die ebenfalls dem Eingang zustrebten. Inzwischen schien auch die Mehrheit der versammelten Städter ihr Heil in der Flucht zu suchen, denn eine wahre Menschenwalze schob sich unversehens auf die Tore der Markthalle zu. Auch der freie Bereich, der durch das Vorrücken der Minenarbeiter bei den Tribünentischen entstanden war, wurde bereits wieder von nachdrückenden Stadtbewohnern gefüllt. Es erfolgten jedoch keine weiteren Attacken, wahrscheinlich weil die bewaffneten Angreifer, die offenbar nur einen kleinen Teil der Versammelten ausgemacht hatten, mit diesem gewaltigen Menschenstrom ebenso wie Rai weitgehend machtlos in Richtung Türen gedrängt wurden.
    Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Rai mit der Masse nach draußen gespült werden würde. Somit schien diese Auseinandersetzung nun doch noch ein verhältnismäßig glimpfliches Ende zu finden. Angesichts des immer näher rückenden Ausgangs begann sich bereits eine gewisse Erleichterung einzustellen, als Rai plötzlich hinter sich eine gepresste Stimme vernahm:
    »Du entkommst mir nicht, Mörder!«
    Er wirbelte herum, sah noch Nessalions hasserfüllte Augen vor sich, dann traf ihn ein harter Schlag gegen die Schläfe. Rais Beine knickten ein, seine Sinne schwanden und er versank in der vorwärtsdrängenden Menge wie ein Stein in einem Fluss.

 
DER ERLEUCHTETE
     
    A rton lenkte seine Schritte, wie so oft in den letzten Tagen, in Richtung des Cittempels. Er kam aus der Kaserne der Festung Andobras, wo er das Kommandantenzimmer bezogen hatte, ohne dass irgendjemand gewagt hätte, dagegen Einspruch zu erheben. Eigentlich war Artons Wahl für eine Unterkunft nicht aus Überheblichkeit auf das Zimmer des Befehlshabers gefallen, sondern schlicht wegen seines Bedürfnisses nach Abgeschiedenheit. Denn das Zimmer des ehemaligen Kommandanten Garlan, der mittlerweile mit den anderen überlebenden Soldaten in den Zellen unter dem Tempel gefangen gehalten wurde, war das einzige, in dem nur ein Bett stand. Der begrenzte Platz in der Kaserne machte es notwendig, dass jede Schlafstatt belegt wurde, und in den meisten Zimmern ruhten zusätzlich noch einige Minenflüchtlinge auf Decken oder Strohlagern. Der Rest der über dreihundert ehemaligen Sklaven hatte eine bunte Zeltsiedlung auf dem Burgplatz errichtet, die aus Tüchern, Decken und Wagenplanen der Festungs-Vorratslager bestand.
    Arton überquerte zielstrebig den Platz mit den nun verwaisten Stoffbehausungen. Normalerweise herrschte hier rege Betriebsamkeit, doch heute waren die meisten Bewohner des Zeltdorfes den selbst ernannten Stadtherren Barat, Rai, Erbukas und Kawrin zum Hafen gefolgt, wo den Stadtbewohnern und Minenflüchtlingen die Ideen des alten Barat verkündet werden sollten. Arton hatte sich in erster Linie deshalb geweigert, die vier zur Markthalle zu begleiten, weil er den Gedanken von der »freien Insel« schlichtweg für ein Hirngespinst hielt. Es mochte ja sein, dass sich der eine oder andere durch Barats Träumereien von einem Ort ohne Willkür und Gewalt einwickeln ließ, aber Arton war sich sicher, dass solche naiven Luftschlösser durch die grundlegende Niedertracht der Menschen rasch zum Einsturz gebracht werden würden. Allein schon was er seit seiner Verschleppung aus Seewaith hatte erleben müssen, ließ ihn nicht mehr daran glauben, dass in jedem etwas Gutes schlummerte, das nur daraufwartete, erweckt zu werden. Im Gegenteil, er war davon überzeugt, dass es nur sehr wenige gab, die es fertig brachten, die dunkle Seite ihres Wesens dauerhaft im Zaum zu halten. Er selbst, so gestand sich Arton offen ein, gehörte jedenfalls nicht dazu. Dasselbe galt mit größter
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