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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies
Autoren: Andreas Franz
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Leiche?«
    Mit einem Mal grinste Lura und sagte: »Festgemauert in der Erden, liegt die Roth … Sie werden sie schon finden.«
    »Was hat in Ihnen eigentlich diesen unsäglichen Hass auf Frauen ausgelöst? Sie haben das erste Mal gemordet, als Sie gerade einmal einundzwanzig Jahre alt waren. Schon da muss es in Ihnen gebrodelt haben wie in einem Vulkan. Aber manche Vulkane brechen nie aus, andere spucken nur ein bisschen Asche, und wieder andere verwüsten ganze Landstriche. Sie sind ausgebrochen.«
    »Was ist denn der Auslöser für Hass? Sagen Sie’s mir, Sie Amateurpsychologin.«
    »Auslöser gibt es so viele wie Sand am Meer. Ich will hören, was bei Ihnen diesen Hass ausgelöst hat.«
    »Es gibt Millionen und Abermillionen Gründe für Hass. Die ganze Welt ist voll davon.«
    »Es geht aber um Sie. Ich möchte Sie gerne verstehen, und das meine ich ernst.«
    »Sie werden mich nie verstehen. Heute Vormittag haben wir uns doch über Autoaggressionen unterhalten. Was glauben Sie, warum ich das gemacht habe?«
    »Keine Ahnung. Frustration vielleicht.«
    »Kompliment, gar nicht so übel. Sollte ich mich etwa in Ihnen getäuscht haben?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Sie sind nicht so dumm, wie ich vermutet habe. Das war wohl mein Pech.«
    »Also Frustrationen. Mit dreißig haben Sie das Geschäft Ihres Vaters übernommen, mit zweiunddreißig haben Sie geheiratet … Warum haben Sie eigentlich BWL und Psychologie studiert? Wollten Sie ursprünglich Psychologe werden?«
    »Schon möglich.«
    »Und warum sind Sie es nicht geworden?«
    »Fragen Sie doch meine Mutter.«
    »Ich frage aber Sie … Frank, hol doch bitte mal ein paar belegte Brötchen und was zu trinken.« Sie gab ihm unauffällig ein Zeichen, mit dem sie ihm bedeutete, sie für einen Augenblick mit Lura allein zu lassen. Hellmer nickte, ging aus dem Büro und machte die Tür hinter sich zu. Lura nahm die Schachtel Zigaretten aus seiner Hemdtasche. Sie war leer, er knüllte sie wütend zusammen und legte sie auf den Tisch.
    »Kann ich eine von Ihnen haben?«, fragte er.
    »Bedienen Sie sich.« Durant schob die Schachtel zu ihm rüber, und er zündete sich eine Gauloise an.
    »Meine Mutter wollte unbedingt, dass ich das Autohaus übernehme, aber ich wollte Psychologe werden, weil ich im Grunde meines Wesens kein Geschäftsmann bin. Wir haben uns wochenlang gestritten und sind schließlich zu einem Kompromiss gelangt, indem wir uns darauf geeinigt haben, dass ich beide Studiengänge absolviere. Ich habe ihr den Gefallen getan, weil sie meine Mutter ist. Aber nachdem ich mit meinem Studium fertig war, hat sie doch tatsächlich von mir verlangt, das verdammte Autohaus zu übernehmen, obwohl mein Vater zu dem Zeitpunkt noch ziemlich fit war. Meine Mutter kann sehr hartnäckig sein, sie hat meinen Vater praktisch gezwungen, mir das Geschäft zu übergeben. Tja, und dann habe ich mir gesagt, wenn schon, denn schon. Also habe ich das Beste daraus gemacht, und Sie sehen ja, was daraus geworden ist. Ich habe mir die beste Klientel an Land gezogen.«
    »Lieben Sie Ihre Mutter?«
    »Frau Durant, hören wir doch auf mit diesem Psychogeschwafel. Sie fragen mich, ob ich sie liebe, und wollen hören, dass ich sage, ich hasse sie. Suchen Sie sich etwas aus, aber so, wie ich Sie einschätze, kennen Sie die Antwort bereits.«
    »Ihre Mutter hat Sie erdrückt, richtig?«
    »Sie hat mich nicht erdrückt, sie hat mich zerquetscht. Aber sie hat alles für mich getan. Ich brauchte nur zu sagen, ich will dieses oder jenes haben, schon hatte ich es. Und wenn mein Vater Schwierigkeiten gemacht hat, dann habe ich eben ein wenig nachgeholfen. Mein Vater ist ein Schwächling, ein erbärmlicher Schwächling. Sie sagt spring, und er springt. So einfach geht das bei ihr. Aber ich habe mich durchgesetzt.«
    »Und Ihr Bruder?«
    »Was soll mit dem sein?«
    »Sie hassen Ihre Mutter, Sie hassen Ihren Vater, Sie hassen Ihren Bruder. Warum dieser unsägliche Hass? Was hat Ihr Bruder Ihnen getan?«
    »Nichts. Aber um in dieser Familie zu überleben, muss man entweder unglaublich stark sein oder zu ungewöhnlichen Mitteln greifen. Das habe ich getan. Mein Bruder hat sich nie durchsetzen können, er hatte einfach nicht den Mumm dazu. Aber ich hasse ihn nicht, das können Sie mir glauben.«
    »Und Ihr Vater, ist der Ihnen auch gleichgültig?«
    »Wenn Sie sehen, wie der eigene Vater von der Mutter verprügelt wird, verliert man jede Achtung vor ihm. Ich habe es gesehen. Er hat sich nicht gewehrt,
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