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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme
Autoren: Boris Koch
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Strömung.
    Langsam nahm er wieder Geschwindigkeit auf und änderte die Richtung erneut ein wenig. Noch einmal senkte er kurz eine Klaue ins Meer, dann gesellte er sich zu ihnen in der Höhe, um eine halbe Stunde später wieder in die Tiefe zu stürzen und den ganzen Kopf im Meer zu versenken. Als sie nach oben kamen, hatte er zwar keine Richtungsänderung vorgenommen, aber drei Fische verschlungen, und Yanko war vollkommen durchnässt und beschimpfte den Drachen vergnügt.
    Auf diese Weise legten sie Meile um Meile zurück. Ben wusste längst nicht mehr zu sagen, welchen Wellen sie folgten, eine sah aus wie die nächste, doch Juri klang zuversichtlich, dass sie nicht weit vom Kurs der Flasche entfernt sein konnten: »Natürlich weiß ich nicht, welche Stürme oder Meerestiere ihren Weg noch beeinflusst haben, aber die ungefähre Richtung stimmt. Sollten wir drei Meilen rechts oder links vom Kurs abkommen, so sehen wir eine mögliche Insel von hier oben immer noch.«
    Kurz nach Mittag entdeckten sie tatsächlich ein Dutzend schwarzer Klippen, die wie riesige grobe Säulen aus dem Meer ragten.
    Die Drachen landeten, um sich einige Augenblicke auszuruhen.
Dann aßen die vier Menschen vom Proviant, während sich die Drachen frische Fische fingen. Aiphyron beschimpfte einen leuchtend roten Fisch mit gelber Rückenflosse als widerlichen Feuerfisch, hakte nach, ob er wirklich einer sei, und als der Fisch stumm blieb, schleuderte er ihn wieder ins Meer, um sich einen anderen zu krallen, einen mit silbrig grauen Schuppen.
    Keinen kümmerte das, denn inzwischen hatten sich auch Anula und Marmaran längst an diese kurzen Anfälle Aiphyrons gewöhnt, in roten Tieren Feuerwesen zu vermuten. Zudem waren sie seltener geworden. Auf keiner der Klippen ließ sich irgendein Anzeichen finden, dass hier je ein Mensch gewesen war; die spärlichen Überreste von drei verlassenen Vogelnestern in drei Spalten waren die einzigen Anzeichen von Leben. Nach einer Weile flogen sie weiter.
    Als er den Proviant aus dem Rucksack gezogen hatte, war Ben auch wieder einmal das Blausilber in die Hände gefallen, das er seit ihrer Flucht aus Trollfurt mit sich herumschleppte. Egal, wie wertvoll es war, sie hatten es bislang nicht verkauft, denn der Orden stellte daraus die Schwerter her, mit denen er den Drachen die Flügel abschlug. Aus keinem anderen Metall ließen sich derart scharfe Klingen schmieden, und der Orden besaß schon mehr als genug Waffen. Wem sie die groben Brocken auch verkaufen mochten, er würde sie mit Sicherheit an den Orden weiterverscherbeln. Und da Ben dies nicht wollte, trug er es seitdem mit sich herum.
    Mehrmals hatte er daran gedacht, daraus Schmuck für Anula schmieden zu lassen, weil poliertes Blausilber diesen wunderschönen Schimmer besaß. Doch er wusste, sobald der Orden eine solche Kette oder Ringe oder Armreifen in die Finger bekam, würde er alles ohne Zögern einschmelzen
und zu Waffen verarbeiten, um sie gegen geflügelte Drachen einzusetzen. So wie er es bei den vier getan hatte, mit denen Ben jetzt flog. Er war ein Drachenflüsterer, seine Gabe befähigte ihn, Drachen zu heilen, indem er ihnen die bloßen Hände auflegte. Wie konnte er da dazu beitragen, dass sie verstümmelt wurden?
    Ben spuckte aus, er verabscheute den Orden und seine Taten im Namen des Sonnengottes Hellwah. Irgendwo würde er sicher besonders gleißende Edelsteine und Gold und Silber auftreiben, aus denen er Anula außergewöhnlichen Schmuck machen lassen konnte. Oder er würde doch noch einen Piratenschatz finden. Aiphyron war sein Freund, er würde ihm sicher gegen den Münzmolch helfen, wenn dieser nicht in einer so engen Höhle wie unter der Bucht lauerte.
    Langsam zog Ben einen faustgroßen Brocken Blausilber aus dem Rucksack, der wie eine Art Satteltasche über den Drachen geschnallt war und hinter Bens rechtem Bein baumelte, während links zwei Decken und das Kochgeschirr hingen. In der Sonne strahlte das Blausilber hell und schimmerte. Sein verschollener Vater hatte in einer Mine gearbeitet, und damals war Ben bestimmt schrecklich stolz auf ihn gewesen, doch er erinnerte sich nicht mehr. Schließlich hatte er früher auch Drachenritter werden wollen.
    »Verdammte Lügen«, murmelte er und ließ den Brocken fallen. Sie flogen so hoch, dass er den Aufschlag im Meer nicht hören konnte.
    »He! Was tust du da?«, rief Yanko, der neben ihm flog. »Ich wollte daraus Schmuck für Nica machen!«
    »Aus meinem Anteil?«, brüllte Ben, obwohl
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