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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme
Autoren: Boris Koch
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rief Marmaran plötzlich von draußen.
    Wieso stürmt es dann nicht?, dachte Yanko und sprang ans Fenster. Doch er konnte niemanden sehen.
    »Wer ist es?«, rief Anula hinter ihm.
    »Ein Junge auf einem großen Brett«, gab Marmaran zurück. »Er hat ein Paddel in der Hand und sieht erschöpft aus, ich hol ihn mal ab.«
    Yanko und Anula rannten aus dem Thronsaal und hinaus
vor die Festung. Im Innenhof schloss sich ihnen Sidhy an. Sie erreichten das Ufer, als der Drache eben eine drei Schritt lange und fünf Handbreit schmale Holzplanke und einen Jungen auf den Boden setzte. Er schrie nicht panisch beim Anblick des geflügelten Drachen, sondern ließ sein Paddel fallen und bedankte sich bei Marmaran.
    »Fast hätte ich es nicht mehr geschafft«, keuchte er und sank auf die Knie. »Aber ich dachte, mit einem richtigen Boot werde ich vom Sturm versenkt.«
    Ein schlauer Bursche, dachte Yanko und fasste ihn schärfer ins Auge. Seine Worte deuteten daraufhin, dass er nicht aus Versehen hier angespült worden war.
    Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass der Junge Hose und Tunika eines Ordensknappen trug, beides verschmutzt und durchnässt. »Wer bist du?«
    »Ich heiß Akse. Ben hat gesagt, ich soll herkommen.«
    Ben!
    Anula schrie auf, und Yanko stand einfach da, unfähig, sich zu rühren. Das konnte nicht sein, Ben war tot. Tot. Und doch fühlte er einen kurzen Moment die irrsinnige Hoffnung, sein Freund sei noch am Leben. Dann hasste er diesen Jungen dafür und hielt alles für einen bösen Scherz, er war schließlich ein Knappe. Hass und Hoffnung, Glück und Schmerz, Yanko fühlte alles zugleich. Er wollte sich an die Hoffnung klammern, wollte alles andere aus seinem Kopf verbannen. Doch durfte er das wirklich? Dieser Akse hatte ein ehrliches Gesicht. Doch auch wenn er nicht log, bedeutete das nicht, dass Ben noch lebte, schließlich konnte er bereits vor längerer Zeit mit Ben gesprochen haben; in Rhaconia oder als er das Kloster betreten hatte. Angespannt stammelte er: »Wann …?«

    »Gestern.« Der Knappe atmete noch immer schwer und erhob sich langsam. »Gestern Nacht.«
    Gestern! Erleichterung durchströmte Yanko.
    »Wo?« Anula packte den Knappen an den Schultern und schüttelte ihn. Eine Mischung aus Hoffnung, Angst, Lachen und Schmerz verzerrte ihre Züge.
    »Im Kloster. Er hat mich vor dem Galgen gerettet.«
    Anula wirkte, als wollte sie vor Freude tanzen, doch dann sackte sie einfach in die Knie und weinte. So sehr, dass sie vor Krämpfen geschüttelt wurde.
    »Wie geht’s ihm? Was hat er noch gesagt?«, sprudelte es aus Yanko hervor.
    »Nichts.« Akse lächelte. »Er hat mir nur Verlies der Stürme zugeraunt, für mehr blieb uns keine Zeit. Ich weiß nicht einmal, was ich hier soll und wer ihr seid.«
    »Bevor wir dir das sagen, erzählst du uns erst, wer du bist und warum Ben nicht tot ist.«
    Akse berichtete ihnen, wie Bens Gabe ihn vor dem Galgen gerettet hatte, wie der Abt ihn ausnutzte und wie Ben Akse erst die Wahrheit über Drachen erzählt und dann das Leben gerettet hatte.
    »Wir müssen Ben befreien!« Yanko fuchtelte mit den Armen, deutete hierhin und dorthin, als wolle er Befehle für einen sofortigen Angriff geben. Aufgedreht rannte er hin und her, unfähig, sich ruhig zu halten. »Wir müssen ihn raushauen, die Klostermauern niederreißen! Alles plattmachen! Auf der Stelle!«
    »Und was, wenn das eine Falle ist?«, fragte Sidhy.
    »Du willst wohl nicht, dass er zurückkommt?«, schrie Yanko ihn an, doch er wusste, dass Sidhy recht hatte. Warum sollten sie einem Knappen trauen? Welchen Beweis
hatten sie, dass Ben noch lebte? Doch andererseits: Welchen Beweis hatten sie eigentlich, dass Ben tot war? Keinen einzigen, nur die Behauptung des Ordens. Konnte Akses Geschichte wirklich wahr sein?
    »Ich fliege heute Abend rüber und sehe nach«, sagte da Quobemhonn, der sie fröhlich umkreiste. »Im Dunkeln kann man mich mit einem großen Vogel verwechseln, auch wenn das eine Frechheit ist. Wo finde ich seine Zelle?«
    »Aber wir anderen kommen mit«, bestimmte Anula, bevor Akse antworten konnte. »Wenn er den Abt wirklich so sehr gegen sich aufgebracht hat, ist die Zeit knapp.«
    Kaum hatte sich die Dämmerung über das Land gesenkt, da erhoben sich die drei Drachen mit Yanko und Anula in die Luft. Niemand hatte Nica und Feuerschuppe abgelöst, dafür sei einfach keine Zeit gewesen, versicherten sie sich gegenseitig. Doch eigentlich hatte nur keiner zu der Ruine fliegen wollen, weil das bedeutet hätte,
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