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Das verborgene Netz

Das verborgene Netz

Titel: Das verborgene Netz
Autoren: Oliver Bottini
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vielleicht gefährdet gewesen. Also hatte Steinhoff durch die Überwachung dafür Sorge getragen, dass eine solche Entwicklung frühzeitig bemerkt worden wäre.
    »Und diese Person … «, begann Ziller.
    Diesmal unterbrach ihn Kleinert. »Ein GoSolar-Mitarbeiter soll das alles in Auftrag gegeben haben?«
    »In Zusammenarbeit mit einem französischen Konkurrenten.« Louise ließ den Blick über ihre Zuhörer gleiten. Niemand schien überzeugt zu sein. Andrele und Graeve wirkten nachdenklich, in den Augen der anderen stand Skepsis.
    Sie fuhr fort. »Esther ist noch aus einem anderen Grund der perfekte Spitzel gewesen. Wenn GoSolar oder eine Ermittlungsbehörde herausgefunden hätten, dass die meisten Daten in ihrer Abteilung gestohlen wurden, wäre sie als Täterin schnell identifiziert gewesen. Dann hätte niemand nach einem weiteren Spion gesucht – der unsichtbaren Spinne, die auch die Morde in Auftrag gegeben hat, um zu verhindern, dass sie enttarnt wird.«
    Ziller strich sich mit der Hand über den Kopf. »Der unsichtbaren Spinne? Werden wir am Ende auch noch pathetisch?«
    »Lässt sich das beweisen?«, fragte Andrele.
    »Ich hoffe es«, erwiderte Louise.
    »Und Sie denken, dass
ich
etwas damit zu tun habe?«, fragte Kleinert mit sich überschlagender Stimme, als hätte er kurz vor dem hysterischen Kollaps gestanden.
    »Bonì«, sagte Andrele. »Erst der Beweis, dann die Beschuldigung.«
    Der Beweis …
    Mal sehen, was ich tun kann.
    Sie hatte nicht den Eindruck gehabt, dass Mike Stunden brauchen würde. Aber möglicherweise hatte sie schon halb geschlafen und nicht mehr alles gehört, was er gesagt hatte. Ihr fiel ein, dass s
ie
noch etwas gesagt hatte, sie hatte nachgefragt, und in der Frage waren ein Fluss und ein Büro vorgekommen ...
    In dem Büro mit Blick auf den Fluss?
    Ja.
    Jetzt erinnerte sie sich auch, weshalb sie nachgefragt hatte.
    Nicht in Freiburg
, hatte Mike gesagt.
    Aber in dem Büro mit Blick auf den Fluss?
    Ja. Wenn mein … Geschäftspartner nicht aufgeräumt hat.
    Und wenn er es getan hat?
    Kann ich Ihnen nicht mehr helfen.
    Sie sah auf die Uhr – zehn. Sie musste mit dem Schlimmsten rechnen.
    Doch vielleicht konnte man sein Schicksal ja erzwingen. Sie erhob sich und ging zur Tür. »Kommen Sie.«
    »Wohin?«, fragte Andrele.
    » Wir besuchen die Spinne.«
    Ziller lachte, die anderen musterten sie reglos. Eine Front aus sechs Menschen mit den unterschiedlichsten Interessen, die in diesem Moment derselbe Gedanke zu einen schien: Was phantasiert die Verrückte jetzt wieder zusammen?
    »Sie wollen einen Beweis«, sagte Louise. »Mal sehen, ob’s klappt.«
    Andrele senkte den Kopf, schickte einen strengen Blick über ihre schmale, goldgefasste Brille. Louise wandte sich Reinhard Graeve zu, der ebenfalls keine Anstalten machte, sich aus der Front zu lösen. In seinem teuren Anzug wirkte er mehr wie ein Vorstandsmitglied von GoSolar, weniger wie ein Kripoleiter. Sie spürte, dass er auf seine zurückhaltende Weise bemüht war, im Machtkampf mit Ziller und Andrele und im allgemeinen Ermittlungschaos die Position zu halten. Sie wusste, dass sie ihm dabei keine große Hilfe war. Das Chaos war auch ihrem Ermittlungsstil geschuldet.
    Trotzdem erwartete sie von ihm, dass er zu ihr stand.
    »Kommen Sie, Chef.«
    Er rührte sich nicht. »Wen haben Sie im Verdacht, Louise?«
    »Erst der Beweis, dann die Beschuldigung.« Sie versuchte zu lächeln, was ihr nicht gelang. Ihr Blick streifte Ziller, der stille Triumphe auszukosten schien, Harth, die wieder
in ihrer Sprödigkeit gefangen war, Bredik, der sie mit Bedauern ansah. Sie fragte sich, ob diese letzten Stunden auch eine letzte Demütigung bringen würden, ob wirklich alles draufgehen musste, selbst ihre Zuneigung zu Graeve, ihr Respekt für Andrele.
    Auch daran wäre sie schuld. Sie hatte nicht nur die eigenen Grenzen weit überschritten, sondern genauso die der Menschen, die mit ihr arbeiteten.
    »Chef … «
    »Später, Louise. Wir sind hier noch nicht fertig.«
    Sie nickte, öffnete die Tür, zog sie leise hinter sich zu.
     
    Sie nahm die Treppe, stieg über dem Foyer langsam in den vierten Stock hinunter. Stimmengemurmel drang herauf, tief unter ihr am Empfang läutete ein Telefon. Draußen, auf dem Parkplatz, stand inmitten zahlreicher Streifenwagen und der schweren dunklen Dienstautos der hohen Herren ihr roter Peugeot, ein mickriger, verlorener Farbfleck in all dem offiziösen Glanz. Fahren wir heim, rief er ihr zu, und für einen Moment
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