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Das Vamperl

Das Vamperl

Titel: Das Vamperl
Autoren: Renate Welsh
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gut. Fahrt hier. Aber passt gefälligst auf!«
    Er packte seinen großen Besen und ging.

    Die Kinder starrten ihm nach. »Was ist denn auf einmal in den gefahren?«, fragte ein Junge.
    Der Kleine, der vom Rad gefallen war, sagte: »Eine Fledermaus ist in ihn gefahren. Ich habe sie gesehen.«
    »Erzähl uns doch keine Märchen, Oliver!«, sagte ein Mädchen. »Was du immer zusammenschwindelst!«
    »Doch«, beharrte Oliver. »Eine schöne Fledermaus.«
    Frau Lizzi hielt ihre Tasche fest zu und ging schnell nach Hause.
    »Vamperl«, sagte sie, »von dir würde ich graue Haare bekommen, wenn ich sie nicht schon hätte.«
    Vamperl schmatzte und rieb sich den kleinen, runden Bauch.

Was zu viel ist
    Frau Lizzi seufzte.
    »Ich hätte gedacht, dass du vorsichtiger werden würdest nach deinem Unfall. Aber nein! Ganz im Gegenteil. Früher bist du wenigstens
     in der Gegend geblieben.«
    Vamperl sah sie mit schief gelegtem Kopf an.
    Seine Augen wurden groß und rund, wenn sie mit ihm sprach.
    Er stupste seine Nase in ihre Hand.
    Aber er flog immer weiter weg.
    Manchmal erfuhr Frau Lizzi durch Zufall davon.
    Manchmal auch nicht.
    Das war gut so. Sie hätte sich zu sehr aufgeregt.
    Sie regte sich ohnehin ständig auf.
    Sie erfuhr zum Beispiel nie von dem Tag, an dem Vamperl hinter Hannes herflog und in die Schule kam.
    Vamperl versteckte sich hinter der Tafel.
    Die Stunde, in der die Kinder eine Rechenarbeit schrieben, verschlief er.
    Als die Kinder laut lasen, döste er.
    Als die Kinder zeichneten, wäre er am liebsten in der Klasse herumgeflogen und hätte alle die bunten Bilder genau angesehen.
     Besonders die Urwaldbilder.
    Als die Kinder in der letzten Stunde hin und her wetzten und gähnten und schwätzten, wurde der Lehrer böse.
    »Hefte heraus!«, sagte er.
    Vamperl huschte hinter der Tafel hervor und saugte einen kleinen Schluck Gift aus der Lehrergalle.
    Der Lehrer fuhr sich mit allen Fingern durch die Haare.
    »Mir scheint, ihr seid schon müde«, sagte er. »Wie wäre es, wenn ich euch erst einmal eine lustige Geschichte erzähle?«

    Alle Kinder saßen mit offenen Mündern da.
    Hannes hätte fast eine Fliege verschluckt.
    Der Lehrer begann: »Ein Elefant stampfte durch den Urwald...«
    »Bitte, da ist eine Fledermaus!«, rief ein Mädchen.
    Vamperl schoss durch das offene Fenster hinaus. Er setzte sich auf ein Fenstersims und winkte dem Mädchen zu.
    Vamperl hatte nicht darauf geachtet, dass auf dem Fenstersims schon zwei Tauben saßen. Sie begannen laut zugurren. Vamperl machte sich ganz klein. Die Tauben trippelten aufgeregt hin und her. Gleich darauf schwirrte die Luft. Ein
     Taubenschwarm stürzte herab. Schnäbel hackten nach dem kleinen Vampir. Runde Augen funkelten ihn an. Im letzten Moment gelang
     es ihm doch, seine Flügel auszubreiten. Er hatte Glück. Ein leichter Aufwind trug ihn davon.
     
    An diesem Nachmittag blieb Vamperl bei Frau Lizzi. Er machte es sich in ihrer Halsgrube bequem.
    Sie legte hin und wieder beim Lesen den Kopf schief und streichelte mit dem Kinn über seinen Bauch. Dann fiepte er leise und
     zufrieden. Am nächsten Tag aber schoss er wieder davon.
    Auf der Kreuzung war heute gar nichts los. Den Autofahrern, die jeden Tag hier vorbeikamen, war die Freundlichkeit schon fast
     selbstverständlich geworden. Vamperl holte sich ein kleines Gallenfrühstückvon einem Ehepaar, das bei offenem Fenster Kaffee trank.

    »Du hast meinem Wagen schon wieder eine Beule geschlagen!«, schimpfte der Mann.
    »
Deinem
Wagen?!«, rief die Frau. »Ich dachte, das ist
unser
Wagen!«
    »Weil du eben nicht Auto fahren kannst«, schimpfte der Mann weiter. »Frauen können nicht Auto fahren.«
    Die Frau verzog das Gesicht. »Die Beule ist sicher von gestern Abend, als du...«
    »Ich?« Der Mann wurde krebsrot. »Mir willst du das in die Schuhe schieben?«
    Vamperl biss zuerst ihn, dann sie. Als er weiterflog, wusch der Mann die Kaffeetassen und die Frau trocknete ab. Sie lachten
     dabei.
    Vamperl sah die Kinder auf dem Schulweg. Hannes und Dieter kickten abwechselnd einen Tannenzapfen vor sich her.
    Vamperl hielt Abstand. Schon zweimal hatte ihn ein Kind gesehen. Erwachsene hatten ihn noch nie entdeckt.
    Er kam in eine Gegend, die ihm ganz neu war. Hinter einer hohen Mauer hörte er Stampfen und Dröhnen. Er flog über die Mauer.
     Hinter der Mauer lag ein großes Gebäude. Vamperl spähte durch eines der Fenster. In einer großen Halle standen verschiedene
     Maschinen. Hebel gingen auf und ab, riesige
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