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Das Urzeit-Monstrum

Das Urzeit-Monstrum

Titel: Das Urzeit-Monstrum
Autoren: Jason Dark
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voran. Er steckte eigentlich nicht mit dem Oberkörper im Maul des Kraken, er war bereits selbst zu einem Teil dieses Monstrums geworden. Er war der Krake, und der Krake war er. Dieser Spruch erfüllte sich nun vor meinen Augen.
    Aber ich wollte nicht zu dem werden, was sich Beckmann vorgenommen hatte. Bisher war es noch keiner Kreatur der Finsternis gelungen, mich zu besiegen. Das sollte auch so bleiben, und ich dachte daran, daß mir ein Vorteil geblieben war.
    Ich konnte die Arme bewegen, und es hing nach wie vor das Kreuz vor meiner Brust.
    Sein Anblick schaffte es, die Kreaturen der Finsternis zu vertreiben.
    Zumindest hatte ich mich bisher darauf verlassen können, und ich bewegte meine Hände dem Hals zu, weil ich dort an die Kette fassen wollte, um das Kreuz ins Freie zu ziehen.
    Zugleich bekam ich den Druck im Rücken. Der zweite Arm wollte mich näher auf das Maul zudrücken. Das sah auch Beckmann. Er winkte mir mit seinen beiden Tentakeln zu, die anstelle seiner Arme gewachsen waren. Er wollte mich willkommen heißen. Ich konnte mich auch nicht gegen den Druck in meinem Rücken wehren. Der erste Tentakel umschlang zudem noch immer meinen rechten Knöchel, und dann war ich so nahe an Beckmann herangekommen, daß er mich umarmen konnte.
    Er tat es mit einer regelrechten Inbrunst, als hätte er einen lange verschollenen Bruder zurückbekommen.
    Die Umgebung hatte ich vergessen. Es gab nur ihn, mich und natürlich das Kreuz.
    Seine Arme umfingen mich. Er zog mich an sich, da aber hatte ich das Kreuz frei.
    Und das preßte ich mitten in das Gesicht des ehemaligen Malers hinein…
    ***
    Ich hatte bereits mein Kreuz durch das Rufen der Formel aktivieren wollen, nur war es mir nicht möglich gewesen, denn mir spritzte eine gewaltige Welle aus Schleim entgegen, die mich wie eine Woge überschwemmte, wobei sie mir die Sicht und auch die Sprache nahm.
    Ich konnte mich nur auf die normale Kraft meines Kreuzes verlassen und hoffen, daß sie auch ausreichte.
    Was mit mir geschah, war nur schwer nachzuvollziehen. Die Welt stellte sich im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf. Ich wußte weder, wo oben noch unten war. Ich geriet in einen Kreislauf hinein, der aus einem Sammelsurium von Schleim und zerfetzter Kraken- und Menschenhaut bestand, das, zusammen mit mir, in das Wasser eintauchte. Und die eisige Kälte überdeckte alles andere.
    Um mich herum war das Wasser aufgewühlt. Der weiche Boden drückte sich mir entgegen und hob mich an, so daß ich zu einem regelrechten Spielball wurde.
    Ich kreiselte durch die Luft, suchte nach Halt, griff aber ins Leere. Dann wurde ich gedreht, klatschte aber wieder zurück in das Wasser, und mein Gesicht war für einen Moment im Schlamm vergraben. Dabei hielt ich noch immer meinen Talisman fest, preßte die Lippen zusammen und spürte auch, daß mich jemand packte.
    In den Achselhöhlen war der Druck zu spüren. Ich wurde in die Höhe gezerrt und herumgedreht, blieb aber in einer Schräglage rücklings liegen und überließ mich den rettenden Händen, die mich durch das Wasser in Richtung Ufer schleiften.
    »John, das war großartig. Das war super! Wir haben es geschafft, verdammt. Wir haben es geschafft!« Es war Harry Stahl, der mir da Mut zusprach. Er hatte einfach nicht zusehen können und war in das Watt hineingelaufen, um mich zu retten.
    Das Wasser rann mir aus den Haaren. Es floß auch aus der Kleidung.
    Es war eisig. Ich würde erfrieren, wenn ich noch lange im Freien blieb, aber mein Blick hatte sich soweit geklärt, daß ich zuschauen konnte, was an der Stelle ablief, an der ich hätte meinen Tod finden sollen.
    Das flache Wasser war noch immer in Bewegung. Die unheimliche Kraft hatte den Boden aufgewühlt, und sie holte hervor, was sonst in ihm verborgen lag.
    Der Schlamm, der Sand, all der Dreck, vermischt mit Holz, den Gerippen toter Vögel, Muscheln und anderem Getier, breitete sich aus wie eine flache Wolke.
    Aber wir sahen auch die Reste des Kraken und die des Menschen.
    Es gab den Maler Boris Beckmann nicht mehr.
    Erst als wir das Trockene erreicht hatten, ließ mich Harry Stahl los. Er mußte mich jedoch stützen, damit ich auf den Beinen blieb. Nur war an langes Ausruhen nicht zu denken.
    Ich wollte mir hier ebensowenig den Tod holen wie Harry Stahl, und deshalb gingen wir so bald wie möglich wieder zurück.
    Zwei stumme, frierende Männer, die mit ihren Gedanken noch in der Vergangenheit weilten. Unser Ziel war das leere Haus des Malers, wo wir uns zunächst
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