Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil
Autoren: John T. Lescroart
Vom Netzwerk:
Sessel des Zeugenstands in sich zusammen. Hardy nahm neben seiner Mandantin Platz, die ihm ihr Gesicht zuwandte und hemmungslos weinte.
    Powell ließ Lightner von Terrell wegen des Meineids festnehmen. Villars zog sich alleine ins Richterzimmer zurück.
    Nach einer halben Stunde kam sie wieder in den Gerichtssaal. Hardy und Jennifer blieben am Tisch der Verteidigung sitzen, hielten sich die ganze Zeit an den Händen. Nancy und Tom saßen in der ersten Reihe, und Freeman war durch die Trennbarriere nach vorne gekommen. Powell befand sich auf der anderen Seite des Saals, saß zusammengesunken auf seinem Stuhl, gab vor, einige Papiere zu studieren. Er hatte eine entschlossene Miene aufgesetzt.
    Villars' Gesicht war gerötet, ihr Mund ein dünner Strich. Sie blickte vom Richtertisch über ihre Lesebrille hinweg nach unten in den Saal, sah erst Hardy und Jennifer an, dann Powell.
    Sie sprach deutlich und in offiziellem Ton. »Das Gericht gibt dem Antrag der Verteidigung auf ein neues Verfahren nach den Bestimmungen des Penal Code 1181 statt.«
    Hardy lehnte sich jetzt endlich in seinem Stuhl zurück. Daß sie dem Antrag auf ein neues Verfahren stattgab, war eine juristische Formsache - Villars traf eine Entscheidung zu Har-dys erstem Antrag und weiter nichts. Es war klar, daß es kein neues Verfahren gegen Jennifer Witt geben würde. Wie sie die ganze Zeit über insistiert hatte, hatte sie weder ihren Sohn noch ihren Mann erschossen, und endlich wußte das jedermann im Gerichtssaal.
    »Des weiteren«, fuhr die Richterin fort, »beschließt das Gericht nach den Bestimmungen des California Code of Civil Procedure Abschnitt 657.6, daß das Urteil der Jury in der Strafsache The People vs. Jennifer Lee Witt verworfen wird - nach Meinung des Gericht fehlt dem beigebrachten Beweismaterial die Stichhaltigkeit, um die behaupteten Tatsache zu erweisen, auf die sie sich beziehen. Mr. Powell, ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt einem Antrag auf Haftentlassung der Angeklagten gegen eine entsprechende schriftliche Verpflichtung widersprechen werden.« Der Satz war nicht als Frage gemeint. »Mr. Hardy, würden Sie bitte zu mir vorkommen.«

55
    Nach dem Prozeß hatte Hardy eine neue Backsteinumrandung für Frannies Rosenbeet beim Zaun im Garten hinter dem Haus gebaut. Soeben stellte er einen Fuß auf die Mauer und schaute zurück zum Haus. Isaac Glitsky, Abes ältester Sohn, nahm seine Aufgabe sehr ernst - er hob den Deckel vom Grill und stach mit einer langen Gabel prüfend in den Truthahnschenkel. »Immer noch ein bißchen rosa«, sagte er.
    Abe, der an Thanksgiving endlich sein - wie Hardy glaubte - erstes Bier des Jahres in der Hand hielt, sprach geduldig, freundlich mit seinem Sohn ganz und gar nicht in dem Ton, den er in seinem Leben als Kriminalbeamter benutzte. »Mach den Deckel einfach zu, Ike, das wird von selbst gar.«
    Der Junge tat es und ging dann zu seinen Brüdern, die mit Hardys Kindern unter dem Vorbau am Haus spielten.
    Für die Jahreszeit war es außergewöhnlich warm, sonnig, von Westen wehte ein leichter Wind. Moses und seine schwangere Frau Susan sollten bald eintreffen, und Frannie und Flo waren im Haus dabei, Zutaten zu schnippeln, Schüsselchen mit Gewürzen und Saucen zuzubereiten, Beilagen zu kochen.
    Hardy führte sich zu Gemüte, was er als den traditionellen Thangsgiving-Old Fashioned bezeichnete - Bourbon und Soda und Zucker und Angostura und Orangen und Kirschen und weiß Gott was sonst noch. Er wollte den Drink genießen, bevor Moses, der Purist, kommen und versuchen würde, ihm das Getränk zu vermiesen. Er setzte sich auf die neue niedrige Mauer, ließ seine Welt auf sich wirken.
    »Das tut's«, sagte er. Er sog genußvoll den Geruch des garenden Truthahns, des frisch gemähten Rasens in sich auf. Dann: »Du glaubst nicht, wer mich gestern angerufen hat.«
    Glitsky sah zu ihm hinüber: »Orlando Cepeda?«
    Hardy schüttelte den Kopf.
    »Michael Jordan?«
    »Kein Sportler.«
    »Ich weiß, daß es nicht Clinton war. Ich bin sicher, er hätte das erwähnt, als ich mit ihm gesprochen habe.«
    Hardy nippte an seinem Drink. »Jennifer Witt.«
    Die warme Brise kam einen Moment lang wieder auf. Isaac stand erneut am Grill, und Abe sagte ihm, er solle sich trollen. »Und dreh diese Mütze andersrum, mein Sohn. Wir haben das doch schon besprochen.«
    Isaac trug seine Giants-Kappe mit dem Schirm nach hinten. Sein Vater, der Inspektor der Kriminalpolizei, stimmte zwar zu, daß es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher