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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil
Autoren: John T. Lescroart
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lag kein Vorsatz ...«
    »Euer Ehren, bitte!« Powell wollte das nicht dulden, nicht so kurz vor Schluß.
    »Notwehr ist ein Rechtfertigungsgrund für Totschlag, Mr. Hardy. Wenn das Ihre Verteidigung sein soll, dann hatten Sie und Mr. Freeman Gelegenheiten genug, das früher zur Sprache zu bringen.«
    Hardy hatte gewußt, daß dies kommen würde, und war darauf vorbereitet. »Dieser Punkt ist in der zweiten eidesstattlichen Erklärung angesprochen, Euer Ehren. In der eidesstattlichen Erklärung von David Freeman. Ich hatte keine Gelegenheit dazu. Mr. Freeman hatte durchaus Gelegenheit dazu. Er hat es vorgezogen, sie nicht zu nutzen. Ich war während der Phase zur Klärung der Schuldfrage nicht der Anwalt von Mrs. Witt. Meine Mandantin sollte jetzt nicht für Mr. Freemans Strategie bestraft werden.« Hardy wußte, daß dies leicht übertrieben war ... er und Freeman waren als Team aufgetreten, und Villars wußte das ebensogut wie Powell. Trotzdem hatte er, technisch gesprochen, nicht unrecht.
    Villars saß da, ihr Gesicht war eine starre Maske.
    »Euer Ehren«, sagte Powell, »das ganze BWS-Thema kam nie zur Sprache. Es steht nicht im Protokoll.«
    Hardy wollte schon widersprechen, aber Villars fiel ihm ins Wort. »Ich weiß, Mr. Hardy, Sie müssen mich nicht daran erinnern.« Sie hob die Hand und drehte die Handfläche nach außen. »Sie werden sich erinnern, Mr. Powell, daß es durch Mr. Hardy persönlich explizit ins Protokoll aufgenommen wurde.«
    »Aber das war während der Phase des Prozesses, bei dem es um Hollis ging. Es hat keinerlei Bezug zu dem, weswegen Jen nifer Witt verurteilt wurde.«
    Villars sah das anders. »Es war Ihre Entscheidung, die Anklagepunkte in diesem Verfahren zusammenzufassen, Mr. Powell. Es ist Ihr Problem, wenn es Überschneidungen gibt. Aber« - sie wandte sich wieder an Hardy - »diese eidesstattliche Erklärung besagt nicht, welche Beweise Lightner hat.«
    Hardy wußte das. Er hatte auch keine unmittelbare Antwort darauf. »Es wird sich aus der Zeugenaussage ergeben.«
    »Ach du großer Gott...«
    Villars zeigte mit dem Finger auf Powell. »Achten Sie auf Ihre Sprache, Mr. Powell. Dieses Gericht wird keine Blasphemien dulden.«
    »Tut mir leid, Euer Ehren, aber ich kann nicht nachvollziehen, worauf wir hier hinauswollen. Sie haben bereits erklärt, daß Sie die sogenannten Beweise von Mr. Hardy nicht zulassen werden...«
    »Bezüglich des Antrags auf Eröffnung eines neuen Verfahrens.« Villars gefiel das Ganze nicht, aber sie kannte ihre Pflicht. Falls es einen Grund gab, weswegen Jennifer nicht zum Tode verurteilt werden sollte, dann mußte sie ihn erwägen. »Bezüglich des Antrags auf Strafmilderung denke ich, daß wir uns anhören sollten, was Dr. Lightner zu sagen hat. Falls es eine Tatsache ist, falls Mr. Hardy aufgrund von Dr. Lightners Aussage beweisen kann, daß Mrs. Witt psychisch und physisch mißhandelt wurde, dann hat sie die Abwägung dieser Tatsache verdient, bevor ich sie verurteile.«
    »Falls es überhaupt eine Tatsache ist, Euer Ehren. Mr. Hardy gibt keinerlei Hinweis darauf, daß er Tatsachen in den Händen hat.«
    Villars überlegte. »Mr. Hardy, können Sie uns etwas über die Substanz von Dr. Lightners in Aussicht gestellter Zeugenaussage sagen?«
    Das war Hardys Blatt, und er mußte die richtige Karte ausspielen. »Tut mir leid, Euer Ehren. Sie können Dr. Lightners eidesstattliche Erklärung lesen - ich zögere, den Versuch zu unternehmen, seine Aussage in näheren Details paraphrasie-ren zu wollen ... ich könnte dem Gericht womöglich unabsichtlich falsche Informationen geben.«
    Dies war etwas, das sie alle verstanden. Hardy war sich nicht sicher, wieviel er aus Lightner herausbekommen würde, aber das konnte er nicht sagen.
    Villars rieb die Papiere zwischen den Fingern, das Geräusch war dumpf, aber irgendwie eindringlich. »Ich werde Dr. Lightner anfangen lassen, Mr. Hardy«, sagte sie zuletzt. »Aber ich warne Sie ...«
    Hardy wußte Bescheid.
    »Was wird er sagen?« flüsterte Jennifer Hardy zu und packte ihn am Arm. »Er glaubt, daß ich schuldig bin.«
    Hardy mußte es bewundern - sie hielt eisern an ihrer Version fest. In all den Monaten hatte es nicht einmal den kleinsten Versprecher oder die kleinste Abweichung gegeben. Sie hatte es einfach nicht getan, Punktum. Natürlich wäre sie nicht die erste Mörderin, die die Tat bis in den Tod hinein abstritt.
    Er beugte sich mit Nachdruck zu ihr hinüber. »Vertrauen Sie mir jetzt. Unterbrechen Sie
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