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Das Urteil

Titel: Das Urteil
Autoren: John Grisham
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sich nicht an mich«, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln. »Ich war vor vierzehn Tagen in Ihrem Geschäft und suchte ein…«
    »Ja, jetzt fällt es mir wieder ein«, sagte er mit einem raschen Blick auf ihre gebräunten Beine. »Sie haben ein Digitalradio gekauft.«
    »Richtig. Und ich heiße Amanda. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich Ihnen meine Telefonnummer gegeben. Ich nehme an, Sie haben sie verloren.«
    »Möchten Sie sich setzen?«
    »Danke.« Sie ließ sich rasch nieder und nahm sich ein paar Pommes frites.
    »Ich habe die Nummer noch«, sagte er. »Ich wollte…«
    »Macht nichts. Ich bin sicher, daß Sie mehrmals angerufen haben. Mein Anrufbeantworter funktioniert nicht.«
    »Nein, ich habe noch nicht angerufen. Aber ich habe daran gedacht.«
    »Natürlich«, sagte sie fast kichernd. Sie hatte perfekte Zähne und genoß es, sie ihm zu zeigen. Ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengerafft. Sie sah zu gut und zu gepflegt aus, um eine Joggerin zu sein. Und auf ihrem Gesicht war keine Spur von Schweiß zu sehen.
    »Und was tun Sie hier?« fragte er.
    »Ich bin auf dem Weg zu meinem Aerobic-Kurs.«
    »Sie essen Pommes frites, bevor Sie Aerobic machen?«
    »Weshalb nicht?«
    »Ich weiß nicht. Es kommt mir irgendwie nicht richtig vor.«
    »Ich brauche die Kohlenhydrate.«
    »Ich verstehe. Rauchen Sie vor dem Aerobic?«
    »Manchmal. Haben Sie deshalb nicht angerufen? Weil ich rauche?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Heraus mit der Sprache, Nicholas. Ich kann es verkraften.« Sie lächelte immer noch und versuchte, kokett zu sein.
    »Okay, es ist mir durch den Kopf gegangen.«
    »Macht Sinn. Sind Sie je mit einer Raucherin ausgegangen?«
    »Nein, nicht soweit ich mich erinnere.«
    »Weshalb nicht?«
    »Vielleicht will ich den Rauch nicht aus zweiter Hand einatmen. Ich weiß es nicht. Das ist nichts, worüber ich mir den Kopf zerbreche.«
    »Haben Sie je geraucht?« Sie knabberte ein weiteres Kartoffelstäbchen und musterte ihn eingehend.
    »Natürlich. Als Junge versucht das jeder mal. Als ich zehn war, habe ich einem Klempner, der gerade im Haus arbeitete, eine Schachtel Camel gestohlen. Habe sie binnen zwei Tagen aufgeraucht. Mir wurde schlecht und ich habe mir eingebildet, ich würde an Krebs sterben.« Er biß ein Stück von seinem Whopper ab.
    »Und das war's?«
    Er kaute und dachte nach, bevor er sagte: »Ich glaube schon. An andere Zigaretten kann ich mich nicht erinnern. Weshalb haben Sie damit angefangen?«
    »Weil ich blöd war. Ich versuche, es aufzugeben.«
    »Gut. Sie sind zu jung.«
    »Danke. Und lassen Sie mich raten. Wenn ich aufgehört habe, rufen Sie mich an, stimmt's?«
    »Vielleicht rufe ich auch so an.«
    »Das habe ich schon öfters gehört«, sagte sie mit einem spöttischen Lächeln. Sie tat einen langen Zug durch ihren Strohhalm, dann sagte sie: »Darf ich fragen, was Sie hier tun?«
    »Ich esse einen Whopper. Und Sie?«
    »Das habe ich doch schon gesagt. Ich bin unterwegs zur Turnhalle.«
    »Richtig. Und ich bin gerade vorbeigekommen, hatte in der Innenstadt zu tun, und habe gemerkt, daß ich hungrig bin.«
    »Weshalb arbeiten Sie in einem Computerladen?«
    »Sie meinen, weshalb ich mein Leben damit vergeude, für einen jämmerlichen Lohn in einem Einkaufszentrum zu arbeiten?«
    »Nein, aber so ungefähr.«
    »Ich bin Student.«
    »Wo?«
    »Nirgendwo. Ich mache gerade eine Pause.«
    »Und wo haben Sie zuletzt studiert?«
    »An der North Texas State.«
    »Und wohin wollen Sie anschließend?«
    »Wahrscheinlich an die Southern Mississippi.«
    »Was studieren Sie?«
    »Informatik. Sie stellen eine Menge Fragen.«
    »Aber nur solche, die leicht zu beantworten sind, finden Sie nicht?«
    »Doch. Wo arbeiten Sie?«
    »Ich arbeite nicht. Ich habe mich gerade von einem reichen Mann scheiden lassen. Keine Kinder. Ich bin achtundzwanzig und ledig und möchte auch, daß das so bleibt, aber gegen die eine oder andere Verabredung hätte ich nichts einzuwenden. Weshalb rufen Sie mich nicht mal an?«
    »Wie reich?«
    Darauf mußte sie lachen, dann schaute sie auf die Uhr. »Ich muß los. Mein Kurs fängt in zehn Minuten an.« Sie stand auf, griff sich ihre Tasche, ließ das Tablett aber stehen. »Bis irgendwann.«
    Sie fuhr in einem kleinen BMW davon.
    Der Rest der Kranken wurde rasch nach Hause geschickt, und um drei Uhr nachmittags war die Zahl auf 159 geschrumpft. Richter Harkin ordnete eine Unterbrechung von fünfzehn Minuten an, und als er auf seinen Stuhl zurückkehrte, verkündete er,
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