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Das Urteil

Titel: Das Urteil
Autoren: John Grisham
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daß sie jetzt zu einer anderen Art des Auswahlverfahrens kommen würden. Er hielt einen strengen Vortrag über staatsbürgerliche Verantwortung und warnte praktisch jedermann, ihm nicht mit einem nicht medizinischen Härtefall zu kommen. Den ersten Versuch unternahm ein mitgenommen aussehender leitender Angestellter, der im Zeugenstand Platz nahm und dem Richter, den beiden Anwälten und der Protokollantin leise erklärte, daß er achtzig Stunden in der Woche für eine große Firma arbeitete, die eine Menge Geld verlor, und jede Stunde fern von seinem Büro verheerende Folgen haben würde. Der Richter schickte ihn auf seinen Platz zurück, wo er weitere Anweisungen abwarten sollte.
    Der zweite Versuch kam von einer Frau in mittleren Jahren, die bei sich zu Hause als Tagesmutter arbeitete. »Ich hüte Kinder, Euer Ehren«, flüsterte sie, gegen die Tränen ankämpfend. »Das ist alles, was ich kann. Ich nehme zweihundert Dollar pro Woche ein, und damit komme ich mit knapper Not aus. Wenn ich in dieser Jury sein muß, dann muß ich jemanden einstellen, der sich um die Kinder kümmert. Das wird den Eltern nicht gefallen, und außerdem kann ich es mir nicht leisten, jemanden zu bezahlen. Es wäre mein Ruin.«
    Die potentiellen Geschworenen sahen interessiert zu, wie sie den Gang entlangging, an ihrer Reihe vorbei, und den Saal verließ. Sie mußte eine verdammt gute Story aufgetischt haben. Der mitgenommen aussehende leitende Angestellte kochte innerlich.
    Um halb sechs waren elf Personen entlassen und sechzehn andere auf ihre Plätze zurückgeschickt worden, weil sie es nicht geschafft hatten, sich genügend bedauernswert anzuhören. Der Richter wies Gloria Lane an, einen weiteren, ausführlicheren Fragebogen zu verteilen und forderte die übriggebliebenen Geschworenen auf, ihn bis neun Uhr am nächsten Morgen auszufüllen. Er entließ sie mit strengen Ermahnungen, nicht mit Fremden über den Fall zu reden.
    Rankin Fitch war nicht im Gerichtssaal, als die Verhandlung am Montagnachmittag vertagt wurde. Er saß in einem Büro ein Stück die Straße hinunter. An der North Texas State gab es keinerlei Unterlagen über einen Nicholas Easter. Die Blondine hatte ihre kleine Unterhaltung im Burger King aufgenommen, und Fitch hatte das Band zweimal abgehört. Es war seine Entscheidung gewesen, sie zu einer Zufallsbegegnung loszuschicken. Das war riskant gewesen, aber es hatte funktioniert. Jetzt saß sie in einem Flugzeug zurück nach Washington. Ihr Anrufbeantworter in Biloxi war eingeschaltet und würde eingeschaltet bleiben, bis die Geschworenen ausgewählt waren. Falls Easter sich zu einem Anruf entschließen sollte, was Fitch bezweifelte, würde er sie nicht erreichen können.
4
    E r enthielt Fragen wie: Rauchen Sie Zigaretten? Wenn ja, wie viele Schachteln pro Tag und seit wann? Und wenn Sie rauchen, wollen Sie dann damit aufhören? Haben Sie jemals gewohnheitsmäßig Zigaretten geraucht? Hat ein Familienangehöriger oder jemand, den Sie gut kennen, unter einer auf das Rauchen zurückzuführenden Krankheit gelitten? Wenn ja, wer? (Bitte den leeren Raum benutzen und den Namen der Person und die Art der Krankheit nennen und angeben, ob die Person erfolgreich behandelt wurde oder nicht.) Glauben Sie, daß Rauchen die Ursache ist von (a) Lungenkrebs, (b) Herzkrankheiten, (c) Bluthochdruck, (d) nichts von alledem, (e) allen genannten Leiden?
    Seite drei enthielt die schwerwiegenderen Angelegenheiten: Was halten Sie davon, daß die medizinische Behandlung von mit dem Rauchen in Zusammenhang stehenden Gesundheitsproblemen mit Steuergeldern unterstützt wird? Was halten Sie davon, daß die Tabakfarmer mit Steuergeldern subventioniert werden? Wie stehen Sie zu einem Rauchverbot in allen öffentlichen Gebäuden? Welche Rechte sollten Raucher Ihrer Meinung zufolge haben? Für alle Antworten stand reichlich freier Raum zur Verfügung.
    Auf Seite vier waren die Namen der siebzehn Anwälte aufgeführt, die offiziell als Prozeßbevollmächtigte eingetragen waren, und dann die von achtzig weiteren, die mit den ersten siebzehn auf irgendeine Art zusammenarbeiteten. Kennen Sie einen dieser Anwälte persönlich? Sind Sie je von einem dieser Anwälte vertreten worden? Waren Sie je in irgendwelche juristischen Verfahren mit einem dieser Anwälte verwickelt?
    Nein. Nein. Nein. Nicholas hakte die Fragen rasch ab. Auf Seite fünf standen die Namen der potentiellen Zeugen, zweiundsechzig Personen inklusive Celeste Wood, der Witwe und Klägerin.
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