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Das unsichtbare Buch

Das unsichtbare Buch

Titel: Das unsichtbare Buch
Autoren: Santiago García-Clairac
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machen.«
    »Du hast recht, aber … es ist eben etwas ganz Besonderes. Das hat ein richtiger Schriftsteller geschrieben! … Hör zu:

    ›Hier rüber!‹, zischte ein Mann mit langen Haaren, der plötzlich aufgetaucht war. Erwar groß und kräftig und trug Pfeil und Bogen bei sich. ›Folgt mir!‹
    Hanna und Sigfrido stellten keine Fragen und folgten dem Mann zwischen Bäumen und dichten Sträuchern hindurch. Mehrere Stunden wanderten sie durch den dunklen Wald, bis sie an ein Flussufer kamen und die aufgehende Sonne den Himmel schon in rötliches Licht tauchte.
    ›Ich glaube, wir haben sie von unserer Spur abgelenkt‹, sagte der Fremde und warf sich vollkommen erschöpft auf den Boden. ›Wir können uns ein wenig ausruhen.‹
    ›Wer bist du?‹, fragte Hanna. ›Warum hilfst du uns?‹
    ›Mein Name ist Nasshan, ich bin Jäger und versorge sie mit Fleisch. Mir werden sie nichts tun, aber wenn sie euch erwischen, seid ihr verloren. Sie mögen keine Fremden‹, erklärte er. ›Deswegen habe ich euch geholfen … Ihr hattet Glück, dass ich in der Nähe war.‹
    ›Was geht in der Mine vor sich?‹, fragte Sigfrido.
    ›Das ist streng geheim‹, antwortete der Mann. ›Niemand weiß, wer die Höhle entdeckt hat und wie lange es sie schon gibt.‹
    ›Und warum gibt es dort so viele Sklaven und Soldaten?‹, wollte Hanna wissen.
    ›Das sind keine Sklaven. Sie arbeiten freiwillig dort, um den Schreibern zu helfen. Die Schreiber haben viele Ideen und viel zu erzählen. Deshalb muss die Höhle Tag und Nacht erleuchtet sein, so können sie pausenlos schreiben‹, erklärte Nasshan und benetzte sein Gesicht mit Wasser. ›Die Soldaten schützen sie vor Eindringlingen.‹
    ›Dann ist das der Ort, an dem die Bücher gemacht werden?‹, fragte Hanna erstaunt.
    ›Ja, es scheint so‹, antwortete der Jäger nach kurzem Zögern, als hätte er noch nie darüber nachgedacht. ›Aber sagt mal, was macht ihr eigentlich hier?‹
    Hanna und Sigfrido sahen sich an.
    ›Wir möchten ein unsichtbares Buch lesen‹, antwortete die Prinzessin schließlich und klopfte auf die Satteltasche, die über ihrer Schulter hing. ›Man hat uns gesagt, die Schwefelmine sei der einzige Ort auf der Welt, an dem …‹
    ›Das stimmt nicht‹, unterbrach Nasshan sie. ›Es gibt noch einen Ort, an dem man unsichtbare Bücher lesen kann.‹
    ›Wo?‹, fragten die beiden erwartungsvoll. ›Wo liegt dieser Ort?‹
    ›Etwas weiter weg‹, antwortete der Jäger und wies mit einem seiner Pfeile nach Norden. ›Zwei Tagesreisen von hier, flussabwärts.‹
    ›Würdest du uns dorthin bringen? Ich werde dich reich entlohnen‹, bot Hanna ihm an und holte ein paar Goldmünzen aus ihrer Tasche.
    ›Gut, folgt mir, ich will euch hinbringen‹, sagte Nasshan und steckte die Goldstücke ein. ›Wir nehmen mein Boot.‹
    Die beiden jungen Leute machten sich bereit, ihm zu folgen, doch da brach ein furchtbares Gewitter los, und es ging ein sintflutartiger Regen nieder .«
    Plötzlich ertönt die mächtige Stimme meines Vaters hinter mir:
    »Was macht ihr hier?«

10
    G uten Abend, Señor Durango«, sagt Lucía geistesgegenwärtig.
    »Hallo, Papa!«, sage ich, um mein schönstes Lächeln bemüht.
    Mein Vater steht mit verschränkten Armen in der Tür und sieht uns streng an.
    »Könnt ihr mir erklären, was ihr an meinem Computer zu suchen habt, Kinder?«, fragt er und macht das Licht im Arbeitszimmer an.
    »Wir wollten wissen, ob es Hanna und Sigfrido gelingt, das unsichtbare Buch zu lesen«, antwortet Lucía beherzt.
    Ich habe das Gefühl, dass der Ärger jetzt so richtig losgeht. Auf jeden Fall ist es meine Schuld. Ich wusste ja, dass man uns erwischen würde.
    »Und wer hat euch erlaubt, den Computer anzumachen?«, fragt mein Vater.
    Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen und sage: »Es ist meine Schuld, Papa.«
    »Er wollte nicht, aber ich hab ihn dazu überredet«, kommt mir Lucía zu Hilfe.
    »Das heißt, ihr seid beide schuld, stimmt’s?«
    Papa kommt ins Zimmer und setzt sich auf seinen Stuhl vor den Computer.
    »Wisst ihr nicht, dass das geheim ist?«
    Wir sagen nichts, aber in unseren Gesichtern kann man lesen, dass wir das sehr wohl gewusst haben.
    Auch Papa schweigt. Er trommelt mit den Fingern auf der Schreibtischplatte. Offensichtlich ist er sehr böse.
    »Uns gefällt Ihre Geschichte sehr«, sagt meine Freundin schüchtern. »Wenn Sie wüssten, was wir alles anstellen mussten, um sie zu lesen, wären sie nicht so böse auf uns.«
    Papa mustert
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