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Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)

Titel: Das Unkrautland, Band 2: Das Geheimnis der Schwarzen Hütte (German Edition)
Autoren: Stefan Seitz
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drei Kindern unter ihm im Zimmer kam keine Antwort.
    »Die beiden waren so weit gelaufen«, tuschelte die Großmutter, »dass sie den Finsterwald schon lange hinter sich gelassen hatten.« Sie weitete die Augen. »Die Mädchen befanden sich jetzt an jenem Ort, vor dem sogar Erscheinungen wie Irrlichter Angst haben. Das nun, Kinder, waren die Westlichen Sümpfe!«
    Primus hob das Kinn. Überrascht schielte er zu der Gruppe hinunter.
    »Eines steht fest«, raunte die Frau. »Dort drüben, in den Westlichen Sümpfen, gibt es Dinge, die sind tausendmal gefährlicher als das Gesindel im Finsterwald, so wahr ich hier sitze.«
    Die Stille hielt an.
    Erst nach einigen Momenten reckte der ältere der beiden Jungen seinen Kopf. »Was sind das für Dinge?«, fragte er vorsichtig.
    Ja, das wüsste ich auch gerne, dachte Primus und spitzte die Ohren.
    »Die Westlichen Sümpfe sind ein allzu geheimnisvolles Gebiet«, sagte sie. »Besonders abgelegen und nur schwer zugänglich. Kaum ein Mensch, der gewagt hat, es zu betreten, ist jemals wieder von dort zurückgekehrt. Man erzählt sich, die Sümpfe seien lebendig .«
    »Lebendig?«, fragte der Junge. »Was meinst du damit?«    
    »Genau, wie ich es sage«, entgegnete sie. »Die Sümpfe fangen euch ein. Sie stellen euch Fallen, hüllen euch in giftige Nebel und verschlingen jeden, der sich dorthin begibt. Dunkle Mächte sind da am Werk. Baumnymphen, Wassergeister und bitterböse Hexen.«
    Dann verstummte die Frau.
    Langsam und prüfend lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück. »… und was sich inmitten der Sümpfe befindet, das wisst ihr ja, oder?«
    Tatsächlich? – überlegte Primus. Das weiß ich nun wiederum nicht.
    Diesmal war es das kleine Mädchen, das auf einmal das Wort ergriff: »Die Schwarze Hütte«, antwortete es bibbernd.
    Die Großmutter lächelte überrascht. »Ganz recht«, bestätigte sie. »Und ohne es zu wissen, gingen die Mädchen geradewegs darauf zu.«
    Nach diesen Worten setzte sich Primus auf. Jetzt wurde es doch glatt interessant. Er rutschte vor bis zur Kante des Balkens und blickte gebannt in das Zimmer hinunter. Das Licht in der Petroleumlampe hatte nachgelassen. Behutsam drehte die Großmutter den Docht nach oben, während ihr Primus voll Ungeduld dabei zusah. Heute Nacht war es nicht das erste Mal, dass er die Leute von der Schwarzen Hütte erzählen hörte. Über diesen Ort war ihm schon mehrfach etwas zu Ohren gekommen. Allerdings hatte Primus bisher immer geglaubt, dass man damit den alten Turm meinen würde, in welchem er wohnte. Schließlich machten die Leute um diesen einen ebenso großen Bogen wie um den gespenstischen Finsterwald. Dass man aber hierbei von einem gänzlich anderen Gebäude sprach und dass dieses darüber hinaus in den Westlichen Sümpfen stehen sollte, das war ihm nun vollkommen neu.
    Endlich erzählte die Großmutter weiter:
    »Die zwei wateten durch die Sümpfe, sprangen über blubbernde Tümpel und stießen plötzlich, wie aus dem Nichts, auf einen schmalen, verwilderten Pfad. In engen Schlangenlinien führte dieser nach Westen. Natürlich folgten ihm die Mädchen sogleich. Hand in Hand gingen sie dahin, ohne zu wissen, was sie am Ende erwartete. Sie erreichten den Schneckenbach, tappten über eine Holzbrücke und kamen schließlich an eine Stelle, von wo aus der Pfad fortan mit pechschwarzen Kieseln bedeckt war. Dünne Birken voll welker Blätter säumten den Weg und von irgendwo aus der Luft vernahmen sie Laute.« Die alte Frau hielt ihre Hand ans Ohr. »Es schien so, als würden Stimmen leise zu ihnen flüstern.«
    »Stimmen?«, fragten die Kinder.
    »Ja, Stimmen! Säuselnd und kaum wahrnehmbar erfüllten diese die Luft. Die Mädchen wussten nicht, wie ihnen geschah. Überrascht blieben sie stehen und blickten sich um. Doch sosehr sie sich auch bemühten, sie konnten weit und breit niemanden entdecken. Also beschritten sie weiter den kiesigen Pfad. Länge für Länge und Windung für Windung. Aber mit jedem Schritt, den sie von nun an taten, wurde auch das Geflüster deutlicher: … fort, hinfort und weg geschwind …, drang es raschelnd an ihre Ohren. … fort, hinfort von diesem Ort … Was hatte das zu bedeuten? Wer sprach da zu ihnen? Schließlich blickte eines der Mädchen nach oben in die Wipfel der Bäume. Sie traute ihren Augen nicht. Wie von Geisterhand geführt neigten sich die Baumkronen im Mondlicht und schillernde Blätter glitten zu Boden. Jetzt begriffen sie, woher diese Stimmen kamen. Es war das
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