Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)

Titel: Das Unglueck Mensch (Darwin's Failure)
Autoren: Madeleine Puljic
Vom Netzwerk:
erfolgreich war.“
    „Wozu benötigt man einen Spatz mit dem Intellekt eines Menschen?“ Obwohl Nioves Frage berechtigt war, entgingen ihr nicht die entrüsteten Blicke der Wissenschaftler.
    Zarails Antwort war entsprechend spitz, wahrscheinlich, um sich für die Niederlage heute Morgen zu revanchieren.
    „ Niemand benötigt einen Spatz mit dem Intellekt eines Menschen“, hier galt sein entschuldigender Blick Karill, der ihm betont den Rücken zuwandte. „Aber der Erfolg, tierische mit menschlichen Eigenschaften zu kreuzen … Was für Möglichkeiten uns damit offen stehen, ist unvorstellbar!“ Nun brach doch der Genetiker in ihm durch, seine Stimme wurde vor Erregung lauter und zittriger.
    „Ein Mensch mit den scharfen Sinnen einer Eule, eines Hundes. Mit Kiemen, um endlich neue Lebensräume in den Meeren zu bevölkern. Regenerierende Organe und nachwachsende Gliedmaßen oder die Unabhängigkeit von Sauerstoff!“
    Die Forscher führten Niove und Karill zu ihren Experimenten, froh darüber, eine Zuhörerin gefunden zu haben, der sie ihre Arbeit uneingeschränkt präsentieren konnten.
    „Und wenn wir die Tiergene erst einmal erfolgreich in unsere Systeme integriert haben“, ergänzte Bokan mit einem Wink in Richtung mehrerer Tanks, in denen verschiedene Arten von Algen ihr Dasein fristeten, „dann stehen uns die Tore der Gentechnik endlich vollends offen. Pflanzen, Bakterien, Einzeller – die Möglichkeiten sind unendlich!“
    Schweigend und mit verborgenem Unbehagen beobachtete Niove das sanfte, unschuldig wirkende Wogen der Algen. Ja – die Möglichkeiten waren unendlich.
     
     

2. Kapitel
     
    Das Geräusch rascher, kräftiger Schritte ließ Atlan erstarren. Schnell sank er auf die Knie und rutschte unter einen der tuchbedeckten Tische, die den Gang säumten. Diese Schritte lernte jeder Bewohner des Klosters sehr bald zu fürchten.
    Das Leben hatte sich von Kirrets Abenteuer nicht aufhalten lassen, und die Eintönigkeit des Klosteralltags hatte bald wieder die kurzfristige Aufregung verdrängt. So kam es, dass Atlan trotz der späten Stunde unterwegs zu Ramin war – nichts, das direkt gegen irgendwelche Vorschriften verstieß, aber auch nichts, bei dem er sich erwischen lassen wollte.
    Lautlos hockte er unter dem Tisch und hoffte, dass das Tuch, das nicht ganz bis zum Boden herabhing, ihn gut genug verbergen würde. Die Schritte näherten sich, und Atlan hielt die Luft an, um sich nicht durch einen zu lauten Atemzug zu verraten. Überrascht stellte er dabei fest, dass er neben dem bekannten Eilschritt des Meisters ein leises Huschen vernehmen konnte, das nicht von Serus Robe stammen konnte.
    Zögernd lugte er unter der Tischdecke hervor. Auch wenn Furchtlosigkeit garantiert keine seiner Stärken war, seine Neugier war dafür eine umso größere Schwäche. Und sie siegte.
    Es dauerte nicht lange, bis er sie sehen konnte – die mit schwarzem Stoff beschuhten Füße des Meisters, und daneben ein zweites Paar, nackt und schmutzig, das er nicht einordnen konnte. Das Tragen gewöhnlicher Straßenschuhe war innerhalb des Klosters nicht erlaubt, daher fanden Priester und Adepten am Eingang Plastikschuhe vor, die sie überstreifen, wenn sie das Gebäude verließen. Gästen wurden dort stattdessen speziell für ihren Aufenthalt im Kloster vorgesehene Pantoffeln angeboten. Barfuß ging niemand.
    Die beiden Erwachsenen kamen immer näher und hielten schließlich exakt vor der Stelle, an der Atlan auf dem Boden kauerte. Nur der dünne, helle Stoff des Tuches trennte sie, und Atlan konnte den beißenden Geruch wahrnehmen, den die unbekannten Füße verströmten. So nah, wie sie nun waren, konnte er auch erkennen, dass sie unvollständig waren – an einem fehlte die kleine Zehe, an dem anderen waren zwei der mittleren nicht mehr vorhanden.
    Angst schnürte ihm die Kehle zu. Sie mussten ihn bemerkt haben. Jeden Moment würden sie das Tuch fortreißen, ihn hervorzerren …
    Aber nichts dergleichen passierte. Nach wenigen Sekunden setzten sie ihren Weg einfach fort. Hätte Atlan den Ausdruck gekannt, dass einem ein Stein vom Herzen fallen konnte – er hätte erklärt, dass es mindestens ein halber Berg gewesen sein musste, der in diesem Moment in seinem Inneren einstürzte.
    Gleichzeitig erinnerte er sich an etwas, das die Panik völlig aus seinem Gedächtnis gelöscht hatte – die Obstschalen, die auf den Tischen standen. Sie waren mit den künstlich gezüchteten Äpfeln gefüllt, die für die unteren Schichten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher