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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz
Autoren: Magdalen Nabb
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Ich frage mich immer wieder – es klingt vielleicht dumm –, aber ich frage mich immer wieder, ob er mir dieses Problem absichtlich aufgeladen hat.
    Ich glaube, er hat mich immer verachtet.«
    »Nein, nein… ich bin sicher, das hat er nicht«, log der Maresciallo.
    »O doch. Er hat mich immer für naiv gehalten, und das hieß für ihn, ich bin ein Dummkopf. Erinnern Sie sich an die Sache mit den Drogen? Er hat mir deswegen das Leben schwergemacht, aber nicht etwa, weil ich mit gefährlichen Drogen herumexperimentierte, sondern weil ich als einziger so dumm war – ›so schwachsinnig‹, wie er es nannte –, dortzubleiben und für den Jungen, der dann starb, einen Krankenwagen zu rufen und dadurch zu riskieren, verhaftet zu werden. Ich weiß, daß er nur mit mir hierhergekommen ist, um Ihnen Geld zu geben, falls ich noch einmal in eine Klemme gerate. Er hat es versucht, nicht?«
    »Ja. Hat er.«
    »Ich wußte es, als ich draußen in Ihrem Warteraum saß. Ich war ganz sicher. Ich glaube, ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so geschämt.«
    »Das war aber doch gar nicht nötig. Es war doch nicht deine Schuld. Aber bei dieser anderen Sache, da könntest du recht haben, und es wäre ein Scherz, der auf deine Kosten geht. Deshalb sollten wir nichts übereilen. Wir werden erst einmal einen Kaffee trinken, bevor wir Weiteres unternehmen.«
    Bei der Erinnerung kam der Maresciallo zu dem Schluß, er könne jetzt gleich einen vertragen, und ein Glas Wasser dazu. Das Schwitzen in diesem verfluchten Wollmantel hatte ihn durstig gemacht. Er war natürlich auch schon ein ganzes Stück zu Fuß gegangen. Er erspähte vor sich ein rotes Neonschild auf der anderen Seite eines dunklen Gäßchens und überquerte die Straße in der Hoffnung, es sei eine Bar. Es war keine. Es war eine Trattoria, doch die Bar fand er gleich an der nächsten Straßenecke.
    »Einen Kaffee und ein Glas Wasser.«
    »Mit oder ohne Kohlensäure?«
    »Ohne.«
    Während er wartete, fischte er einen Zettel aus der Manteltasche und schaute sich die Adresse an, die Marco ihm aufgeschrieben hatte.
    »Ein Kaffee.«
    »Vielen Dank.«
    »Das Glas auch für Sie?«
    »Ein größeres, bitte. Es ist so heiß für November…«
    »Grippewetter. Meine Frau hat es schon erwischt.«
    Die Via dei Della Robbia müßte die nächste rechts sein. An dem starken Kaffee verbrühte er sich die Zunge, und er trank einen Schluck Wasser. Der junge Marco hatte seine Hausaufgaben zweifellos gemacht.
    »Es könnte doch sein, verstehen Sie, daß mein Vater nur so eine Art Mittelsmann war, ob das Bild nun gefälscht oder gestohlen ist. Er muß es ja nicht gestohlen haben, und gemalt haben kann er es nicht. Folglich hab ich mir mal sein Notizbuch gründlich angesehen und jeden angerufen, mit dem er in Kontakt stand. Der Tod meines Vaters war ja ein guter Vorwand. Ich glaube, ich kann alle ausschließen, bis auf diesen einen. Außer einem Nachnamen und dem Datum einer Verabredung stand über ihn nichts in dem Buch. Und da der Name ungewöhnlich ist, hab ich im Telefonbuch nachgeschaut, und da gab es nur zwei Einträge. Der eine ist eine Frau, eine Tierärztin, der andere dieser Mann, Ivo Benozzetti in der Via dei Della Robbia. Das ist eine dieser Straßen aus dem 19. Jahrhundert, wo im Erdgeschoß überall Ateliers sind.«
    »Du hast Detektiv gespielt?«
    »Es war nicht meine Absicht… Ich will sagen, ich konnte ja nicht Sie bitten…«
    »Ach, das war doch nur ein Scherz. Du hast gute Arbeit geleistet. Und was nun? Willst du diesen Mann aufsuchen?«
    »Ich hatte gehofft, Sie würden das tun.«
    »Ich?«
    »Nicht offiziell, bloß als Freund der Familie, der mir aus der Verlegenheit hilft – und das stimmt ja auch, nicht?«
    Ohne dem Maresciallo Gelegenheit zum Einspruch zu geben, sprach er weiter. »Ich dachte mir, wir – Sie – könnten sagen, mein Vater habe in seinem Testament verfügt, daß sich bestimmte Freunde kleine Erinnerungsstücke aus seinen persönlichen Sachen im Atelier aussuchen dürfen. Sie könnten ihn bitten, sich dort mit mir zu treffen und etwas auszuwählen.«
    »Befinden sich denn noch persönliche Sachen im Atelier?«
    »Nicht viele«, gab Marco zu, »aber ein oder zwei gerahmte Fotografien von ihm mit berühmten Leuten, solche Dinge eben, und da ist eine Uhr, ein alter Brieföffner, genug, um die Leute zu überzeugen, hoffe ich. Sie brauchten das Gemälde nicht einmal zu erwähnen. Denn wenn er mit drinhängt, weiß er ja sowieso davon. Falls es ihm
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