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Das Ungeheuer von Florenz

Das Ungeheuer von Florenz

Titel: Das Ungeheuer von Florenz
Autoren: Magdalen Nabb
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Atelier, das sein Sohn erben sollte, in das Haus seiner zweiten Frau transportiert. Und doch stand da unerklärt, unerklärlich dieses anscheinend wertvolle Gemälde auf einer Staffelei mitten auf dem weißen Marmorboden.
    Ein Brief war von der Florentiner Niederlassung eines berühmten Londoner Auktionshauses gekommen, gefolgt von einem persönlichen Besuch. Alles sehr diskret. Signor Landini habe mit ihnen über den Verkauf eines Porträts von Anna Caterina Luisa dei Gherardini, gemalt von Antonio Franchi, gesprochen und sei so freundlich gewesen, ihnen eine Fotografie zu überlassen. Sollte die Contessa unter den gegebenen Umständen nicht mehr verkaufen wollen, werde man natürlich… »Die Contessa? Sie meinten deine Mutter?«
    »Genau. Meine Mutter, Maresciallo, besitzt nichts außer einem alten Florentiner Namen. Deshalb hat er sie auch geheiratet. Mein Vater hat Geld gemacht, neues Geld, aber der Name Gherardini war ihm zu Beginn seiner Laufbahn nützlich in den Kreisen, in denen er verkehren wollte. Jedenfalls, das Bild gehört ihr nicht, und selbst wenn, wäre sie die letzte, die erlauben würde, daß es verkauft wird…«
    Er zögerte und verstummte.
    Der Maresciallo hörte zu und wartete. Der Junge verheimlichte irgend etwas, aber das würde schon noch herauskommen. Er sagte nichts, und seine großen ausdruckslosen Augen ließen nicht erkennen, was er dachte.
    »Mein Vater hat ziemlich viel auf eigene Rechnung gehandelt, neben den Schätzungen und Zuschreibungen, die er gegen Honorar angefertigt hat, und daher wäre es auch nichts Besonderes, daß ein unidentifiziertes Bild im Atelier steht, wenn er nicht den Namen meiner Mutter ins Spiel gebracht hätte…«
    »Befürchtest du, daß es gestohlen ist?«
    Marco schaute zu Boden, sein Gesicht begann zu brennen.
    »Entweder das, oder es ist eine Fälschung.«
    Wieder hörte der Maresciallo nur zu und wartete. Das war noch nicht alles, sonst hätte Marco sich entspannt. Er entspannte sich aber nicht.
    »Hast du mit deiner Mutter darüber gesprochen?«
    »Nein. Wie könnte ich denn? Sie würde doch dann mit hineingezogen werden, ob es nun ihr Bild ist oder nicht. Sie hat ihn gehaßt, wissen Sie, und mehr als alles andere hat sie es gehaßt, finanziell abhängig von ihm zu sein, weil er sich einbildete, das gäbe ihm das Recht, alles zu bestimmen, wie er es ja auch getan hat.«
    »Das verstehe ich, aber was willst du tun? Und was soll ich für dich tun?«
    »Ich möchte die Sache aufklären, ohne meiner Mutter etwas zu sagen, ohne daß die Zeitungen etwas davon erfahren. Wenn das Bild gestohlen ist, möchte ich, daß es ohne einen großen Skandal zu seinem Eigentümer zurückkehrt – das wird doch wohl gehen? Ich habe es nicht gestohlen, und mein Vater ist schließlich tot, ihn kann man nicht belangen, auch wenn es herauskommt.«
    »Tja… ich bin nicht sicher, was passieren würde, das fällt nicht in meine Zuständigkeit. Dir wird nichts geschehen, denn es wurde dem Auktionshaus ja angeboten, bevor du es geerbt hast. Aber deine Mutter… ich finde, du solltest es ihr sagen.«
    »Nein, auf keinen Fall, das kann ich nicht machen.«
    »Dann brauchst du fachmännischen Rat. Ich weiß nicht, ob ein Bild gestohlen ist oder nicht, und was Fälschungen betrifft…«
    »Aber Sie haben ein Sonderdezernat in Rom. Das habe ich schon allein herausbekommen, und dort sollte man wissen, ob es als gestohlen registriert ist.«
    »Und falls ja? Wenn ich denen die Information zukommen lasse, tun die, was sie tun müssen.«
    »Was sollte denn passieren, wenn ich es doch zurückgeben will?«
    »Die Leute in Rom können das Bild nicht einmal anfassen, geschweige denn an seinen Besitzer zurückgeben, ohne eine offizielle Untersuchung einzuleiten.«
    »Aber das können sie wenigstens, ohne daß etwas in die Zeitungen kommt.«
    »Vielleicht.«
    »Ich glaube nicht, daß mein Vater ein Dieb war. Ich meine, ich will es nicht glauben, das kommt der Wahrheit wohl näher. Meine Mutter verabscheute ihn, und ich noch mehr.«
    So wie er es verabscheut hatte, als sein Vater ungefähr zwölf Jahre zuvor auf demselben Stuhl gesessen und dem Maresciallo Geld angeboten hatte. Es hatte ihn beschämt.
    »Ich tue, was ich kann.«
    »Ja? Hören Sie, wenn Sie nur herausfinden könnten, ob ein Franchi-Bild als gestohlen registriert ist. Bloß das, ohne den Titel zu nennen, denn der muß ja nicht stimmen. Und ich forsche selber weiter, welche Franchi-Bilder es überhaupt gibt und wo sie sich befinden.
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