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Das Turnier

Das Turnier

Titel: Das Turnier
Autoren: Anu Stohner
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sagte Robert.
    »Glaub ich nicht«, sagte Rigobert, und ich war gespannt, was Dagobert sagen würde, aber ein Blick von Kuno ließ ihn schweigen.
    »Kommt mit zum Tor, ich zeig’s euch!«, sagte Kuno, und wir anderen folgten ihm, das heißt, alle außer Wuschel. Von kreischenden Mädchen tun ihm, glaub ich, schon zu Hause die Ohren weh.
    Als wir durchs Tor schauten, lag nur noch ein dünner gelblich grauer Schleier über den Zelten, und die beiden Ritter und ihr Gefolge standen wieder dort, wo sie bei ihrer Ankunft haltgemacht hatten. Den großen Kampf hatte es also nicht gegeben. Oder noch nicht. Jedenfalls saßen alle noch auf ihren Pferden, nur dass man die nicht sehen konnte, denn um die beiden Reiterpulks herum hingen Trauben von Mädchen, eine beim Weißen und eine beim Schwarzen Ritter. Sie kreischten um die Wette und wedelten mit Fähnchen und Tüchern, die einen mit weißen und die anderen mit schwarzen. Was sie kreischten, konnte man nicht verstehen, aber es klingelte einem in den Ohren davon. Und es hörte einfach nicht auf. Die Trauben standen auch nicht still. Während sie kreischten und wedelten, versuchtendie Mädchen, sich nach vorn zu drängen und die Ritter zu berühren. Aber nur wenige schafften es, und auch nur mit den Fingerspitzen, dann wurden sie von den geharnischten Reitern wieder abgedrängt.
    Es war wie manchmal im Fernsehen, wenn sie zeigen, wie irgendwo ein Popstar auftaucht und die Mädchen vollkommen aus dem Häuschen sind. Einmal hab ich bei so einer Gelegenheit sogar meine große Schwester im Fernsehen gesehen: als Justin Timberland oder so ähnlich bei uns in der Stadt war, vor dem Hotel, in dem er gewohnt hat. Erst hat sie’s abgestritten, und dann hat sie gesagt, dass ich’s nicht verstehe, weil Jungs sowieso nie was verstehen wegen den falschen Genen 3 .
    Jetzt gerade (also in der Ritterzeit) hatte es wieder eine ganz nach vorne geschafft, beim Weißen Ritter. Erst klammerte sie sich an sein Bein, aber die Rüstung war anscheinend zu glatt, dann hüpfte sie hoch, als wollte sie nach dem Federbusch auf seinem Helm grapschen. Als dieMädchen hinter ihr sahen, was sie machte, wurde das Gekreisch um den Weißen Ritter noch lauter, obwohl man das kaum noch für möglich gehalten hätte. Aber es nützte alles nichts: Das Mädchen konnte hüpfen, wie es wollte, es kam nicht mal bis zum Visier, und dann schnappte es sich auch schon einer von den Geharnischten, hob es hoch und stellte es zwischen die anderen zurück.
    Genau da schwoll auch der Lärm um den Schwarzen Ritter an. Ich schaute hin und sah auch da ein Mädchen hüpfen, bevor es von einem Geharnischten hochgehoben und in die kreischende Mädchentraube zurückgestellt wurde.
    Beide Mädchen waren nur für Sekunden über der Menge aufgetaucht, aber das reichte, um sie zu erkennen. Es waren Ingrid und Irmtraud, Kunos Schwestern, Ingrid beim Weißen und Irmtraud beim Schwarzen Ritter. Ich schaute Kuno an, und er zuckte die Achseln. Anscheinend hatten Jungs schon in der Ritterzeit Probleme, ihre Schwestern zu verstehen.

Das sechste Kapitel, das am geheimsten Ort auf der Wackerburg spielt
    (Manchmal geschehen dort echt unheimliche Dinge!)
    Soll ich euch sagen, was das Schlimmste war: Das Schlimmste war, dass ich Irmtraud eigentlich nett finde. Sie hat ganz dunkle, tiefe Augen und fast so lange Haare wie Klara, nur blond, und wenn die Ritterzeit nicht ein bisschen weit weg wäre, hätte ich sie vielleicht auch schon mal ins Schwimmbad eingeladen. (Okay, die hatten noch keine Schwimmbäder. Dann eben anderswohin.) Aber jetzt verstand ich sie einfach nicht. Ich meine, ich hatte keine Ahnung, was es mit den beiden Rittern auf sich hatte. Wahrscheinlich waren sie doch keine Schattenreiter, aber unheimlich waren sie trotzdem. Wie man für so jemanden schwärmen konnte, war mir schleierhaft.
    »Waf ift, fie lange follt ihr euf daf noch anfauen«, sagte Robert. Er hielt sich nicht mehr die Nase, klang aber immer noch so.
    »Gar nicht mehr«, sprach Kuno mir aus der Seele. Dann sagte er, wir sollten mitkommen, erkönne uns alles erklären, und ich war gespannt, ob es diesmal klappte. Zweimal war es mit dem Erklären ja schon schiefgegangen.
    Aber diesmal schaffte er’s. Er führte uns in die Waffenkammer, das ist der geheimste Ort in der Wackerburg, wo man am wenigsten gestört wird. Es gibt darin nicht mal Fenster, nur schmale Schlitze hoch oben in den Wänden, Schießscharten sind das, durch die Lichtbündel schräg in den Raum fielen
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