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Das Todeswrack

Das Todeswrack

Titel: Das Todeswrack
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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schoss.
    Die
Stockholm
maß 160 Meter von vorn bis achtern und 21 Meter in der Breite.
    Damit war sie das kleinste Linienschiff auf der Transatlantikroute. Dennoch handelte es sich bei ihr um ein ganz besonderes Schiff, schnittig wie eine Jacht und mit schwungvollen Konturen, die sich dynamisch von ihrem langen Vorderdeck bis zum Heck zogen, das so sanft gerundet war wie ein Weinglas. Ihre glänzende Außenhaut war vollständig weiß, abgesehen von einem einzelnen gelben Schornstein. Nillson genoss das Gefühl der Kontrolle. Er brauchte nur mit den Fingern zu schnippen, und die drei wachhabenden Matrosen würden herbeieilen, um seine Befehle entgegenzunehmen.
    Wenn er einen der Hebel an den Schiffstelegrafen umlegte, würden Glockensignale ertönen und Männer an die Arbeit hasten.
    Er lachte in sich hinein, denn seine Hybris war ihm durchaus bewusst. Seine vierstündige Wache bestand im Wesentlichen aus einer Reihe von Routineaufgaben, die dafür sorgen sollten, dass das Schiff auf einer imaginären Route blieb, an deren Ende es auf einen imaginären Punkt in der Nähe des gedrungenen roten Feuerschiffs treffen würde, das vor Nantuckets tückischen Untiefen warnte. Dort würde die
Stockholm
auf einen nordöstlichen Kurseinschwenken, der ihre 534 Passagiere an Sable Island vorbei und geradewegs quer über den Atlantik bringen würde, an der Nordküste Schottlands entlang und schließlich in den Hafen von Göteborg.
    Zwar war Nillson nur achtundzwanzig Jahre alt und hatte erst knappe drei Monate zuvor seinen Dienst auf der
Stockholm
angetreten, doch zur See gefahren war er schon seit frühester Jugend. Als Teenager hatte er auf mehreren Ostseefischkuttern gearbeitet, später dann als Hilfsmatrose bei einer großen Reederei. Danach folgten die schwedische Seefahrtsakademie sowie ein kurzer Abstecher zur schwedischen Kriegsmarine. Die
Stockholm
war ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Erfüllung seines Traums: Herr über ein eigenes Schiff zu sein.
    Nillsons Aussehen entsprach nicht dem üblichen Klischee des großen blonden Skandinaviers. Er wirkte nicht wie ein Wikinger, sondern eher wie ein Venezianer, denn er hatte die italienische n Gene seiner Mutter geerbt und dazu ihr kastanienbraunes Haar, den olivfarbenen Teint, die schmächtige Statur und das sonnige Gemüt. Dunkelhaarige Schweden waren nichts Ungewöhnliches. Manchmal fragte sich Nillson, ob die mediterrane Wärme seiner großen braunen Augen auch nur das Geringste mit der eisige n Kälte seines Kapitäns zu tun hatte.
    Vermutlich handelte es sich eher um eine Mischung aus skandinavischer Reserviertheit und der strengen schwedischen Seefahrttradition strikter Disziplin. Wie dem auch sei, Nillson arbeitete härter, als er musste. Er wollte dem Kapitän keinen einzigen Anlass zur Kritik geben.
    Sogar in dieser friedlichen Nacht ohne Schiffsverkehr, bei kaum merklichem Seegang und idealem Wetter, schritt Nillson von einem Ende der Brücke zum anderen, als würde das Schiff sich inmitten eines Orkans befinden.
    Die Brücke der
Stockholm
war in zwei Bereiche unterteilt: vorn das sechs Meter breite Ruderhaus und dahinter der gesonderte Kartenraum. Die seitlichen Türen, die hinaus auf Deck führten, standen offen und ließen die leichte Südwestbrise hinein. Auf jeder Seite der Brücke befanden sich ein RCA-Radargerät und ein Schiffstelegraf. In der Mitte des Ruderhauses stand der Steuermann auf einer hölzernen Plattform einige Zentimeter über dem gebohnerten Deck. Sein Rücken wies zu der Trennwand, seine Hände umschlossen das Steuerrad, und sein Blick ruhte auf dem Kreiselkompass zu seiner Linken.
    Unmittelbar vor dem Ruder, unterhalb des mittleren Fensters, befand sich eine Kursanzeige. Die drei hölzernen Würfel in dem Anzeigekasten waren mit Ziffern versehen, damit der Steuermann stets die Fahrtrichtung im Auge behielt.
    Die Würfel standen auf 090.
    Nillsons Schicht begann um acht Uhr dreißig abends. Er war einige Minuten früher nach oben gekommen, um einen Blick auf die Wetterberichte zu werfen. Für die Gegend um das Feuerschiff vor Nantucket wurde Nebel vorhergesagt. Das war keine Überraschung. Die warmen Gewässer der Nantucket-Untiefen stellten praktisch eine Nebelfabrik dar. Der Offizier, dessen Schicht jetzt endete, teilte ihm mit, dass die
Stockholm
sich ein wenig nördlich des Kurses befand, den der Kapitän gesetzt hatte.
    Wieweit nördlich, konnte er nicht sagen. Die Funkbaken waren zu weit entfernt, um eine exakte Positionsbestimmung
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