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Das Tibetprojekt

Titel: Das Tibetprojekt
Autoren: Tom Kahn
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Politik, Religion und Geschichte gleichermaßen auskennen. Kennen Sie
     jemanden, der dafür in Frage käme?«
    Stahlmann war sehr zufrieden mit sich. So einen Mann gab es nicht. Schon gar in so kurzer Zeit. Er hatte die Ermittlungen
     damit erfolgreich gebremst.
     
    Tang Wu tat so, als ob er überlegte. Er hatte seine eigenen Vorstellungen über den nächsten Schritt, aber es sollte alles
     wie eine Entscheidung der Deutschen aussehen. Und wie es aussah, lief alles in die gewünschte Richtung. Den entscheidenden
     Anruf seiner Agentin in Deutschland hatte er schon heute Morgen erhalten.
    |43| Und so sagte er mit einem eifrigen Kopfnicken: »Exzellenz, Herr Dr.   Stahlmann, ich stimme dem Vorschlag zu.«
    Stahlmann warf Tang einen überraschten Blick zu, aber der Generalmajor ließ sich nicht weiter beirren, sondern schob dem Botschafter
     einen Zettel mit Namen und Adresse zu. »Ich möchte diesen Mann vorschlagen. Dr.   Philipp Decker aus Frankfurt. Er genießt einen ausgezeichneten Ruf.«
    »Ein Hochschullehrer?«, fragte Wittenstein. »Ist er denn abkömmlich?«
    »Nun, so viel ich weiß, sind in Deutschland gerade Semesterferien«, sagte Tang. »Und Herr Dr.   Decker ist vielleicht einer kleinen Exkursion nach Tibet nicht abgeneigt. Allerdings wäre es sicher eine gute Idee, wenn der
     Herr Botschafter selbst   ...«
    Wittenstein nahm das Papier und sagte: »Dr.   Decker? Na gut. Ich erledige das. Ich fliege gleich mit der nächsten Maschine nach Frankfurt.«
    Stahlmann war blass geworden, ließ sich aber nichts anmerken. Wer war dieser Decker? Er hatte noch nie von ihm gehört, aber
     wenn er wirklich diese Qualifikationen besaß, konnte er ihnen womöglich gefährlich werden.
    Nun, im Zweifelsfall musste eben eine radikale Lösung gefunden werden.
     
    Beim Verlassen der deutschen Botschaft griff der chinesische Geheimdienstchef beruhigt nach seinem Handy. »Es gab keine Schwierigkeiten,
     Genosse Präsident.«
    »Sehr gut.« Chinas Staatsoberhaupt legte zufrieden auf. Er sah auf das wunderschöne handgearbeitete Xingqi Brett, dem chinesischen
     Schachspiel.
Alles nur ein Frage des strategischen Denkens.
Und sein Plan war teuflisch gut.
    |44| Der Vorsitzende war alleine in seinem riesigen Büro und schaute aus dem Fenster. Innerlich überblickte er die politische Großwetterkarte,
     in die er diesen Plan einbetten würde. Er dachte an sich und die Geschichte seines Landes. Er führte die größte Partei der
     Welt mit 70   Millionen Mitgliedern und entschied über das Wohl und Wehe von 1,3   Milliarden Chinesen. Einem Fünftel der Menschheit. Es herrschte Goldgräberstimmung, und es sah alles so aus, als wäre das
     Land unaufhaltsam auf dem langen Marsch vorbei an den USA an die Weltspitze. Um die Zahlen der chinesischen Volkswirtschaft
     beneideten sie Staatsoberhäupter der ganzen Welt. Zurzeit war China die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Noch. England
     und Frankreich hatte der Drache mit seinem märchenhaften Wachstum vor Jahren schon überholt. Ihre Land gab den Experten Rätsel
     auf. Es gab bis heute kein Privateigentum an Grund und Boden. Dennoch waren gewaltige Summen an ausländischen Investitionen
     in das Reich der Mitte geflossen. Japaner, Amerikaner, Deutsche, alle wollten dabei sein.
    Die Zentralbank hatte inzwischen so viel Devisenreserven in ihren Tresoren, dass über das Schicksal der wichtigsten Währung
     der Welt längst nicht mehr allein in Amerika entschieden wurde.
    Niemand verstand, wie sie es machten. Die führenden ökonomischen Theorien des Westens beruhten auf der Annahme, dass allein
     die Kräfte des Marktes die Wirtschaft vorantreiben und der Staat lediglich dafür zu sorgen hatte, dass der Wettbewerb funktionierte.
     Aber in seinem Land gab es eine Mischung aus Planwirtschaft und Kapitalismus, die eigentlich gar nicht sein konnte. Aber sie
     war das eigentliche Erfolgsgeheimnis und sorgte dafür, dass zurzeit in China mehr Wohlstand |45| für mehr Menschen geschaffen wurde als jemals irgendwo zuvor.
    Der Vorsitzende lachte. Während ihr im Westen eure Zeit mit sogenannten Reformbemühungen, parlamentarischen Debatten und Talkshows
     verschwendet, machen wir unsere Arbeit. Als marxistisch-leninistische Partei. Wir setzen das Werk des 1997 verstorbenen Deng
     Xiaopings fort.
Es ist egal, ob eine Katze weiß oder schwarz ist, Hauptsache sie fängt Mäuse.
    Und sie gingen behutsamer und geschickter vor als die Führer der Sowjetunion, die das Land mit ihrem
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