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Das Tibetprojekt

Titel: Das Tibetprojekt
Autoren: Tom Kahn
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Schicksals. Die Uhr ist wie geschaffen für unsere
     Zwecke.«
    »Sie sagen es. Und das werden wir nutzen.«
    Tang Wu war ein erfahrener Mann und konnte politische |40| Szenarien gedanklich schnell durchspielen. Er erkannte eine eventuelle Unsicherheit in dem Plan und formulierte sie vorsichtig,
     ohne seinen Vorgesetzen zu widersprechen. »Was ist, wenn die Deutschen dennoch nicht anbeißen oder nicht wie geplant reagieren.
     Es ist ein guter Köder, aber die Wirkung muss nicht eintreten.«
    Der Präsident antwortete umgehend: »Sie werden darauf reinfallen!«
    Für Tangs Geschmack kam die Antwort zu schnell und zu sicher. Und so stellte er noch eine Frage: »Werden die Deutschen denn
     auf diesem Weg an das von uns gewünschte Ziel gelangen?«
    »Sie werden!«
    Das war aber keineswegs offensichtlich, fand Tang Wu.
In dieser Sache gab es ein großes Geheimnis,
aber Tang wusste, dass es für ihn besser war, jetzt keine weiteren Fragen zu stellen.
    »Es ist ein großer Tag für China!«, sagte der Vorsitzende und es klang wie ein Befehl, an dem nicht gezweifelt werden durfte.
     »Gehen Sie einfach davon aus, dass es funktionieren wird«, sagte er mit kämpferischer Stimme »verstehen Sie denn, worum es
     hier geht?«
    »Selbstverständlich.«
    Die Stimme des Präsidenten wurde triumphal, und er ballte die Faust. »Ich will die dummen Gesichter in der UNO sehen, wenn
     sie merken, dass Seine Scheinheiligkeit sie jahrelang an der Nase herumgeführt hat.« Er schlug vergnügt mit der Hand auf den
     Tisch. »Diese selbstgerechten Moralapostel werden sich wundern.« Der Vorsitzende wurde schlagartig ernst. »Ich denke, Sie
     haben alles verstanden. Dann wissen Sie auch, was zu tun ist, Kommandant. An die Arbeit!«
    Tang Wu salutierte. »Für China!«
    |41| Der Vorsitzende erwiderte den Gruß. »Für China!« Dann drehte Tang Wu sich auf dem Absatz herum und verließ das Büro des Vorsitzenden
     mit geraden Schritten. Der Innenminister folgte ihm rasch.
    Tang hatte das Büro des Vorsitzenden mit dem unsicheren Gefühl verlassen, in die Räder der Weltpolitik geraten zu sein. Er
     war lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass dieser Auftrag ein Schleudersitz für ihn werden könnte – oder der größte Erfolg
     seiner Karriere. Egal, er hatte keine Wahl und musste nur zusehen, aus dieser Lage unbeschadet rauszukommen. Es blieb jedoch
     eine Frage völlig offen:
Was hatte dieser Professor eigentlich da oben gefunden, dass er dafür sterben musste?
    Tang Wu hatte sehr wohl bemerkt, dass der Vorsitzende diesen Punkt bewusst umgangen hatte.
     
    Der deutsche Botschafter sah immer noch aus dem Fenster auf das verlassene Gelände seiner Residenz. Seine Gedanken kreisten
     nur noch um die Frage nach einem Ausweg aus dieser peinlichen Situation. »Ich frage mich, wer uns dabei helfen könnte, die
     Sache diskret aus der Welt zu schaffen?«
    Wie um sich ein letztes Mal zu vergewissern, bevor er die Lawine jetzt ins Rollen brachte, schaute Tang Wu auf das Foto vom
     Tatort. Er bereitete den nächsten Schritt vor. »Ich empfehle, nicht über offizielle Kanäle zu gehen.«
    »Ich stimme Ihnen da völlig zu«, sagte der Botschafter. »Es ist nicht nötig, Berlin damit zu beunruhigen.«
    Stahlmann nickte. Für einen Augenblick drifteten die Gedanken des
Butlers
in weite Ferne. Wenn dieser Mord das bedeutete, was er befürchten musste, dann war ihnen jemand auf die Schliche gekommen,
     und damit galt die |42| höchste Alarmstufe, die sie je hatten. Blieb nur die Frage, wer dieser Professor war.
    Hatte er allein gearbeitet oder war er von jemand geschickt worden? Und wenn ja, von wem?
    In jedem Fall war alles in Gefahr geraten, wofür sie seit Jahren kämpften. Ihr großes Geheimnis.
    Die Entdeckung musste um jeden Preis verhindert werden! Um jeden. Das Gipfeltreffen in einer Woche war dagegen völlig unerheblich.
     Sollten die Chinesen nur glauben, die Belange der Bundesrepublik Deutschland würden ihn ernsthaft interessieren. Was auch
     immer dieser Tote herausgefunden hatte, es musste wieder verschwinden. Nur das zählte jetzt. Die Sache verlangte allerdings
     ein behutsames Vorgehen. Ein falscher Schritt, und sie flogen auf.
    Während der Botschafter noch zögerte, machte Stahlmann einen konkreten Vorschlag: »Wir müssten einen außenstehenden Experten
     einsetzen. Es muss jemand sein, der völlig unabhängig ist und frei operieren kann. Ohne jede Bindungen an Position, Partei
     oder gesellschaftliche Stellung. Und er muss sich in
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