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Das Teufelskind

Das Teufelskind

Titel: Das Teufelskind
Autoren: Jason Dark
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vor, und ihre Finger wirkten so schmal wie die Klauen eines Geiers.
    »Dann kommt mal herein«, sagte sie mit einer Stimme, die überhaupt keine Schwingungen besaß. Sie klang glatt, lahm, war weder freundlich noch das Gegenteil davon, und ein normal fühlender Mensch konnte von ihr abgestoßen werden.
    Johnny war vor der Tür noch einmal stehengeblieben. Er schaute zu dieser Frau hoch, zu der Lydia immer Tante Martha sagte, und er zögerte, das Haus zu betreten. Irgendwie schien er zu fühlen, daß hier etwa nicht stimmte, eine innere Stimme warnte ihn, und als die Frau sich erkundigte, ob er nicht hineinkommen wollte, da schüttelte er den Kopf.
    »Aber draußen ist es kalt«, sagte sie. »Wir wollten sowieso im Garten spielen.«
    »Jetzt?«
    »Nein, später, Tante Martha.« Diese Antwort kam von Lydia. Sie war bereits ins Haus geschlüpft und im Dunkel der Eingangsdiele verschwunden, so daß Johnny sie nicht einmal sah.
    Die Frau straffte sich noch mehr. »Willst du tatsächlich so lange warten, mein Junge?«
    »Ja, nein, ich…«
    »Komm schon.« Martha wurde ungeduldig. Plötzlich erschien ihr Arm, die Finger waren dabei griffbereit nach unten gedreht, und bevor Johnny sich versah, hatte die Frau seine Schulter gepackt und zog ihn durch den Türspalt ins Haus.
    Johnny wollte sich wehren. Er stemmte sich noch gegen den Griff, aber die Kraft der hageren Frau war einfach zu groß, so daß der Kleine nichts erreichte.
    In der Diele fand er sich wieder.
    Martha schloß die Tür. Johnny hörte, wie sie zuklappte. Er sah aber nicht, daß die Frau blitzschnell abschloß und den Schlüssel in ihrer rechten Kleidertasche verschwinden ließ.
    Dann machte sie Licht.
    An der Decke wurde eine Lampe hell. Eine alte Schalenleuchte, deren Licht zwar einen gelblichen Schein besaß, der allerdings kälter wurde, sobald er auf den rötlichbraun schimmernden Steinfußboden fiel. Nur wenige Möbelstücke standen in der Diele.
    Eine alte Uhr, die nicht mehr tickte, eine Truhe, dazu ein Schrank und eine Bank.
    Lydias Zimmer lag in der ersten Etage. Zu ihr führte eine breite Treppe hoch, die dicht neben den Rippen eines hohen Heizkörpers ihren Anfang nahm.
    Von der Diele zweigten mehrere Zimmer ab. Sie führten zu den im Erdgeschoß liegenden Räumen, die der kleine Johnny noch nie betreten hatte. Er war entweder in Lydias Zimmer geführt worden oder immer in der Diele geblieben.
    Unschlüssig stand der Kleine auf dem Fleck. Er fühlte sich unwohl, und wenn er seinen Kopf hob, sah er den Blick der hageren Frau auf sich gerichtet.
    »Was wollt ihr denn spielen?« fragte sie.
    »Ich weiß es noch nicht.«
    Die Frau lächelte. »Lydia freut sich auf dich. Sie hat eine Überraschung auf ihrem Zimmer.«
    Die Augen des Jungen wurden groß. »Für mich?«
    »Ja, für dich.«
    Jetzt konnte Johnny wieder lächeln. Auch die Neugierde ergriff von ihm Besitz. »Was ist es denn?«
    »Das verrate ich dir nicht«
    Johnny wollte weiterhin fragen. Er hörte jedoch die Wasserspülung. Das rauschende Geräusch drang bis in die Diele. Wenig später klappte oben eine Tür, dann erschien Lydia auf der Treppe und schaute hinab in die Diele.
    Sie winkte. »Kannst du jetzt kommen, Johnny?«
    »Wir wollten doch im Garten spielen!« beschwerte sich der Kleine.
    »Denkst du nicht an die Überraschung?« fragte Martha und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    Es war dem Jungen unangenehm. Er spürte den Druck, wollte ihm entweichen, doch Martha hielt ihn fest, und sie dirigierte ihn auf die Treppe zu.
    Johnny konnte nicht anders. Er setzte seine Füße automatisch voreinander und schritt die Stufen hoch.
    Lydia erwartete ihn. Sie lächelte ihn an. Ihre Augen blieben dabei seltsam starr, und Martha ließ die Kinder gehen. Auf halber Höhe der Treppe wartete sie, um zu sehen, ob sich die Sache auch günstig entwickelte.
    »Hast du wirklich eine Überraschung?« fragte der Junge.
    »Ja. Sogar ein Geschenk für dich. Komm nur mit!« Sie nahm ihn einfach an die Hand, und Johnny schaute seine neue Freundin seltsam zweifelnd von der Seite her an.
    »Du glaubst mir nicht, wie?«
    »Ich weiß nicht so recht«, quetschte Johnny mühsam hervor. Lydia hatte Licht gemacht. Es waren kahle Lampen, deren Schein auf einen Boden fiel, der mit einem grünen Läufer bedeckt war. Jetzt sah er mehr grau aus.
    Vor der dritten Tür auf der linken Seite blieben sie stehen. Die Türen sahen alle gleich aus. Sie besaßen einen hellen Lackanstrich. Im Bereich der Ränder blätterte er
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