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Das Testament des Satans

Das Testament des Satans

Titel: Das Testament des Satans
Autoren: Barbara Goldstein
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ich meine Panik nieder: Kein Licht, keine Luft, keine Möglichkeit zu fliehen.
    Und kein Platz, um mich zu bewegen. Vittorinos Rippen bohren sich schmerzhaft in meinen Rücken, mein Kopf liegt zwischen seinen Füßen.
    Ich halte den Atem an und lausche.
    Das Geräusch der festen Schritte überträgt sich durch den Granit des Sarkophags. Er ist in der Kapelle!
    Was tut er denn?
    »Aleessaandraaaa!«, flüstert er gedehnt.
    Mit zusammengebissenen Zähnen liege ich still und rühre mich nicht. Das Krachen und Knirschen von Vittorinos Knochen würde mich verraten … wie mein Zähneklappern.
    Lebendig begraben!
    Die Vorstellung, dass sich der Granit um mich herum zusammenzieht, um mich zu zerquetschen, ist übermächtig. Nur nicht in Panik ausbrechen! Atme ganz ruhig weiter, Sandra, trotz des fauligen Gestanks.
    »Aleessaandraaaa! Ich weiß, dass du hier bist, du Satansbrut!«
    Vor dem Sarkophag bleibt er stehen.
    Erschöpft liege ich inmitten von Vittorinos Knochen. Ich versuche, mein rasendes Herz zu beruhigen – vergeblich. Meine Augen brennen, als ich in die Finsternis starre. Spinnweben streifen mein Gesicht. Staub knirscht zwischen meinen Zähnen. Meine Beine beginnen vor Anspannung zu zucken. Das Blut rauscht in meinen Ohren und schwillt zum schrillen Pfeifen an, wie bei einem Tinnitus. Keuchend ringe ich nach Atem, und das Gefühl zu ersticken wird immer stärker. Meine zitternden Glieder werden kalt und schwer.
    Hat Vittorino dasselbe empfunden, als er in diesem Sarkophag erwachte? Als er die Innenseite des Granitdeckels mit seinen Fingern bearbeitete? Wie lange hat es gedauert, bis er tot war?
    »Aleessaandraaaa! Du hast das Buch gefunden. Das Geheimnis muss gewahrt bleiben. Du kannst nicht entkommen.«
    Die plötzliche Stille zerrt an meinen Nerven.
    Blinzelnd starre ich in die Finsternis, die mich einhüllt wie ein Leichentuch. Was tut er?
    Ein Knirschen, Stein auf Stein, lässt mich zusammenzucken. Scharf stoße ich meinen Atem aus.
    Draußen herrscht eine Grabesstille.
    Plötzlich kracht ein schwerer Gegenstand auf die Granitplatte über mir. Sie rumpelt einen Fingerbreit zur Seite. Licht fällt durch einen schmalen Spalt und erhellt den Sarkophag.
    Einen Augenblick später folgt der nächste Schlag.
    Buummm!
    Der Sarkophag bebt unter den Hieben, die mit unglaublicher Wucht auf den Granit niedersausen. Staub rieselt auf mich herunter.
    Buummm!
    Wieder ein Schlag, und was für einer! Jeden Moment kann die Granitplatte mit einem explosionsartigen Knall zerbersten und auf mich herunterkrachen!
    »Gott im Himmel, hilf mir …«, flüstere ich panisch.
    Das Hämmern hört nicht mehr auf.
    Buummm … Buummm … Buummm …
    Urplötzlich zerbricht der Granit mit einem Krachen in zwei Hälften. Scharfkantige Steinsplitter regnen auf mich herab. Grelles Licht flutet durch den Spalt zwischen den Platten in den Sarkophag. Geblendet schließe ich die Augen und bedecke sie mit meinen Händen.
    Rumpelnd schiebt er die Granitplatten zur Seite und beugt sich über mich.
    Strampelnd kauere ich mich in einer Ecke zusammen und wimmere leise. Vittorinos zerschmetterte Knochen knirschen unter mir.
    Er hebt beide Hände – in meiner Todesangst denke ich, er will nach mir greifen, mich zerreißen wie Vittorino, mich töten! Doch er greift in die Falten seiner schwarzen Kukulle und schiebt langsam die Kapuze zurück, sodass ich sein Gesicht erkennen kann …
    … sein überirdisch schönes Engelsgesicht, das wie eine tosende Feuersäule in Flammen steht … Feuer wabert über sein Gesicht, und seine Augen glühen …
    Mit einem erstickten Keuchen schrecke ich aus dem Horrortraum. Noch ganz benommen bleibe ich mit geschlossenen Augen liegen, halb in dieser Welt, halb in der anderen.
    Während der letzte Schlag der Glocke der Abteikirche dröhnend verhallt, genieße ich die Geborgenheit des großen Bettes, räkele meinen schweißnassen Körper in den weichen Kissen und lausche auf meinen Herzschlag und meinen Atem.
    Wieder ein Albtraum, wie jede Nacht. Doch dieses Mal ein anderer. Nicht Elijas kleiner Körper sterbend in meinen Armen: »Mami!«, nicht Yared in seinem Blut, der Dolch des Hashishin noch in seiner Brust, nicht das entsetzliche Röcheln, mit dem er sein Leben aushauchte: »… liebe … dich … Leb wohl!« Nicht Schmerz, nicht Zorn, nicht Trauer, nicht der Gedanke an Vergeltung. Keine Blutspritzer von Yared im Gesicht. Keine Tränen. Kein Stöhnen, kein verzweifeltes Schreien der Überlebenden, die erkannt hat, dass
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