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Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Titel: Das Tal Bd. 7 - Die Jagd
Autoren: Krystyna Kuhn
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die Männer bleiben unerbittlich.
    »Das hier ist eine Evakuierung«, sagen sie.
    »Wenn Sie Ärger machen, müssen wir Sie mit Gewalt zum Parkplatz bringen«, sagen sie.
    »Es ist keine Zeit mehr zum Packen. Wir stellen Ihnen in Fields die notwendigen Dinge zur Verfügung«, sagen sie.
    Die Frage nach dem Warum beantworten sie nicht. Machen solche Typen nie. Sie diskutieren einfach nicht. Das alles scheint vertraut. In Katastrophenfilmen sind immer die Soldaten diejenigen, die die Helden ins Verderben schicken, weil sie einfach nur irgendwelche Befehle befolgen.
    Helden?
    Im Moment sind wir alles andere als Helden.
    Die Security nimmt uns in ihre Mitte und führt uns über einen abgesperrten Weg zwischen der Notufermauer und dem Collegebäude zum Parkplatz.
    Langsam geht die Sonne hinter dem Ghost auf und taucht die Türme und Spitzen, die Balkone und Gauben in ein mildes Licht. Wenn die Uferabsperrung nicht gewesen wäre – ich bin sicher, noch nie wäre das Tal schöner gewesen. Die perfekte Kulisse für einen dramatischen Abschied.
    Still gehen wir nebeneinanderher. Unsere Empörung, Katies Entrüstung, der Wutanfall von Chris – alles zwecklos. Die Aufregung der letzten Nacht hat Spuren hinterlassen. Wir sind hungrig, müde, erschöpft. Und resignieren.
    Wir haben keine Chance und jeder versucht auf seine Weise, Frieden mit diesem Ort zu schließen. Das jedenfalls erkenne ich in den Gesichtern der anderen.
    Nur nicht bei Robert. Was er denkt, habe ich noch nie begriffen, aber jetzt ist sein Miene starr, völlig undurchdringlich. Ein Panzer umgibt ihn, der niemanden an ihn heranlässt. Aber schützen kann er ihn nicht.
    Wir passieren die große Glasfront des Foyers. Ich erkenne Polizei und Angestellte des Colleges im Inneren. Studenten sind nicht mehr zu sehen. Und noch jemanden entdecke ich. Es ist Professor Brandon. Er lehnt neben dem Kamin, eine Reisetasche neben sich. Er trägt immer noch dieselben Klamotten von heute Nacht. Ike, die Dogge, liegt nicht zu seinen Füßen wie so oft, sondern steht neben seinem Herrn, und als wir vorbeigehen, sieht er uns aufmerksam entgegen.
    Jetzt hebt Brandon die Hand. Sein Blick ist ernst. Ein letztes Winken. Nicht jeder von uns bemerkt es.
    Ich nicke ihm zu und kann Ikes Winseln bis nach draußen hören.
    Minuten später haben wir den Parkplatz erreicht.
    Nur noch ein Bus steht da. Er wartet mit laufendem Motor zwischen den Vans der Security und einer Reihe von Polizeiwagen. Ein alter klappriger Highschool-Bus aus Fields. Ich frage mich, wie er es über den Pass schaffen will.
    Jetzt, wo wir aufgegeben haben, merke ich erst, dass ich friere. Meine Kleider sind nass wie meine Haare. Die Luft scheint mir kälter als die Tage zuvor. Heute Morgen verhält sich das Wetter, wie es typisch ist für diese Zeit.
    Und ich will nur noch eines. In den warmen Bus einsteigen und schlafen.
    Vielleicht haben die Männer der Security recht, wenn sie behaupten, man würde sich um alles kümmern. Es hat etwas Verlockendes, sich einfach in den Bus zu setzen und den Rest anderen zu überlassen. Vielleicht brauche ich keinen Plan B, weil andere ihn für mich erfinden? Der Gedanke hat etwas Beruhigendes, Tröstliches.
    Wie in Trance steigen wir in den Bus. Debbies Kreischen ertönt von irgendwoher.
    »Wo wart ihr?«
    Sie sitzt ganz vorne und springt auf, als sie uns sieht. In ihrem weiten lila Kleid mit der Riesenschleife auf der Brust sieht sie aus wie eine Pralinenschachtel. Um ihren Platz türmen sich die Kofferberge und mir schießt durch den Kopf, dass ich mir im Notfall von ihr ein paar Fummel leihen kann. Besser als zu erfrieren.
    »Los, los, los.« Der Busfahrer drängt zur Eile.
    Als Chris stehen bleibt, springt er auf und zieht ihn einfach von der Tür weg. Chris reißt sich los, aber weiter wehrt er sich nicht. Er hat erreicht, was er immer wollte: das Tal verlassen. Ein neues Leben anfangen. Mit Julia.
    Verwirrt sehe ich mich um. Es gibt nur noch wenige freie Plätze und die sind über den Bus verteilt. Wir werden getrennt. Jeder ist allein mit seinem Abschied.
    Ich lasse mich auf den Sitz fallen, nehme gar nicht wahr, wer neben mir sitzt. Als ich mich zurücklehne, sticht durch die zerschlissenen Polster eine alte Feder in meinen Rücken. Egal. Ich schließe die Augen, lasse mich einhüllen von der stickigen Wärme und dem leisen Brummen des Motors.
    Kaum merke ich, wie die Türen sich zischend schließen, wie der Bus sich in Bewegung setzt. Alles, was ich will, ist schlafen und in
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