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Das stille Gold der alten Dame

Das stille Gold der alten Dame

Titel: Das stille Gold der alten Dame
Autoren: Leo Malet
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auf die Schnörkel der
Jahrhundertwende, aber es fiel ihm nichts Besseres ein als ein stilloser
Steinklotz.
    Vier Museen beherbergt das Palais de Chaillot heute. Das ungewöhnlichste ist sicher das Musée du Cinéma . Ein charmant-verstaubtes Sammelsurium von
Kostümen, Plakaten und Dekorationen langjähriger Kino-Geschichte. Überhaupt ist
das ganze Viertel reich an zum Teil skurrilen Museen. So gibt es in der Rue de
la Faisanderie das Musée de la Contrefaçon ,
in dem zahlreiche Nachbildungen bekannter Marken-Artikel ausgestellt sind,
gegen die die rechtmäßigen Hersteller oft vergebens vorgegangen sind. Ein
Brillenmuseum findet sich in der Avenue Mozart. In der gleichen Straße also, in
der der Juwelier Rosembaum sein Geschäft hatte. Seine Wohnung in der Avenue Kléber versteckt sich hinter der Fassade eines der für das
beginnende 20 .
Jahrhundert so typischen Pariser Häuserzeilen. Selten habe ich bei meinen
Nachgängen von Burmas Abenteuern durch die Pariser Stadtbezirke so viel von dem
wiedergefunden, was Malet vorgezeichnet hat. Das spricht nicht nur für die
konsequente Detailtreue des Autors, sondern es ist auch ein Beleg dafür, daß
das 16 . weit
weniger als die meisten anderen Arrondissements vom großen Kahlschlag der
sechziger und siebziger Jahre heimgesucht wurde. Wo eine Stadt sich nicht in
Falten legt, da muß auch nichts geliftet werden.
    „In der majestätischen Avenue
Henri-Martin mit ihrer vierfachen Baumreihe war kein Parkplatz zu finden...
Langsam gingen wir zur Hausnummer 101 zurück und bewunderten gebührend die Ruhe
in den imposanten Häusern, die durch Vorgärten von der hochherrschaftlichen
Avenue getrennt sind.“
    Stimmt.
    „Das rege Treiben der Geschäftsstraße
Rue de Passy endete an den Tischbeinen der sonnigen Terrasse des
,La Gauloise ‘“.
    Stimmt fast. Schöner noch: Eines der zwei,
drei nebeneinanderliegenden Cafés mag nicht nur bevorzugter Treffpunkt von
Chauffeuren mehr oder weniger feiner Herrschaften sein, es gibt sogar ein
Bistro, das ,Les Chauffeurs“ heißt. Ich habe dort natürlich weder Célestin
alias Yves noch die dicke Fledermaus Monsieur René angetroffen, aber ein
ausgezeichnetes Osso Bucco verspeist. Der Spaziergang durch das langgestreckte 16. Arrondissement verlangt
Ruhepausen.

    „Das Hotel hätte Boulainvilliers oder Raynouard heißen können. Es stand nämlich genau
an der Ecke dieser beiden Straßen. Aber es hieß Hotel de l’Assomption . “
    Jein . An der Ecke der beiden genannten Straßen
steht gar kein Hotel, aber ein paar Schritte davon entfernt. Kein Haus der
allerersten Güteklasse, aber immerhin sind ihm drei Sterne zugedacht, war für
einen gewissen Komfort spricht.
    Etwas länger suchen muß ich das Haus
von Madame Ailot. Den einzigen Zugang finde ich nicht in der Rue du Ranelagh , sondern in der parallel verlaufenden Rue des
Bauches. Es ist das fast einzig verbliebene Gebäude in der beschriebenen Größe.
Eine hohe Mauer und ein abweisendes Eisentor versperren die Sicht auf den Eingang.
    Und noch ein Tatort: die Passage des Eaux . Nichts weiter als eine Treppe. Die aber führt über
ich-weiß-nicht- wieviel -Stufen steil und bedrohlich in
die Tiefe.
    Ein letzter Abstecher bringt mich nach Auteuil , das weit mehr noch als Passy oder gar Chaillot seinen dörflichen Charakter bewahrt hat. Hier ist
der feine Westen noch ein bißchen feiner als sonst schon. Hinter hohen
schmiedeeisernen Toren stehen die Prachtvillen einer geschlossenen
Gesellschaft. Zufahrt, selbst Zugang sind streng verboten. So zum Beispiel zur
Privatsiedlung der Villa Montmorency. Rund achtzig Landhäuser, eines luxuriöser
als das andere, bilden eine kleine Stadt für sich. Abgetrennt von der
plebejischen Welt da draußen. Wanderer, stehst du am Wachtor ,
wage es nicht, den Fuß auch nur in den Vorhof zu setzen! Mit läppischen
Drohungen, die vor bissigen Hunden warnen, ist es da nicht getan.
    Nicht einmal Nestor hat es hierher
verschlagen. Dabei mag hinter dem Marmor von Montmorency noch manch stilles
Gold manch alter Dame verborgen liegen. Wenn es nicht gar im Wintergarten
vergraben liegt.
     
     
    Peter Stephan, im März 1988

Anmerkungen des Übersetzers :
     
    1.
Kapitel:
    In
dem Fall geh ich bis hunderttausend Francs : Bei
allen Geldbeträgen, von denen im Laufe des Romans die Rede ist, handelt es sich
um Alte Francs.
    Tour Pointue : Polizeidienststelle im Palais de Justice am Quai de l’Horloge.
     
    3 . Kapitel:
    ...so
belebt wie die Morgue :
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