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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel
Autoren: Brad Meltzer
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wissen genau, was sie tun. Manchmal veranstalten sie zweimal in der Woche Wetten oder nur einmal pro Monat, doch jedesmal, wenn sie ein Wettobjekt bestimmen, setzen sie das Spiel auf einem perfekten Schwierigkeitslevel an. Vor zwei Monaten kam der neue Generalstaatsanwalt, um vor dem Senatsausschuß für Streitkräfte auszusagen. Die Wette lautete, ob einer der Senatoren die Frage stellte: »Einen wie großen Anteil Ihres Erfolges schreiben Sie der Unterstützung Ihrer Familie zu?« Eine einfache Frage für jeden Zeugen, aber wenn man in Rechnung stellt, daß der Generalstaatsanwalt einige Tage zuvor nachdrücklich erklärt hatte, öffentlichen Personen sollte es erlaubt sein, ihr Familienleben privat zu halten ... Es war ein richtiges Pferderennen. Während wir auf diese Worte warteten, verfolgten wir diese schmerzlich langweilige Senatsanhörung, als wäre es die letzte Runde von Rocky. Heute verfolge ich gebannt eine Abstimmung, die schon vor beinahe zehn Minuten von einer großen Mehrheit entschieden wurde. Selbst die Baseball-Lobbyisten haben ihre Geräte längst abgeschaltet. Nur ich kann meine Augen nicht vom Bildschirm nehmen. Es geht nicht um meine fünfundsiebzig Dollar Wetteinsatz. Als Harris und ich unser Geld gesetzt haben, waren wir fest davon überzeugt, daß die Gegner nicht einmal in die Nähe von einhundertzehn Stimmen kämen. Wer auch immer auf der anderen Seite steht, glaubte offenbar, sie schaffen es. Jetzt stehen sie bei einhundertsieben. Zweifellos beeindruckend. Um jedoch die letzten drei Stimmen zu bekommen, müßten sie Berge versetzen.
    108, blinkt mein Pager.
    Ein Summer ertönt. Noch eine Minute auf der offiziellen Uhr.
    »Und, wie steht's?« Trish dreht sich zum Fernsehgerät herum.
    »Könnten wir bitte beim Thema bleiben?« bittet Ezra.
    Trish achtet nicht auf ihn. Sie betrachtet den Bildschirm.
    »Einhundertacht«, verkünde ich, als die Zahl erscheint.
    »Ich bin beeindruckt«, gibt sie zu, »Ich hätte nicht erwartet, daß sie überhaupt soviel schaffen würden.«
    Das Grinsen auf meinem Gesicht wird noch breiter. Spielt Trish etwa auch? Harris hat mich vor sechs Monaten eingeladen. Ich werde eines Tages jemand anderen einführen. Man kennt nur die beiden Menschen, mit denen man direkt in Beziehung steht, den über einem selbst und den darunter. Es dient reinen Sicherheitszwecken. Falls die Sache auffliegt, kann man niemanden anzeigen, den man nicht kennt.
    Ich sehe mich um. Meine drei Kollegen schielen unauffällig zum Bildschirm. Georgia ist zu still für eine Spielerin. Ezra und Trish dagegen ...
    Im C-SPAN-TV schreitet der Kongreßabgeordnete Virgil Witt aus Louisiana über die Mattscheibe. Ezras Boß. »Da geht Ihr Herrchen«, spottet Trish.
    »Ist Ihnen diese Sache mit der Bibliothek wirklich Ernst?« schießt Ezra zurück. Er interessiert sich nicht für den Fernsehauftritt seines Bosses. Das kommt hier andauernd vor.
    109, schreit mein Pager.
    Ezras Boß marschiert wieder durchs Bild.
    Unter dem Tisch tippe ich eine letzte Frage ein. Wie stimmt Witt ab?
    Ich sehe Ezra an, als der Pager in meiner Hand vibriert. Harris Antwort.
    Nein.
    Bevor ich antworten kann, summt er ein letztes Mal.
    110.
    Game Over.
    Ich lache. Fünfundsiebzig Mäuse zum Fenster rausgeworfen.
    »Was?« fragt Georgia.
    »Nichts.« Ich werfe meinen Pager auf den Tisch. »Nur eine alberne E-Mail.«
    »Da fällt mir ein ...« Trish zieht ihren eigenen Pager heraus und tippt rasch eine Nachricht ein.
    »Gibt es hier vielleicht jemanden, der noch bei der Sache ist?« beschwert sich Ezra. »Ich habe allmählich genug von diesen verdammten Blackberries. Wir haben ein ernstes Thema am Wickel. Wenn das Weiße Haus leer ausgeht, droht mit Sicherheit ein Veto.«
    »Das wagen sie nicht«, erwidert Trish, ohne aufzusehen, und tippt weiter auf ihrem Pager. »Nicht so kurz vor der Wahl. Wenn sie jetzt ein Veto einlegen, sieht es aus, als stoppten sie den Regierungshaushalt, nur damit ihre Auffahrt asphaltiert wird.«
    Ezra weiß, daß sie recht hat. Er verstummt, was ungewöhnlich für ihn ist. Ich starre ihn an und suche nach einem verräterischen Fingerzeig. Ich finde keinen. Falls er spielt, ist er ein Großmeister.
    »Geht es dir gut?« fragt er mich, als er meinen Blick bemerkt.
    »Sicher«, erwidere ich. »Phantastisch.« Und für die letzten sechs Monate stimmt das auch. Mein Blut pulsiert, das Adrenalin tobt durch meinen Körper, und ich bin in eines der bestgehüteten Geheimnisse in der ganzen Stadt eingeweiht.
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