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Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)
Autoren: Claudia Kern
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Hände und streckte sie dem Grab entgegen, als wolle er um Gnade flehen.
    Ich blieb stehen. Nach einer Weile beugte ich mich zu ihm hinunter und flüsterte: »Ich warte draußen.«
    Der Mönch hob die Augenbrauen, als ich allein an ihm vorbeiging. »Den ganzen langen Weg für diesen kurzen Besuch?«, fragte er.
    Ich hob die Schultern. »Es ist nicht das Grab des Mannes, den ich gesucht habe.«
    Diego wischte sich den Mund mit einem Stück Brot ab, als ich die Kirche verließ, und musterte mich. »Geht es dir gut?«
    »Ja.« Ich wechselte rasch das Thema. »Hugo betet noch, wir müssen auf ihn warten. Was machen wir dann?«
    »Wir werden einen Mann aufsuchen, der uns bestimmt weiterhelfen kann. Ich habe mich erkundigt und …« Er unterbrach sich. »Geht es dir wirklich gut?«
    »Warum fragst du das?«
    Diego warf das Brot einem einbeinigen Bettler zu, der an der Kirchenmauer lehnte. Er fing es und bedankte sich laut. »Weil du nicht aussiehst, als hättest du ein großes Heiligtum gesehen.«
    »Nein, wohl nicht.«
    Ich war erleichtert, als Hugo unsere Unterhaltung unterbrach. Mit verquollenen Augen und tränennassem Gesicht stolperte er aus der Kirche. »Ich habe ihn gespürt«, stieß er hervor. »Ich habe Christus in meinem Herzen gespürt.«
    Ich beneidete Hugo für das, was er erfahren hatte, und wünschte, es wäre mir auch möglich gewesen, doch das war es nicht.
    Diego wies mit einem Kopfnicken in Hugos Richtung. »Ich dachte, du würdest so aussehen.«
    Ohne zu antworten, drehte ich mich um. »Wohin?«
    Unser Ziel war die Zitadelle. Sie lag auf einem Hügel und war von Wehranlagen und Mauern umgeben, die im Gegensatz zu den Stadtmauern gepflegt und kaum beschädigt waren. Arbeiter besserten einige Stellen in der Abendsonne aus.
    »Sein Name ist Al Hakam«, sagte Diego, als wir an ihnen vorbeigingen. »Er ist der Stellvertreter des Kalifen in Jerusalem. Behandelt ihn mit Respekt. Saladin selbst hat großen Wert auf seinen Rat gelegt. Wir sollten ebenso klug sein.«
    Hugo verdrehte die Augen.
    Diego fuhr plötzlich herum und drückte ihn mit einer Hand gegen die Mauer. Die Arbeiter drehten sich zu uns um. »Hör verdammt noch mal auf, dich wie ein kleines Kind aufzuführen. Ein respektloses Wort gegenüber Al Hakam, und er wird dir die Zunge rausreißen lassen. Hast du das verstanden?«
    Hugo wand sich aus Diegos Griff und lief einige Schritte vor, zog sich sein Hemd zurecht. Diego hielt ihn nicht auf.
    »Ist das wirklich wahr?«, fragte ich leise.
    »Vielleicht. Ich habe noch nie erlebt, dass jemand Al Hakam nicht mit Respekt behandelt, deshalb ist das schwer zu sagen.« Er grinste. »Aber schaden wird es Hugo nicht, wenn er es glaubt.«
    Wachen ließen uns ein, als Diego seinen Namen nannte. Die Zitadelle war größer, als es den Anschein gehabt hatte. Es gab zahlreiche Gebäude, kleine Moscheen, Kirchen und Stallungen. Soldaten standen auf den Mauern, den Blick in die Ferne gerichtet.
    Wir gingen auf das größte Gebäude zu. Die Fassade war rau und schlicht und ließ nicht erkennen, was sich dahinter verbarg. Ein breites Tor führte hinein. Noch einmal hielten uns Wachen an, dann durften wir weiter.
    Sklaven erwarteten uns hinter dem Tor. Sie wuschen uns Hände, Füße und Gesicht. Hugo ließ es geschehen, obwohl er aussah, als würde ihn das Wasser mit Nadeln stechen. Diegos Worte hatten wohl gewirkt.
    Die Sklaven führten uns zu einer Tür, öffneten sie und verneigten sich. Diego trat als Erster ein, ich folgte ihm.
    Ein großer Saal lag jenseits der Tür. An den Wänden und auf flachen Tischen brannten Öllampen. Weißer Marmor bedeckte den Boden. Die Wände waren mit Mosaiken verziert, deren goldene Ränder im Licht glänzten.
    Ich blinzelte, so unerwartet war der Anblick nach der nackten Fassade.
    Der Saal mündete in ein Atrium, das von Säulen umgeben war. Darin befand sich ein Springbrunnen, neben dem Kinder spielten. Die Luft roch nach Rosen und Zimt.
    An den Tischen saßen Männer und aßen mit der Hand aus großen Metallpfannen. Einer von ihnen, ein kleiner alter Mann mit weißem Bart, erhob sich. Er trug ein langes weißes Gewand, das von einem Ledergürtel zusammengehalten wurde, und darüber eine bestickte Weste. Im Gürtel steckte ein mit Edelsteinen besetzter goldener Dolch.
    »Diego«, begann er. Den Rest verstand ich nicht.
    Diego antwortete etwas in derselben kehligen Sprache, die ich schon auf den Straßen gehört hatte, und zeigte auf sein Brandmal, dann umarmten sie sich. Der Blick
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